Berlin: Die Schwierigkeiten der SPD mit direkter Demokratie

Foto: Klimaneustart Berlin

Senat legt Volksentscheid über Klimapolitik nicht mit Wahl zusammen und gefährdet damit mutwillig seinen Erfolg. Auch mit einem anderen Referendum gibt es Probleme.

Volksentscheide sind lästig. Das scheinen zumindest die Verantwortlichen in der Berliner SPD zu denken. Zum wiederholten Male lässt ein von ihnen geführter Senat eine Abstimmung nur wenige Wochen nach einer Wahl stattfinden, obwohl dadurch erhebliche zusätzliche Kosten entstehen.

Erst am 12. Februar hatten die Berlinerinnen und Berliner ihre Kommunalparlamente und das Abgeordnetenhaus neu gewählt, und schon am 26. März werden sie wieder an die Urne gerufen.

Weil "eine Vielzahl an (verfassungs-)rechtlichen Eckpfeilern" (…) einzuhalten sei, "musste der Senat zu dem Schluss kommen, dass eine Zusammenlegung des Volksentscheids mit der Wiederholungswahl am 12. Februar 2023 ausgeschlossen ist", so die offizielle Begründung.

Verkündet hat sie die sozialdemokratische Innensenatorin, doch auch von den grünen und linken Koalitionspartnern war Protest bestenfalls in homöopathischen Dosen zu vernehmen.

"Klimaneustart Berlin": Die Ziele

Diesmal wird über eine Änderung am Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz abgestimmt. Die Initiative "Klimaneustart Berlin" möchte unter anderem eine explizite "Klimaschutzverpflichtung" für Behörden und Landesregierung ins Gesetz schreiben. Außerdem sollen als soziale Abfederung die etwaigen Kosten, die Mietern aufgrund des Gesetzes entstehen, vom Land übernommen werden (siehe dazu: Die Hauptstadt bekommt den Volksentscheid).

Schließlich wollen die Initiatoren die bisherigen Klimaschutzziele deutlich ehrgeiziger gestalten und die Berliner Treibhausgasemissionen schon bis 2030 auf fünf Prozent des Niveaus von 1990 reduzieren. Bisher wird 2045 angestrebt. Hier geht es zu einer vollständigen Liste der zur Abstimmung stehenden Gesetzesänderungen.

Hürden höher legen

Der Senat hält diese Ziele für kaum umsetzbar, fürchtet aber offenbar, die Bürgerinnen und Bürger könnten das anders sehen. Jedenfalls hat die Verschiebung der Abstimmung für ihn den Vorteil, dass damit die Hürden höher gelegt werden.

Ein erfolgreicher Volksentscheid muss in Berlin nämlich nicht nur eine einfache Mehrheit im Wahllokal erzielen, sondern es müssen auch mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja stimmen.

Ein Volksentscheid kann also in der Bundeshauptstadt, wie in der Vergangenheit mehrfach vorgekommen, an zu geringer Wahlbeteiligung scheitern. So erging es 2013 zum Beispiel dem Volksentscheid "Neue Energie für Berlin", der zwar eine Zustimmung von 83,2 Prozent bekam, aber mit 24,1 Prozent aller Wahlberechtigten das Quorum knapp verfehlte.

Den Abstimmungstermin hatte der seinerzeitige christdemokratische Innensenator Frank Henkel auf den 3. November gelegt, obwohl sich auch der 22. September 2013 angeboten hätte, an dem der Bundestag gewählt worden war.

Regierender Bürgermeister war zu dieser Zeit noch Klaus Wowereit von der SPD. Beide Parteien hatten für ein Nein zum Volksentscheid geworben, der vor allem eine Übernahme des Stromnetzes und eine Rekommunalisierung der Versorgung durch das Land Berlin vorsah.

Als Reaktion auf die große Zustimmung zu diesen Zielen wurde allerdings ein Stadtwerk beschlossen und vor zwei Jahren dann doch der Kauf des Netzes eingeleitet.

Probleme auch mit erfolgreichen Entscheiden

Auch mit erfolgreichen Volksentscheiden haben die Sozialdemokraten so ihre Probleme. Im September 2021 haben sich 1,036 Millionen Berlinerinnen und Berliner, also eine deutliche Mehrheit von 57,6 Prozent für die Enteignung der großen, profitorientierten privaten Wohnungsbaugesellschaften ausgesprochen.

Doch die Umsetzung lässt weiter auf sich warten. Vor der Wiederholungswahl am 12. Februar hatte die regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wissen lassen, dass sie es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren könne, sich für Enteignung einzusetzen. Jedenfalls nicht, wenn es darum geht, Mieterinnen und Mieter zu schützen. Wenn es um Enteignungen zum Bau von Autobahnen geht, hat man auch an der Spree keine Probleme.

Hier können Briefwahlunterlagen für die bevorstehende Abstimmung beantragt werden