Berlin: Großer Waffenfund mit Verbindung zur Islamistenszene

Von der Polizei veröffentlichtes Foto der Munition.

Salafisten sind auch im Gefängnis gefährlich

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Gestern beschlagnahmte die Berliner Polizei bei insgesamt vier Durchsuchungen in Reinickendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf neben zahlreiche Feuerwaffen auch etwa 20.000 Schuss Munition. Alle Funde werden einem 40-jährigen deutschen Staatsbürger mit Migrationshintergrund zugeordnet, den die Polizei in einer Shisha-Bar in Kreuzberg festnahm. Er wird den Behördenangaben nach dem Umfeld der Islamistenszene zugerechnet und ist einschlägig vorbestraft. Erst im März hatte ihn ein Gericht wegen Waffendelikten zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Nur vier Monate nach diesem Urteil gelangte die Polizei in einem anderen Drogen- und Waffenfall an Informationen, die nahe legten, dass der Verurteilte erneut (beziehungsweise weiterhin) Zugriff auf Kriegs- und andere Waffen hat. Nachdem sich herausstellte, dass er regelmäßig in einer Moschee verkehrte, die wegen der dort verbreiteten Ideologie vom Staatsschutz beobachtet wird, übernahm die Berliner Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen, weil sie befürchtete, dass die Waffen "für Anschläge genutzt werden könnten." Konkrete Erkenntnisse dazu fanden die Ermittler nicht - aber sie beobachteten bei dem Verdächtigen eine "gesteigerte Gewaltbereitschaft", die letztlich dazu führte, die viermonatige Überwachung in einen Zugriff münden zu lassen.

Kubicki fordert mehr Personal

Das bislang gesammelte Material reicht lediglich für eine erneute Waffenrechtsanklage - nicht für eine wegen Terrorismus. Die Zahl solcher Terrorismusverfahren stieg aber auch ohne den jetzt Festgenommenen alleine bei der Bundesanwaltschaft in diesem Jahr um etwa 240 auf nun insgesamt mehr als 900. In über 800 davon geht es um Islamisten. FDP-Vize Wolfgang Kubicki fordert deshalb in den Jamaika-Koalitionsverhandlungen "deutlich mehr Personal sowohl bei den Staatsanwaltschaften als auch bei den Gerichten" sowie eine obligatorische Aufenthaltsbeendigung. Islamisten, bei denen das nicht möglich ist, will er besser überwachen lassen, sofern sie nicht in Haft sitzen.

Barbara Havliza, die Vorsitzende Richterin am Düsseldorfer Oberlandesgericht, warnt allerdings, dass Salafisten auch dort viel Schaden anrichten können, indem sie andere Häftlinge für ihre Ideologie gewinnen. Ein Syrer, der das in den österreichischen Haftanstalten Jakomini und Gerasdorf machte, wurde in Graz gerade zu zwei Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Der 2015 im Alter von angeblich 16 Jahren eingereiste Syrer hatte während der Verbüßung einer vorher ausgesprochenen dreijährigen Haftstrafe versucht, Jugendliche für den IS und die "Vernichtung der Christen" zu begeistern. Das kam auf, weil ihn zwei Mithäftlinge anzeigten, nachdem sie nach ihrer eigenen Entlassung keine unmittelbare Angst mehr vor ihm und seinen Gesinnungsgenossen haben mussten (vgl. dazu auch Sozialpädagogische Menschenrechtsverletzungen).

Giftgaswarnung

Der Syrer stritt die Vorwürfe zwar ab, fand damit aber vor Gericht unter anderem deshalb wenig Glauben, weil er in Aleppo nachweislich als bewaffneter Religionspolizist agierte (weshalb man ihn vorher zu der dreijährigen Haftstrafe verurteilt hatte) und weil seine beiden Brüder in Europa ebenfalls als Islamisten auffielen: Der eine wurde in Österreich wegen Mitgliedschaft in einer zum IS gehörigen Gruppe verurteilt, der andere steht in Deutschland unter Beobachtung. Dass Bekehrungsversuche gerade in Gefängnissen fruchtbar sein können, zeigt das Beispiel des Libanesen Mohammed A., der in Berlin nach einer Verurteilung wegen Raubes dreieinhalb Jahre in Haft saß und nun offiziell als Gefährder gilt. Ein weiteres Beispiel dafür ist der Tunesier Wassim A., der in der JVA Dresden einen tschechischen Häftling mit der Begründung attackierte, er müsse "Ungläubige vernichten".

Bei der dritten großen Anti-Terror-Übung die letzte Woche in der deutschen Bundeshauptstadt durchgeführt wurde, bereiteten sich die 300 beteiligten Polizisten, Feuerwehrleute und Seuchenschützer drei Tage lang auf Angriffe mit Rizingift und Pestbakterien vor. Kurz vorher hatte ein ausländischer Geheimdienst gewarnt, dass IS-Dschihadisten Chlor- und anderes Giftgas nicht nur in Syrien und im Irak, sondern auch in Europa einsetzen könnten - vor allem in Flugzeugen, Zügen oder U-Bahnen, aus denen Menschen nicht sofort flüchten können, wenn sie die Gefahr riechen. Australische Islamisten, die mit Schwefelwasserstoff experimentierten und im Sommer festgenommen wurden, sollen genau das vorgehabt haben.