Automobile Revolutionen und ihre Nebenwirkungen
Seite 2: Die Mythen des automobilen Individualverkehrs lösen sich auf
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Deswegen wird auf kurze Sicht außer Kosmetik nichts passieren. Und dennoch. Es ist eine Entwicklung im Gang, die auch schon im Jahr 2011 längst absehbar war und zu der die neueren Skandale wie Begleitmusik passen. Diese Entwicklung besteht im wesentlichen darin, dass sich die Mythen des automobilen Individualverkehrs in nichts auflösen oder geradezu in ihr Gegenteil verkehren.
Der Freiheitsmythos, der immer die wichtigsten Motive zum Gebrauch eines Autos anbot, erledigt sich mehr und mehr im alltäglichen Staugeschehen. Man muss ja schon den ÖPNV, die Bahn und andere öffentliche Mobilitätsangebote so desorganisieren wie in Deutschland, um im Vergleich den Besitz und Betrieb eines Autos noch irgendwie erstrebenswert erscheinen zu lassen. Bei all den Kosten, Fahrverboten, Steuern, Mautgebühren, Stell- und Parkplatzsorgen bleibt von der automobilen Freiheit wenig mehr üblich, als dass es bei den "Öffis" noch schlimmer ist - eine reine Negativmotivation.
Die "Öffis" allerdings ganz vor die Hunde gehen zu lassen wagen selbst die entschiedensten Autofanatiker nicht: Der Verkehrsinfarkt wäre garantiert. Der Mythos vom Auto als Jobmotor bröckelt auch. Die Vehemenz, mit der manche noch die Jobverluste in hoch automatisierbaren Industriezweigen als Schwarzmalerei abtun, ist mehr und mehr als das Pfeifen im Walde erkennbar.
Das Auto hat seine Zukunft hinter sich, weil sie in Robotern besteht, die elektrifizierte, selbstfahrende Roboter bauen. Die werden ihre Fahrgäste mithilfe hochentwickelter Sensorik und künstlicher Intelligenz von A nach B bringen, im Zusammenspiel mit einem Teil des Internets, der gegen Hackerangriffe und andere Manipulationen so gut wie möglich gehärtet sein wird. Ein Tesla gleicht dieser Vorstellung schon viel mehr als zum Beispiel einem Ford Mustang von 1968. Aber alle modernen Autos sind mit ihren Navigationssystemen, ihren Tempomaten und ihren Einparkhilfen auf dem Weg dorthin.
Der Clou an all diesen "revolutionären" Veränderungen ist natürlich, dass sie unter dem Strich nichts nützen werden. Dass die Abwendung vom Verbrennungsmotor und die Hinwendung zu Robotik und Rechenzentrum "der Umwelt" gut tut, ist unter kapitalistischen Vorzeichen ausgeschlossen. Man schaue sich nur die Umweltbilanz von Lithium-Ionen-Akkus an.
Unfalltote wird es immer noch geben, und nicht zu knapp. Bei einer weiteren Verdichtung des Verkehrs, die von den in Frage stehenden Innovationen überhaupt erst ermöglicht werden wird, ist ein nahezu unfallfreier Verkehr ein frommer Wunschtraum. Die freundschaftliche Zusammenarbeit mit korrupten Gewaltregimen wird ebenso weitergehen - die Bolivianer, Argentinier und Chilenen jedenfalls können sich schon einmal auf was gefasst machen. Wieder einmal.
Anders gesagt: Die große Transformation in der individuellen Mobilität, vor der wir jetzt stehen, wird uns grosso modo dasselbe in Grün bringen. Aber für ein paar Jahrzehnte wird das Fahren in "autonomen", vernetzten Kisten mit Elektroantrieb als der Naturzustand der Mobilität selbst erscheinen. Und dann kommt sicher die nächste "Revolution". Garantiert.