Aufruf gegen Scholz‘ 100 Milliarden-Paket: "Demokratiepolitischer Skandal"

Prominente veröffentlichen Appell gegen Aufrüstung der Bundeswehr. Tausende haben schon unterschrieben

"Nein zum Krieg!" fordern inzwischen mehr als 14.000 Menschen in Deutschland. Sie haben den Appell "Demokratie und Sozialstaat bewahren – Keine Hochrüstung ins Grundgesetz!" unterschrieben, der sich gegen die Pläne der Bundesregierung richtet, die Bundeswehr umfassend aufzurüsten.

Als Initiatoren treten der Soziologe Klaus Dörre von der Universität Jena auf, die SPD-Politiker Andrea Ypsilanti und Jan Dieren, die Linken-Politikerin Julia Schramm und Ingar Solty von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Dem Aufruf angeschlossen haben sich inzwischen zahlreiche soziale und umweltpolitische Organisationen angeschlossen.

Unter den Erstunterzeichnern finden sich viele Prominente aus Politik, Kirchen, Gewerkschaften und Wissenschaften. Mit dabei sind die Gewerkschafterin Annelie Buntenbach, der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller, die Schauspielerinnen Katja Riemann und Corinna Harfouch, die Theologin Margot Käßmann sowie der Musiker Bela B. und der Sänger Sebastian Krumbiegel.

Sie sind sich einig darin, dass die Pläne der Bundesregierung einen grundlegenden und folgenreichen Kurswechsel in Außen- und Innenpolitik bedeuten, der nicht nur eine breite gesellschaftliche Debatte erforderlich macht, sondern auch voraussetzen sollte. Die Entscheidung sei aber "quasi über Nacht und im kleinsten Kreis getroffen" worden, heißt es in dem Papier – und das sei ein "demokratiepolitischer Skandal".

Die sicherheitspolitischen Argumente der Bundesregierung überzeugen die Aufrufer nicht. Zwar finde das Hochrüsten zeitgleich zum Krieg in der Ukraine statt, sagte Ingar Solty gegenüber dem Neuen Deutschland. Doch einen kausalen Zusammenhang zwischen Aufrüstung und dem Krieg gebe es nicht.

"Die Waffen sind nicht für die Ukraine bestimmt und sie dienen auch nicht der Abschreckung", sagte er. Außerdem habe sich das Konzept der Abschreckung durch Rüstung als wenig wirksam erwiesen. "Schon jetzt übersteigen die 'Verteidigungsausgaben' aller 30 Nato-Staaten die russischen um fast das Zwanzigfache", heißt es entsprechend in dem Appell.

Solty weist darauf hin, dass die aktuelle Bundesregierung die Absicht zur Aufrüstung schon vor dem russischen Angriff bekundet hat. Auch die Vorgängerregierungen hatten sie in Koalitionsverträgen niedergelegt. Das Ziel der deutschen Verteidigungspolitik war längst festgelegt.

Die Bundesregierung will nicht nur einen Sonderfonds für die Bundeswehr im Umfang von 100 Milliarden Euro auflegen. Sie beabsichtigt auch, die jährlichen Rüstungsausgaben auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Das wären über 70 Milliarden Euro jedes Jahr.

Dieser enorme Betrag bereitet Klaus Dörre Sorgen. "Das Geld, was man für Waffen ausgibt, wird anderswo fehlen", sagte er gegenüber tagesschau.de. Die Initiative befürchtet, dass im sozialen und kulturellen Bereich die Gelder gekürzt werden könnten, um die Aufrüstung zu finanzieren. Das ist auch wahrscheinlich, denn die Bundesregierung will gleichzeitig an der Schuldenbremse festhalten.

Dass der Bundestag die Pläne ablehnen könnte, glauben die Initiatoren nicht. "Wir wissen, dass das durchgehen wird, wir sind ja nicht naiv", sagte Mitinitiatorin Julia Schramm dem Tagesspiegel. Trotzdem wolle man Protest zum Ausdruck bringen und etwas Druck aufbauen. Zwei Jahre habe man um den Pflegebonus in Höhe von 1,5 Milliarden Euro kämpfen müssen, sagte sie, und jetzt werde eine solche "Wahnsinnssumme" einfach aus der Hüfte geschüttelt.