Bayernwahl: Grüne gewinnen, CSU und SPD verlieren substantiell
Die erste Hochrechnung der Landtagswahl bestätigt das erwartete Neue: Es wird eine Regierungskoalition geben, die es in 70 Jahren zuvor nie gegeben hat
Die CSU hat mit Ministerpräsident Söder laut der ersten Hochrechnung am Sonntagabend saftig an Stimmen eingebüßt. Hatte sie 2013 noch 47,7 Prozent der Stimmen erhalten, so sind es jetzt nur mehr 35,6 Prozent (Hochrechnung 19 Uhr 15). Auch wenn der Abend noch lang ist und die bayerische Wahl ihre Eigenheiten hat (Erst- wie Zweitstimme zählen für die Partei, der Prozentsatz für Andere bei 8,8 Prozent spielt eine Rolle bei den Mehrheitsverhältnissen der Sitze), die bayerischen Wähler haben der CSU einen dröhnenden und schmerzhaften Schlag verpasst.
Die alten Zeiten sind vorbei. Auch wenn manche meinten, dass sich die Bayern in der Wahlkabine dann doch für Söder und Seehofer entscheiden, weil sie doch für "Sicherheit" stünden. Anscheinend steht die CSU aber auch für vieles, was mehr Wähler als je zuvor nicht mehr mögen. Gerade mal gute 35 Prozent wären eine neue Dimension für die Partei (Update: In späteren Hochrechnungen verbessert sich das Ergebnis und die CSU kommt auf über 37 Prozent).
Möglich wäre bei Stand der Dinge kurz nach 19 Uhr eine Bayern-Koalition der CSU mit den Freien Wählern, die laut der Hochrechnung auf 11,6 Prozent kommen und sich damit um 2,6 Prozent gegenüber der Wahl 2013 verbessern würden (Update: Laut des Koalitionsrechners der ARD um 22 Uhr 45 reichen die Sitze von CSU und Freien Wähler - 83 plus 25 - für eine absolute Mehrheit. Damit sind die Freien Wähler Wahlgewinner, da sie aller Wahrscheinlichkeit nach in der Regierung sein werden).
Der große Stimmengewinn-Sieger sind die Grünen, daran werden wahrscheinlich auch die späteren Hochrechnungen und die endgültige Auszählung nichts Entscheidendes verändern. Kam die Partei 2013 auf 8,6 Prozent, so verspricht ihr die erste Hochrechnung ein mehr als doppelt so gutes Ergebnis mit 18,3 Prozent (Update: In späteren Hochrechnungen bleibt sie unter 18 Prozent). Die Umfragen sagten voraus, dass die Grünen der SPD längst den Rang als stärkste Oppositionspartei abgelaufen hat. Manche Bayern-Kenner stempelten die vorhergesagten starken Stimmen-Zugewinne als Umfrage-Hype ab.
Die SPD ist im freien Fall, wie es der ehemalige, langjährige Bürgermeister von München, Christian Ude formulierte. Sie verlor dramatisch. Hatte sie 2013 noch 20,6 Prozent erzielt, balanciert sie nun an der 10-Prozent-Marke und könnte laut Hochrechnung auch weiter nach unten fallen. Um 19 Uhr 15 steht sie bei 9,7 Prozent. Es wird viel Schadenfreude geben. Dass etablierte Parteien auch völlig in der Bedeutungslosigkeit verschwinden können, zeigt derzeit das Schicksal der sozialdemokratischen Partei PS in Frankreich.
Die FDP, die in einer Koalition mit der CSU und den Freien Wählern der ehemals großen bayerischen Partei möglicherweise Konflikte mit den Grünen in der Regierung ersparen könnte, macht Klimmzüge an der 5-Prozent-Eintrittsvorgabe. Die erwähnte Hochrechnung sieht sie mit 5,1 Prozent genau auf dieser Marke.
Im großen Bild bleibt es dabei: Eine konservative Mehrheit bleibt für Bayern bestimmend.
Die AfD zieht nun zweistellig, mit 10,9 Prozent, laut Hochrechnung zum ersten Mal in das Landtagsgebäude mit dem Blick auf die prächtig-protzige Maximiliansstraße ein und hat damit nicht erreicht, was man sich an Ergebnissen erträumte oder erhoffte. Dennoch stutzen die Wähler die Partei auch nicht auf eine Größe herab, wie sie sich Gegner der Partei erhofften.
Alexander Gauland äußerte für die Enttäuschung, die man nur intern besprechen wird, nach außen auf keinen Fall, eine tröstliche Erklärung: Die Freien Wähler stünden der AFD in zwei zentralen Punkten sehr nahe - in der "Masseneinwanderung" und beim Euro -, so stellt er die FW-Wähler als "Durchreisende" dar, die erstmal dort Halt machen, bevor sie zur AfD weiterziehen.