Bayraktar Akinci: Die türkische Super-Drohne, die Kriegsführung revolutioniert
Drohnenmacht wird neu definiert: Akinci übertrifft bisherige Modelle durch KI-Steuerung und massive Bewaffnung. Was das für künftige Kriege bedeutet, ist beängstigend.
Mehrere mittelgroße Staaten haben sich unerwartet zu Militärmächten entwickelt, in denen die Entwicklung von Drohnen schon früh hohe Priorität hatte. Allen voran ist hier der Iran zu nennen, der mit seinem Arsenal als Drohnen-Supermacht bezeichnet werden muss.
Aber auch sein unmittelbarer Nachbar, die Türkei, hat die militärische Bedeutung von Drohnen früh erkannt und eine heimische Drohnenindustrie aufgebaut.
Spektakuläre Erfolge
Eines der militärisch bemerkenswertesten Unternehmen des Landes ist in diesem Zusammenhang die Firma Bayraktar, deren einmotorige Drohne TB2 vor allem im Bergkarabach-Krieg 2020 aufseiten der aserbaidschanischen Streitkräfte eine entscheidende Rolle spielte.
Auch im Ukraine-Krieg wurden der TB2 in den ersten Monaten spektakuläre Erfolge zugeschrieben. Hier konnte sie jedoch bereits nach wenigen Wochen nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt eingesetzt werden, da die gut ausgebaute russische Luftverteidigung nach einer Rekalibrierung der Sensorik den Zugang zu frontnahen Gebieten verwehrte.
Luftziele wie die TB2, die vom Typ her grob Flugzeugen wie einer Cessna ähneln, waren zunächst nicht als Bedrohung bekannt und für russische Sensoren schwer zu erkennen.
Bayraktar Akıncı: eine HALE-Drohne
Seit 2019 testet Bayraktar eine neue Drohne, die bereits im August 2021 in der Türkei in Dienst gestellt wurde. Die Bayraktar Akıncı, so der Name der neuen Drohne, ist weitgehend unbekannt.
Nun konnte Ende Dezember des vergangenen Jahres mit dem Abschuss einer Überschall-Kurzstreckenrakete vom Typ UAV-122 mit TV-Suchkopf ein weiterer Schritt in der technischen Entwicklung der Akinci erreicht werden.
Die Akinci ist fast zehnmal so groß wie ihre kleine Schwester TB2. Mit einer maximalen Startmasse von rund 6.000 Kilogramm gehört sie zur Klasse der HALE-Drohnen (High Altitude Long Endurance), während die weitaus bekanntere BK2 mit 700 Kilogramm maximaler Startmasse als MALE-Drohne (Medium Altitude Long Endurance) eingestuft wird.
Sie ist 12,2 Meter lang und hat eine Spannweite von 20 Metern. Das südkoreanische Fachportal Global Defense & Aerospace Post gibt an, dass sie eine Flughöhe von über 13 Kilometern erreichen kann, bis zu 361 km/h schnell ist und bis zu 24 Stunden in der Luft bleiben kann.
Der Preis
Ein türkischer Luftfahrtexperte geht nach Informationen der Jerusalem Post von einem Systempreis von rund 50 Millionen Dollar pro Akinci-Drohne aus, während der Middle East Monitor den Stückpreis auf nur rund 15 Millionen Dollar schätzt.
Ein genauer Preis pro Drohne wird nicht genannt. Die Kosten dürften je nach Ausstattung und Vertragsbedingungen stark variieren.
Eine strategische Plattform: Auch für Gleitbomben
Die Größe der Drohne macht sie zu einer strategischen Plattform, die mit ihrer hohen Nutzlast von voraussichtlich ca. 1.500 kg eine Vielzahl leistungsfähiger Waffen einsetzen kann. An acht Außenlaststationen kann sie eine Vielzahl von Luft-Luft- und Luft-Boden-Raketen, Bomben und erstmals für eine Drohne auch Marschflugkörper absetzen.
So kann die Akinci beispielsweise US-amerikanische Freifallbomber der Serie Mark 80 bis hin zur Version Mark 84 tragen, die bei einem Gesamtgewicht von 900 Kilogramm 429 Kilogramm Sprengstoff ins Ziel bringen kann.
Die Mark 84 ist eine der größten Bomben aus US-Produktion. Das Besondere daran ist, dass es mit dem vom türkischen Institut TÜBİTAK-SAGE entwickelten "HGK" bereits seit 2004 einen Gleitrüstsatz für die Bomben der 80er-Serie aus US-Produktion gibt.
Im andauernden Krieg in der Ukraine ist der massive Einsatz von Gleitbomben des Typs FAB ein Schlüsselelement des russischen Erfolgs gegen die ukrainischen Streitkräfte. Die Bomben werden hier jedoch von bemannten Bombern, hauptsächlich von zweisitzigen Jagdbombern des Typs Suchoi Su-34, abgeworfen.
Die zum Nato-Informationsraum gehörende Website Oryx gibt an, dass bisher 36 dieser Jagdbomber im Ukraine-Krieg verloren gingen. Allerdings sind die dort aufgeführten Belege lückenhaft, sodass die genaue Zahl unbekannt ist.
Vergleich mit Jagdbombern
Interessant ist, dass die Kosten der Akinci-Drohne und des Jagdbombers Su-34 durchaus vergleichbar sein könnten. Die ukrainische Webseite Kyiv Independent gibt den Preis einer SU-34 mit 36 Millionen Dollar an.
Bei einem geschätzten Stückpreis von 15 bis 50 Millionen US-Dollar für eine Akinci-Drohne wären die Unterschiede bei den Systemkosten also nicht so groß. Die Fähigkeiten einer SU-34 sind jedoch ungleich größer als die der Akinci-Drohne, allerdings gehen bei jedem Abschuss einer SU-34 mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei schwer zu ersetzende Besatzungsmitglieder verloren.
Es muss aber klar gesagt werden, dass die Produktionskosten nicht bekannt sind und auch wesentlich günstiger sein könnten. Im Internet finden sich auch Vermutungen, dass die neue Drohne nicht mehr als 10 Millionen Dollar kosten soll, was sie extrem günstig machen würde.
Allerdings sind sowohl die Akinci als auch die SU-34 im Vergleich zum amerikanischen Kampfflugzeug F-35, das bis zu über 100 Millionen Dollar pro Stück kostet, relativ günstig.
Dennoch würde jeder Verlust einer Akinci-Drohne im Gefecht einen erheblichen finanziellen Rückschlag für den Nutzerstaat bedeuten.
Bewaffnung mit Marschflugkörpern möglich
Die Akinci kann schwere und weitreichende Waffen wie Marschflugkörper tragen. Diese könnten aus sicherer Entfernung gegen wichtige Ziele wie Kommandoposten, Flugabwehrstellungen oder kritische Infrastruktur eingesetzt werden.
Mit einer maximalen Flughöhe von vermutlich über 13.000 Metern fliegt die Akinci oberhalb der Reichweite vieler taktischer Flugabwehrsysteme. Dank moderner Sensorik könnte die Akinci nicht nur als Angriffsplattform, sondern auch zur elektronischen Aufklärung und als Kommunikationsknotenpunkt dienen.
Zudem ist die Akinci nicht auf Bodenstationen angewiesen, was sie zu einer strategischen Plattform für Angriffe tief im Feindesland macht.
Durch die KI-Unterstützung verfügt sie über einen hohen Grad an Autonomie, der es ihr ermöglicht, ihre Mission in Gebieten mit starker elektronischer Kampfführung fortzusetzen oder zumindest zu ihrem Stützpunkt zurückzukehren.
Exporterfolg
Bisher konnte Bayraktar die neuen Drohnen an mindestens neun Staaten verkaufen. Nach Angaben der türkischen Fachpublikation Turdef könnte der Verkauf der Akinci-Plattform an Saudi-Arabien mit einem geschätzten Vertragswert von über drei Milliarden US-Dollar den größten Einzelexporterfolg der türkischen Rüstungsindustrie darstellen.
Die Bayraktar Akinci unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von älteren HALE-Drohnen (High-Altitude Long-Endurance) und stellt einen bedeutenden Fortschritt in der unbemannten Luftfahrttechnologie dar.
Mit einer maximalen Nutzlast von bis zu 1.500 Kilogramm (je nach Quelle) kann die Akinci eine breite Palette an Bewaffnung tragen, darunter Luft-Boden-Raketen, intelligente Bomben und sogar Marschflugkörper wie die türkische SOM.
Damit ist sie eine der am schwersten bewaffneten HALE-Drohnen der Welt und kann sowohl strategische als auch taktische Ziele angreifen. Im Vergleich dazu bieten ältere HALE-Drohnen wie die amerikanische MQ-1 Predator oder die israelische Heron begrenztere Bewaffnungsoptionen.
Neue militärische Möglichkeiten
Zudem verfügt sie über KI-basierte Systeme, die Entscheidungsprozesse autonom unterstützen - ein Vorteil gegenüber älteren Modellen, die weitgehend auf menschliche Bediener angewiesen sind.
Obwohl Akinci in vielen Bereichen führend ist, verfügen auch andere HALE-Drohnen wie die chinesische CH-5 Rainbow oder die amerikanische MQ-9 Reaper über ähnliche Fähigkeiten. Dennoch übertrifft die Akinci viele ihrer Konkurrenten durch ihre Kombination aus hoher Bewaffnungskapazität, fortgeschrittener Autonomie und möglicherweise auch günstigen Produktionskosten.
Die rasante Weiterentwicklung und Verbreitung fortschrittlicher Drohnentechnologie, wie sie durch die Bayraktar Akinci repräsentiert wird, eröffnet neue militärische Möglichkeiten, die die Hemmschwelle für bewaffnete Konflikte senken und neue Kriegsrisiken schaffen werden.
Geopolitisch gesehen dreht sich die Rüstungsspirale immer schneller – ohne erkennbaren Willen, die Rüstungsausgaben durch multinationale Verträge zu senken, um den Gedanken des Weltfriedens wieder in den Mittelpunkt internationaler Bemühungen zu rücken.