Beste Chancen für die MAS des gestürzten Ex-Präsidenten Evo Morales

MAS-Präsidentschaftskandidat Luis ("Lucho") Arce mit Evo Morales. Bild: Gaby Weber

Präsidentschaftswahlen in Bolivien

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Am Montag stellte der bolivianische Ex-Präsident Evo Morales in Buenos Aires, wo er derzeit im Exil lebt, seinen Präsidentschaftskandidaten vor: Luis ("Lucho") Arce. Er war von 2006 bis Ende 2019 Finanz- bzw. Wirtschaftsminister und gilt als Vater des bolivianischen "Wirtschaftswunder". Er soll, zusammen mit dem langjährigen Außenminister von Morales, dem Indigenen David Choquehuanca, der MAS, der Bewegung zum Sozialismus, am 3. Mai zum Wahlsieg verhelfen. Ein kluger Schachzug - denn gegen Morales ermittelt die Justiz wegen Wahlbetrugs und Tausende hatten Ende Oktober gegen ihn protestiert. Am Ende hatte ihm das Militär die Unterstützung versagt. Seine Person polarisiert und hat der Rechten Munition geliefert.

Morales stellte Arce als seinen Mann dar, denn es hatte im Vorfeld um die Kandidaten unterschiedliche Positionen gegeben. Aus den Reihen der Landarbeitergewerkschaft und aus der Arbeitervorstadt El Alto wollte man die Basis und nicht den Ex-Präsidenten im Ausland entscheiden lassen. Doch die Zeit drängte, und die beiden ehemaligen Minister haben auch die Unterstützung der Basis.

Arce war seit Mitte der achtziger Jahre bei der Zentralbank in La Paz tätig. 1997 machte er seinen Master an einer britischen Universität. Er kommt von der Sozialistischen Partei und war von Beginn von Morales Präsidentschaft sein Finanzminister. Er hatte maßgeblich an der Nationalisierung der Rohstoffe und an dem Projekt der Weiterverarbeitung der Rohstoffe mitgearbeitet, etwa beim Lithium. 2006 galt Bolivien als das ärmste Land des Subkontinents. In den 14 Jahren seiner Amtszeit ging die extreme Armut von 38,2 auf 17,1 Prozent zurück, das durchschnittliche Wirtschaftswachstum betrug fast 5 Prozent, zahlreiche Sozialprogramme wurden ins Leben gerufen. Weltbank und der IWF lobten das Modell in höchsten Tönen, und selbst die Ratingagenturen stuften das Land hoch.

Bild: Gaby Weber

Mit der "Machtübernahme der De-facto-Präsidentin" Jeanine Áñez habe sich in wenigen Wochen, so Arce auf der Pressekonferenz, die Situation verschlechtert. Die Ratingagenturen haben das Land heruntergestuft, Bankeinlagen wurden abgezogen, die Wirtschaft wurde wieder dollarisiert. Obwohl Áñez nur Übergangspräsidentin sei, habe sie Fakten geschaffen, die ihr nicht zustehen: diplomatische Beziehungen mit Kuba abgebrochen und Leitungspositionen der staatlichen Unternehmen mit Leuten aus der Wirtschaft besetzt, die sofort einen neoliberalen Kurs eingeschlagen hätten. Die Strompreise sind schon gestiegen, der Umsatz stagniert.

Die Rechte zieht gleich mit mehreren Kandidaten ins Rennen, was ihre Chancen auf einen Wahlsieg verringert. Denn nach bolivianischem Wahlrecht gewinnt die Partei, die mehr als 40 % der Stimmen und 10 Prozent Vorsprung hat. Am kommenden 3. Mai wird sich nicht nur Carlos Mesa zur Wahl stellen, einst Vizepräsident des unbeliebten Gonzalo Sánchez de Lozada. In seiner "Allianz Bürgergemeinschaft" haben sich viele von Morales' autoritärem Führungsstil Enttäuschte zusammengeschlossen, aber eben auch ausgewiesene Wirtschaftsliberale; Mesa wird ein guter Kontakt zur US-Botschaft nachgesagt. Bei den 2019-er Wahlen erhielt er etwas über 36 %.

Ebenfalls hat sich Luis Fernando Camacho aufgestellt, langjähriger Chef des Bürgerkomitees in Santa Cruz, eine Art bolivianischer Bolsonaro. Er zählt auf die Unterstützung der Evangelikalen und militanten Ultra-Rechten. Vielen gilt er als Rassist, aber im beginnenden Wahlkampf wird er nicht müde, seine Liebe zu den Indigenen zu erklären. So hüllte er sich, vor laufenden Kameras, in die Wiphala-Flagge und sein Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten ist Marco Pumari aus Potosí, ein Indigener, der sich wegen der Vergabe der Lithium-Verträge mit der MAS gestritten hat.

Und nun hat auch noch die blonde Übergangspräsidentin ihren Willen verkündet, gewählte Präsidentin zu werden. Ihr werden geringe Chancen eingeräumt; sie verfügt über keinen ausreichenden Parteiapparat und keine Wirtschaftslobby, ihr radikaler Katholizismus wird schon von "Macho Camacho" bestens besetzt. Wahrscheinlich droht sie mit einer eigenen Kandidatur, um ihre Verhandlungsposition beim Postengerangel zu verbessern.

Die MAS hingegen zieht mit ihren beiden Kandidaten Arce und Choquehuanca geeint in den Wahlkampf. Damit hat sie beste Chancen, schon in der erste Runde, ohne Stichwahl, zu gewinnen - auch ohne die Auszählungscomputer abzuschalten.