Australien verabschiedet Gesetze gegen "ausländische Einmischung und Beeinflussung"
Auch wenn hier eher China als Russland als Bedrohung empfunden wird, scheint im Westen die Paranoia des Kalten Kriegs wiederzukehren
Am vergangenen Donnerstag hat das australische Parlament in der letzten Sitzung vor der Winterpause noch schnell zwei Gesetze zur nationalen Sicherheit verabschiedet, die die Strafen für drastisch erweiterte Spionage und ausländische Einmischung erhöhten. Eingeführt wurden sie unter anderem mit der Begründung, dass ausländische Agenten zunehmend stärker versuchen würden, die demokratischen Wahlen zu beeinflussen. Und weil am 28. Juli einige Zwischenwahlen stattfinden, sollte die Gesetze noch schnell durchgepeitscht werden.
Die Gesetze über "Spionage, ausländische Einmischung und ausländische Beeinflussung" erweitern die Straftatbestände der Spionage, des Geheimnisverrats, des Hochverrats, der Sabotage etc., führen die neue Straftaten Wirtschaftsspionage und ausländische Einmischung ein und erfordern die Erstellung eines Registers für ausländische Agenten, genannt Foreign Influence Transparency Scheme, wie dies etwa auch die USA oder Russland machen. Das soll mehr Transparenz schaffen. Hier soll nicht nur direkte politische Lobbyarbeit durch ausländische Personen, Firmen, Organisationen oder Regierungen erfasst werden, sondern "allgemeines politisches Lobbying" oder "Kommunikationsaktivitäten" zum Zwecke der politischen Beeinflussung.
Die Regierung hatte, nachdem viele andere westlichen Regierungen auf den Zug aufgesprungen waren und vor ausländischen, meist russischen Beeinflussungsoperationen warnten und sie bekämpfen wollten, eine "Lücke" in der Gesetzgebung entdeckt, die schnell geschlossen werden müsse. Hingewiesen wurde auf die amerikanische und französische Präsidentschaftswahl und die Brexit-Abstimmung. Für ausländische Einmischung gebe es noch keine Straftatbestände, obgleich die "ausländischen Feinde Australien sich nicht nur auf Spionage stützen, um ihre Ziele zu verfolgen". Geheimdienste würden "zunehmend verdeckte Einmischung und Beeinflussung in bislang unbekanntem Ausmaß praktizieren". Das richte sich gegen die australischen Interessen angefangen von den politischen Systemen über die wirtschaftlichen Interessen bis hin zu Ausländergemeinschaften, "die Australien zu ihrer Heimat gemacht haben".
Jetzt also gibt es 35 neue Verbrechen und hohe Strafen. Beispielsweise wird "ausländische Einmischung", sofern sie fahrlässig geschieht, mit 15 Jahren Gefängnis bestraft, wenn absichtlich mit 20 Jahren. Wer fahrlässig (reckless) Geld von einem ausländischen Geheimdienst erhält, muss mit 10 Jahren Gefängnissen rechnen. Wenn Einmischungen verdeckt, mit Täuschungsabsicht oder mit Drohungen oder wenn sie den Zwecken eines ausländischen Geheimdienstes dienen, der nationalen Sicherheit schaden, einen politischen oder Regierungsprozess oder die Ausübung eines demokratischen oder politischen Rechts beeinflussen, sind sie strafbar.
Als Beispiel für eine fahrlässige Einmischung, das weit herbeigeholt zu seins cheint, wird ausgeführt, dass eine Person verdeckt für eine ausländische Regierung handelt, um Proteste in Australien im Hinblick auf eine humanitäre Krise in einem anderen Land zu verhindern. Die Person versendet SMS an Organisatoren der Proteste, in denen ihnen schwere Folgen angedroht werden, wenn sie ihre Aktivitäten fortsetzen. Ähnlich wird auf Sozialen Medien gedroht.
Revival von McCarthy
Der australische Generalstaatsanwalt Christian Porter hat sich besonders für die neue Gesetzgebung eingesetzt und die Gefahren beschworen: "Wir haben wieder von unseren höchsten Führern der nationalen Sicherheit gehört, dass wir in einer Zeit von noch nie dagewesener Aktivität ausländischer Geheimdienste gegen Australien mit mehr ausländischen Agenten von mehr ausländischen Mächten, die mehr Mittel für Spionage und ausländische Einmischung einsetzen, als dies jemals im Kalten Krieg der Fall gewesen ist." Da kommen tatsächlich die Zeiten des Kalten Kriegs wieder, man muss nur darauf warten, bis wieder eine Paranoia im Stil von McCarthy verbreitet und praktiziert wird.
Porter bezieht sich auf Äußerungen des Geheimdienstchefs, der vor zunehmenden Versuchen ausländischer Regierungen und Geheimdiensten gewarnt habe, die öffentliche Meinung oder das Ergebnis von Wahlen zu beeinflussen. Das "Vertrauen in die Demokratie" würde untergraben werden, selbstverständlich völlig unabhängig von dem, was im Land geschieht. Das Böse kann nur von außen kommen: "Man schwächt eine Demokratie, indem man ein Gefühl der Spaltung oder der Dysfunktionalität schafft. Das kann man sehr leicht machen, wenn man Meinungen verbreitet und versucht, Meinungen zu beeinflussen, und allgemeines Chaos im Kontext von Wahlen zu verursachen."
Die zunächst ganz weit gefassten Gesetzestexte wurden nach Kritik überarbeitet, um Journalisten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen oder Whistleblower zu schützen, was aber in Frage steht. So sollen Stiftungen, die Geld aus dem Ausland erhalten, aber nicht für Regierungen arbeiten, ausgenommen sein. Medien sollen geschützt sein, wenn sie Informationen über die nationale Sicherheit veröffentlichen. Die katholische Kirche muss sich nicht als Agent des Vatikans registrieren. Weiterhin ist allerdings schon die Vorbereitung oder Planung einer Einmischung strafbar. Selbst wenn man fahrlässig einen ausländischen Geheimdienst oder Agenten materiell oder mit Ressourcen unterstützt, kann man mit 15 Jahren Gefängnis bestraft werden. Der Diebstahl eines Handelsgeheimnisses kann ebenfalls mit 15 Jahren Gefängnis bestraft werden.
China ist nicht amused
Angeblich richtet sich die Gesetzgebung aber nicht gegen Russland, wie man vermuten könnte, sondern gegen China, den größten Handelspartner Australiens. In Verdacht stehen nicht nur chinesische Geheimdienste, sondern etwa auch der Staatskonzern Huawei, der australische Politiker wiederholt Reisen finanziert hat. Der Konzern bewirbt sich für das 5G-Netz, wird aber der Spionage verdächtigt. In China wird Kritik angemeldet.
Australien ist Bestrebungen in den USA vorangeschritten. Auch dort wird neben Russland verstärkt China nicht nur wegen der Handelsüberschüsse als Hauptgegner betrachtet. In China wird Australien aufgefordert, die chinesische Diaspora in Australien nicht unter generellen Verdacht zu stellen. Die Gesetze werden als negatives Beispiel für die Politik gegenüber China von westlichen Ländern bezeichnet.
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