BKA und Bundespolizei starten Forschungsprojekt zur Abwehr unbemannter Flugobjekte
Mit "Netzwerfern" und Strahlenwaffen wollen deutsche Polizeibehörden heranfliegende kleine Drohnen stoppen. Die führerlosen Geräte könnten jedoch Demonstranten auf den Kopf fallen
In dem deutsch-österreichischen Kooperationsprojekt "Abwehr von unbemannten Flugobjekten für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben" (AMBOS) entwickeln Polizeibehörden und Rüstungsfirmen Maßnahmen gegen heranfliegende kleine Drohnen. Das Vorhaben beginnt diesen Monat und hat eine zweijährige Laufzeit. Bis dahin soll ein kostengünstiges System entwickelt werden, das unter anderem bei Großveranstaltungen eingesetzt werden kann.
Die Forschungen werden im Programm "Zivile Sicherheit - Aspekte und Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung" vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 2,9 Millionen Euro gefördert. AMBOS steht unter Leitung des Fraunhofer Instituts für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie. Seitens der Polizei sind das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei, das bayrische Landeskriminalamt, das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen, die Polizei Baden-Württemberg als Partner assoziiert. Auch die Deutsche Hochschule der Polizei in Münster ist an Bord.
Konkurrenz zu System von Airbus
Angestrebt wird eine Plattform, die Drohnen zunächst erkennt, ihren Typ bestimmt, das "Bedrohungspotenzial" analysiert und dann "geeignete Interventionsmöglichkeiten" vorschlägt. Ein ähnliches System hat die Firma DeDrone entwickelt, die neben der radargestützten Erkennung eine Datenbank mit Umrissen und elektroakustischen Signaturen von Kleindrohnen betreibt.
Mittlerweile bietet das ehemals nordhessische Start-Up mit dem Rüstungskonzern Airbus ein gemeinsames "Drohnenabwehrsystem" an. Kameras, Radare, Mikrofone und Funkpeilgeräte können Drohnen laut den beiden Herstellern auf bis zu 10 Kilometer weit orten. Anschließend kommt ein Störsender zum Einsatz, der die Verbindung zwischen Fernsteuerung und Fluggerät unterbricht. Im Falle einer solchen Störung lösen marktübliche Drohnen den Selbstlandevorgang aus.
Auch in AMBOS sollen möglichst viele Sensoren zur "Detektion" und "Intervention" eingesetzt werden. Hierzu wurde die deutsche Firma Elettronica GmbH ins Boot geholt, die unter dem Motto "Entdecken, identifizieren und stören" zu den Hauslieferanten des Bundesinnenministeriums gehört. Beim Stören soll es jedoch nicht bleiben, denn in AMBOS wird außerdem ein "Netzwerfer" zum Abfangen als gefährlich identifizierter Drohnen entwickelt.
Zudem ist der Rüstungskonzern Diehl BGT Defence an Bord, der im vergangenen Sommer ein Abwehrsystem auf Basis elektromagnetischer Impulse vorgestellt hatte. Ein Elektronenstrahl wirkt dabei direkt auf die Steuerelektronik der Drohnen. Die Technik hat Diehl unter anderem in einem EU-Forschungsprojekt zum Stoppen von Fahrzeugen entwickelt.
Der Konzern wirbt damit, auch "ganze Schwärme von Mini-Drohnen" gleichzeitig abzufangen. Dadurch sei das System besonders zum Schutz von Großveranstaltungen wie Olympische Spiele und Gipfeltreffen geeignet. Vor zwei Jahren hatten Diehl Defence und die niederländische ROBIN Radar Systems entsprechende Anlagen beim G7-Gipfel in Elmau aufgestellt. Der Einsatz erfolgte auf Anforderung des BKA, das bei Gipfeltreffen den Personenschutz erledigt. Die erhobenen Informationen wurden über ein elektronisches System zur Führungs- und Lagedarstellung an die Polizeikräfte übermittelt.
Wer haftet, wenn eine von der Polizei gestoppte Drohne herunterfällt?
Schon vor einigen Jahren wurde auf Ebene der bundesweiten Innenministerkonferenz (IMK) eine Bund-Länder-Projektgruppe eingerichtet. Im vergangenen Sommer startete das BKA eine Stelle zur Beobachtung des Marktes für Drohnenabwehrsysteme und Zusammenführung von Erkenntnissen der Länderpolizeien. Im Vorfeld hatte das BKA mit der Landeszentrale für polizeiliche Dienste NRW Möglichkeiten zur "kontrollierten Zwangslandung" begutachtet und erprobt. Dabei holten die beiden Dienststellen Erfahrungsberichte bei niederländischen und britischen Polizeibehörden ein. Mittlerweile leitet das BKA zwei internationale Arbeitsgruppen zur Abwehr kleiner Drohnen. Auch die EU-Polizeiagentur Europol ist daran beteiligt.
Die Abwehr von Drohnen birgt jedoch nicht nur Fragen technischer Natur. Die ebenfalls am Projekt AMBOS beteiligte Hochschule für Wirtschaft & Recht in Berlin soll deshalb die rechtlichen Probleme untersuchen. Dies betrifft etwa die Haftung, wenn eine von der Polizei gestoppte Drohne herunterfällt und Teilnehmer einer Versammlung verletzt. Zu den erwarteten Beeinträchtigungen Dritter gehören zudem gesundheitliche Gefährdungen beim Einsatz elektromagnetischer Wellen. Das Projekt soll deshalb untersuchen, wie eine polizeiliche Befugnisnorm zur Abwehr von Drohnen ausgestaltet werden soll.