Aufrüstung gegen Flüchtende: Finnland macht Grenze zu Russland dicht
Seite 2: Fluchthelfer sitzen laut örtlichen Medien in der Türkei
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- Fluchthelfer sitzen laut örtlichen Medien in der Türkei
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Hart wiegt der Vorwurf der westlichen Politik, Russland würde absichtlich Migranten zur EU-Ostgrenze schleusen, um die Situation der europäischen Politik zu destabilisieren und Rechtsextreme zu stärken. Die Journalisten von Fontanka haben deswegen von Hunderten von Migranten aus dem Nahen Osten genutzte Chats danach durchsucht, wie sie zur finnischen Ostgrenze gelangen. Sie kooperierten dabei mit der finnischen Zeitung Helsingin Sanomat.
In den Chats ist die Rede von Vermittlern, die gegen Bezahlung bei dem Weg zur EU für um die 3.000 Euro helfen. Das Dienstleistungspaket dieser Vermittler enthält die für ein Visum notwendige Einladung nach Russland, ein Flugticket nach Moskau oder Minsk, die Reise nach Sankt Petersburg und den Transport zur finnischen Grenze.
Nicht alle Migranten leisten sich ein solches Rundum-Servicepaket und greifen etwa beim Grenztransfer auf örtliche Taxifahrer zurück oder tauschen sich in den Chats über günstige Transportmöglichkeiten aus. Auch bei den berühmten Fahrrädern, mit denen die Migranten lange die Grenze überquerten, gibt es Pauschalangebote, die diese beinhalten.
Ebenso gibt es aber auch Meldungen über einen vermehrten Fahrraddiebstahl in der russischen, grenznahen Stadt Kostomukscha. Dort schwankt die Einstellung der Einheimischen zu den Migranten zwischen Mitleid und Furcht.
Die Fontanka-Journalisten fanden solche Vermittler interessanterweise in der Türkei, wo "viele Organisationen, die solche Touren anbieten, ihren Sitz haben". Beweise für eine zentrale Steuerung dieser Serviceleistungen oder eine Beteiligung der russischen Behörden fanden sie bei ihrer Recherche nicht.
Natürlich ist es dennoch nicht auszuschließen, dass Russlands Offizielle die türkischen Schlepper stillschweigend gewähren lassen, vor allem angesichts der Tatsache, dass russische Visa aufgrund der von ihnen beschafften Einladungen problemlos erteilt werden.
Wenn das russische Visum abläuft, wird verhaftet
Viele Flüchtlinge bleiben in der Grenzregion, wenn ihre russischen Visa ablaufen und ihnen der Grenzübertritt nicht gelungen ist. Vom 15. bis 21. November seien in Russisch Karelien nahe der Grenze 150 Ausländer mit abgelaufenen Visa festgenommen worden, berichten lokale Behörden.
Die Recherche in den Migrantenchats blieb nicht folgenlos. Nach ihrer Veröffentlichung, so berichtet Fontanka seinen Lesern, wurden die Chats von Besuchern mit finnischen Namen überschwemmt, die körperliche Drohungen, Nazi-Parolen und rassistische Beleidigungen gegen die Migranten ausstießen und sie aufforderten, Finnland zu meiden. Fontanka vermutet finnische Rechtsextremisten hinter der Aktion.
Im November überquerten laut dem finnischen Grenzschutz bisher über 400 Einwanderer die Grenze und beantragten Asyl, Finnische Medien sprechen von etwa 700.
Noch im Oktober waren es nur 32 gewesen, vor allem ab der Monatsmitte November stiegen die Zahlen sprunghaft an. Als häufigste Herkunftsstaaten nennt die örtliche Presse den Jemen, den Irak, Syrien und Somalia.