BILD-WM-Flachrechnung

Vorhersagen der BILD-Zeitung für die ersten 16 Spiele der WM lagen in 15 Fällen falsch

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BILD hatte sich vor dem WM-Start mit einer Hochrechnung für die ersten Spiele der Vorrunde weit aus dem Fenster gelehnt. Die Sache ging schief. Bei 16 „prognostizierten“ Ergebnissen lagen die „Experten“ 15 Mal daneben. Selbst bei der Vorhersage von Ergebnistendenzen (Sieg, Unentschieden oder Niederlage) gelangen nur sechs Treffer. Nach dem „Flachrechnungs-Debakel“ ist der BILD-Sportredaktion die Lust auf weitere „Hochrechnungen“ offenbar gründlich vergangenen.

Zu einem bedeutenden Sportereignis wie der Fußball-Weltmeisterschaft gehören Vorhersagen auf Ergebnisse in unterschiedlichster Form einfach dazu. In Betrieben, Haus- und Wohngemeinschaften, Kegelclubs oder Seniorenvereinen werden Tipps abgegeben und ausgewertet. Manchmal mit - vielfach ohne Geldeinsätze. Die professionelle Wettbranche scheint während der WM zu boomen, zumindest gemessen an den Werbeauftritten von „Bet and Win“ und anderen. Klar ist, wer bei solchen Tipp- oder Zockerspielen gewinnen will, braucht nicht nur Fußballverstand, sondern auch eine Menge Glück.

Auf Glück allein wollte sich die BILD-Sportredaktion vor Beginn dieser WM nicht verlassen. „Hier lesen Sie die ersten Ergebnisse der Fußball-WM“ hatte das Boulevardblatt am 6. Juni, drei Tage vor dem Eröffnungsspiel, großspurig verkündet und die eigene „Hochrechnung“ für den ersten Spieltag der Vorrunde veröffentlicht. Und damit’s auch vermeintlich kompetent wirkte, folgte noch der Hinweis: „Wie bei Bundestags- oder anderen wichtigen Wahlen natürlich mit einer Ergebnis-Prognose.“

Tatsächlich hat BILD mit der eigenen WM-Hochrechnung den zuletzt wegen abweichender Wahlprognosen wiederholt gescholtenen Demoskopen Absolution für alle Zeiten erteilt. Während Infratest und Co. schon wegen Abweichungen von wenigen Prozenten an den Pranger gestellt werden, gelang den selbsternannten Experten des Boulevardblatts gerade mal ein Treffer - bei 16 „prognostizierten“ Spielen: Südkorea gewann tatsächlich gegen Togo 2:1. Auch bei den „hochgerechneten“ Fehlstarts von Argentinien, Holland und Italien lag BILD daneben. Die drei Mitfavoriten gewannen allesamt ihre ersten Spiele. Dagegen hatten „Informanten“ den Sportredakteuren zuvor drei Unentschieden gegen die Außenseiter Elfenbeinküste, Serbien-Montenegro und Ghana souffliert.

Wahrscheinlichkeitsrechnung

Selbst für die prognostizierten Tendenzen der Spielausgänge hätten sich die „BILD-WM-Reporter“ nicht unbedingt in die „wichtigen Trainingslager“ begeben müssen. Ob die angesetzten Begegnungen mit Siegen, Unentschieden oder Niederlagen enden, hätte eine simple Wahrscheinlichkeitsrechnung - ohne zuvor „eingefangene Atmosphäre“ oder die Anhörung von „Informanten“ - mindestens mit gleicher Güte erbracht: Bei den 16 Spielen gelangen BILD gerade mal 6 Treffer.

Nach dem Prognose-Debakel der ersten 16 WM-Vorrundenspiele scheint bei BILD die Lust auf weitere Hochrechnungen gründlich vergangenen zu sein. Vor dem Spiel der deutschen Mannschaft gegen Polen, wagten die „Experten“ aus der Sportredaktion nicht einmal, unverbindliche Tipps abzugeben. Das überließen sie lieber ihren Lesern, die für 49 Cent pro Anruf auf der „Ergebnis-Hotline“ vermutlich näher am tatsächlichen 1:0 lagen, als eine weitere „WM-Flachrechnung“ jemals ergeben hätte.

BILD-WM-Hochrechnung im Vergleich

Hinweise zur Bewertung

Die Regeln für die Bewertung der „Hochrechnungen“ der Experten aus der Bild-Sportredaktion wurden aus dem Fußball-Tippspiel von radioeins (RBB) übernommen. Nach diesem System wird auch in privaten Tippgemeinschaften in Betrieben, Vereinen, Haus- und Wohngemeinschaften regelmäßig gespielt.

Wenn Bild in der „1.WM-Hochrechnung“ das richtige Ergebnis genau „prognostiziert“ hatte, gibt’s 3 Punkte. Beim richtigen Tor-Abstand (Beispiel: Bild-Prognose 3:2, Ergebnis 1:0, nicht bei Unentschieden) werden 2 Punkte angerechnet. Stimmt zumindest die Tendenz (Sieg, Unentschieden, Niederlage) erhält Bild 1 Punkt.

Note 6 (ungenügend)

Nach 16 Spielen: 6 x richtige Tendenz, 3 x richtiger Torabstand, 1 x richtiges Ergebnis; 10 von 48 Punkten; Quote 21%

Notenvergabe: Quote 100% - 95% = 1 (sehr gut); 94% - 80% = 2 (gut); 79% - 65% = 3 (befriedigend); 64% - 50% = 4 (ausreichend); 49% - 30% = 5 (mangelhaft); unter 30% = 6 (ungenügend).