Beschämendes Chaos mit System: US-Migrationspolitik
Seite 2: Biden-Regierung: Maßnahmen von Trump beibehalten
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Eigentlich ist die Situation an der militarisierten und trotzdem kaum kontrollierbaren Grenze zu Mexiko ein parteiübergreifendes Projekt. Denn die Biden-Regierung hat einige Maßnahmen Trumps, besonders jene, die den Immigrationsprozess erschweren, bis heute beibehalten.
Zwar sind seit August Trumps Migration Protection Protocols offiziell außer Kraft gesetzt. Die Biden Regierung hält aber weiterhin an Artikel 42 fest. Was bedeutet, dass weithin Asylsuchende in menschenunwürdigen Umständen in Lagern auf der mexikanischen Seite der Grenze auf die Klärung ihres Antrags warten müssen.
Diese Orte sind keineswegs sicher. Ganz im Gegenteil, Lager, wie eines in der Nähe der Grenzstadt Reynosa, befinden sich in Gebieten, die von Drogenkartellen kontrolliert werden und immer wieder zum Schauplatz von blutigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen werden.
Die Gefährdung dieser Menschen ist besten Fall mit der Inkompetenz der Demokraten zu erklären, im schlimmsten Fall entspricht sie einer politischen Absicht, die in Kamala Harris Warnung verkörpert ist: "Don’t Come!" Da könnte es für die Demokraten schwer werden, sicher weiterhin als rein "pro-migrantische" Partei zu präsentieren.
Die Republikaner stehen vor einem anderen Problem. Abgesehen von ihnen, ihrer Basis, dem rechten Rand der konservativen Bewegung, haben immer weniger Menschen in den USA etwas an legaler Immigration auszusetzen.
Daher geht es Abbott und DeSantis primär darum, die Grenzen zwischen legaler und illegaler Immigration zu verwischen, um ganz allgemein gegen Migration vorgehen zu können. Da hilft es, für Unruhe zu sorgen.
Denn trotz aller Angst-Propaganda bezüglich illegaler Einwanderung scheinen Republikaner hauptsächlich erfolgreich darin, legale Migration zu erschweren. Dagegen bleiben Maßnahmen gegen illegale Immigration trotz aller Grausamkeit, weitgehend folgenlos. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist Trumps "Migrationspolitik".
So schaffte es die Trump-Regierung, dass im Vergleich zu seinem Vorgänger Obama, die monatliche Ausgabe von Greencards um 18 Prozent und die anderen Visa um 28 Prozent zu senken. Trumps Maßnahmen gegen illegale Immigration hingegen schienen sich vorwiegend auf sein, lächerliches "Wall"-Projekt zu beschränken, das zu kaum mehr als einem Spendenskandal für Steve Bannon geworden ist.
Obama war im direkten Vergleich für mehr Deportationen von Menschen ohne legalen Status verantwortlich.
Wahlen, Migranten und Minderheiten
Vielleicht hat dieses Vorgehen einen Grund: Legale Einwanderer sind für die politische Macht der Republikanischen Partei auch gefährlicher als "Illegale", weil sie wählen können. Denn auch wenn Trump dank seines auf einem konservativen Kulturkampf-basiertem Wahlprogramms 2016 vereinzelt ein paar superkonservative "Latinos" für sich gewinnen konnte, bleibt ein Großteil dieser Stimmen weiterhin außer Reichweite der Republikanischen Partei.
Und auch wenn die Konservativen bekanntlich kein Problem darin sehen, das Wahlrecht von Minderheiten mit Füßen zu treten, ist diese Taktik genauso lange wirksam, als es sich weiterhin um eine Minderheit handelt.
Auch die wirtschaftlichen, teilweise angeblich progressiven Eliten sind eher an Illegalen als an legalen Migranten interessiert. Der Grund: Menschen ohne rechtliche und politische Repräsentation lassen sich bekanntlich leichter ausbeuten. Die US-Wirtschaft profitiert schon lange von der billigen Arbeitskraft, sogenannter "Undocumented Immigrants".
Den Schätzungen zufolge, die sich auf Daten des "Census Bureau" aus dem Jahre 2016 stützen, besaßen, laut der New York Times, etwa 31 Prozent der Arbeiterschaft in Dienstleistungsberufen keine gültige Aufenthaltserlaubnis. In der Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft waren es etwa 24 Prozent.
Im Baugewerbe machten Arbeiter ohne legalen Status etwa 15 Prozent der Arbeiterschaft aus. Dies ist auch die Branche, in der mit 1,35 Millionen die meisten Arbeitnehmer:innen ohne Papiere beschäftigt sind. Im Gaststättengewerbe sind laut Daten des "Bureau of Labor Statistics" über ein Viertel der Arbeitskräfte im Ausland geboren. Ein großer Teil davon ist laut Ökonomen angeblich illegal in den USA.
Kurz gesagt, weder die Arbeitgeber dieser Menschen, noch deren Vertreter in beiden Parteien sind daran interessiert, ihnen per Greencard ein paar Rechte zuzugestehen. Mit dem Unterschied, dass den Demokraten ein wenig legale Immigration aus wahlstrategischen Beweggründen ganz gelegen kommen dürfte, – wenn auch nicht nach Marthas Vineyard.
Für die Republikaner ist das Gegenteil der Fall. Besonders für Ultrarechte wie Greg Abbott und Ron DeSantis dient das Thema Immigration ausschließlich zum Anheizen rassistischer Ressentiments während des Wahlkampfes.
Bleibt nur zu hoffen, dass dieser bald wieder vorbei ist. Für die Menschen an den Grenzen und jene, die es ohne Erlaubnis in die USA geschafft haben, wird der Ausgang der kommenden Wahlen wenig ändern.