Außenminister Gabriel in den USA

Seite 2: Europäische Werte als Waffe zur Disziplinierung unbotmäßiger Regierungen

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So werden die so viel strapazierten europäischen Werte als Waffe zur Disziplinierung unbotmäßiger Regierungen genutzt. Dass dann die britische Bevölkerung mit dem Brexit-Votum signalisierte, dass es auch die eigentlich nicht vorgesehene Exitstrategie aus der EU gibt, ist die Nervosität in der "Deutsch-EU" noch gewachsen.

Dabei gibt es durchaus Ökonomen, die auch im Brexit eine Entscheidung sehen, die der deutschen Wirtschaft nutzt. Doch das Signal der Brexit-Abstimmung - "Es gibt auch ein Leben ohne die EU" - besorgt die Sachverwalter der deutscheuropäischen Interessen, so dass die Denunziation des Brexit überwiegt.

Daran beteiligen sich auch schlaue Köpfe wie der linkssozialdemokratische Wissenschaftler Michael Krätke, der in der Wochenzeitung Freitag sogar bedauerte, dass der EU-Austritt nicht vom britischen Parlament gestoppt wurde.

Demokratie hat also nur dann Sinn, wenn sie dafür sorgt, dass die Abstimmungen so ausgehen, wie die deutsche EU sich das wünscht. Das ist nun mal gründlich schiefgegangen. Wenn Gabriel jetzt die Botschaft aus Washington mitbrachte, dort sehe man im Brexit nicht das Anfang vom Ende der EU, dann kann man gerade das Gegenteil annehmen. Gerade weil man das so betonen muss.

Der Brexit muss nicht zwangsläufig das Ende der EU einleiten, aber er hat das Potential dazu. Gabriel hat keine starke EU hinter sich, mit der er in den USA punkten konnte. Vielmehr gibt es viele in der EU, die die Kritik an Deutschland gerade auch in Bezug auf die Ökonomie durchaus teilen. Das Gerede über die gemeinsamen europäischen Werte ist nicht der Kitt, der die EU stabilisieren kann.

Dass dann in manchen Medien ausgebreitet wurde, dass sich Gabriel auf eigenen Wunsch eine in den USA verwendete deutsche Bibel von 1743 zeigen ließ, um klar zu machen, wie groß der deutsche Einfluss einmal war, fällt das in den Bereich Unterhaltung statt Politik.