Ausgespielt

Die wichtigste deutsche Vertriebsfirma für Independent-Labels meldet Insolvenz an

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Krise der Musik-Branche zieht immer weitere Kreise: Die EFA Medien GmbH, die älteste und größte deutsche Vertriebsfirma für Independent-Labels ist pleite. Betroffen sind nicht nur rund 70 Mitarbeiter, sondern auch weit über 100 Plattenfirmen und unzählige Musiker, die den Vertrieb ihrer Tonträger der EFA anvertraut hatten. Per Rundschreiben wurden sie diese Woche informiert.

Das Ende kam zwar plötzlich, jedoch nicht völlig überraschend. Bereits seit gut einem Jahr wurden größere Außenstände nicht mehr bezahlt, immer wieder wurden die angeschlossenen Labels vertröstet. In einem Rundschreiben vom 20. Februar 2004 wurden sie gar explizit gebeten, auf das Einklagen der Außenstände zu verzichten. Man arbeite an einer Lösung. Als Hoffnungsträger galt ein stiller Investor - der jedoch niemals einsprang.

Der Niedergang der 1982 gegründeten EFA (=Energie für Alle), könnte viele der kleinen und großen Partner-Labels in Schwierigkeiten stürzen. Nur wenige waren geistesgegenwärtig genug, rechtzeitig den Vertrieb zu wechseln oder wenigstens ihre bereits produzierten Tonträger im Hamburger Hauptlager der EFA abzuholen. Doch auch sie müssen nun einen neuen Vertriebspartner finden. In Frage kommt nur eine Hand voll Firmen wie etwa Indigo - 1993 aus der EFA hervorgegangen - oder Rough Trade. Deren Kapazitäten sind freilich begrenzt, außerdem nimmt beispielsweise Indigo Kleinst-Label nicht unter Vertrag. Zu unrentabel. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass viele kleine Plattenfirmen - und mit ihnen unzählige Bands - auf der Stecke bleiben.

Freilich können diejenigen, die keinen neuen Vertriebspartner finden, ihre Geschicke selbst in die Hand nehmen. Etwa indem sie ihren eigenen Versandhandel aufmachen und/oder ihre Musik über kostenpflichtige Downloads unters Volk bringen. Abgesehen davon, dass kleine Bands ihren Fankreis auf diese Weise nicht gerade erweitern, bringt der Online-Handel neue Probleme mit sich. Dass der Einzelhandel zusammengebrochen ist, liegt ja nicht zuletzt daran, dass viele Hörer entweder keine Lust oder schlichtweg kein Geld haben, für 'ihre Musik' zu zahlen. Eine Haltung, die begünstigt wird durch die Tatsache, dass fast alles, was das Ohr begehrt, irgendwo im Netz kostenlos zum Download bereitsteht. Doch während die Konsumenten aus dem Vollen schöpfen, gehen die Produzenten - Musiker und Vertrieb eingeschlossen - meist leer aus.

Wie die gesamte Musik-Branche litt auch die EFA unter rückläufigen Verkaufszahlen. Dazu kam eine Reihe hausgemachter Probleme. Zu spät die Zeichen der Zeit erkannt und nicht entsprechend reagiert, könnte die Diagnose einfach gesagt lauten. Erst kürzlich wurde die Berliner Dependance geschlossen und das eigene Label e:motion eingestellt. Geholfen hat es nichts. Grundlegende Reformen wären vonnöten gewesen, Reformen, für die aktuell keiner in der krisengeschüttelten Branche ein Patentrezept hat. Dass es nun ausgerechnet den prototypischen deutschen Indie-Vertrieb getroffen hat, der Anfang der achtziger Jahre, auf dem Höhepunkt der Neuen Deutschen Welle, gegründet wurde mit dem Ziel, deutschsprachigen Bands eine Anlaufstelle jenseits der Majors zu bieten, macht mehr als deutlich, dass eine Ära zu Ende geht.