Biomasse-Zensus: Der Einfluss des Menschen auf die Biosphäre
Wissenschaftler haben erstmals eine "Volkszählung" des irdischen Lebens durchgeführt und gezeigt, wie tiefgreifend Menschen, deren Anteil mit 0,01 Prozent an der Biomasse gering ist, die Biosphäre verändert haben
Erstmals haben Wissenschaftler vom Weizmann Institute of Science und vom California Institute of Technology eine "Volkszählung" aller Lebewesen auf der Erde durchgeführt, allerdings in der Form der Abschätzung der Biomasse der verschiedenen Gattungen. Die Studie ist in PNAS erschienen.
Das bietet neue Vergleiche, die erstaunlich sein können. So stellen die 7,6 Milliarden Menschen, die heute leben, mit einer Biomasse von nur 0,06 Gigatonnen Kohlenstoff (Gt C) nur kleinen Teil der gesamten Biomasse von 550 Gigatonnen Kohlenstoff dar, etwa so viel wie Termiten, aber sie haben das Leben auf der Erde enorm verändert.
Nach dem Biomasse-Zensus, der natürlich nur eine grobe Schätzung mit vielen Unsicherheiten ist, dominieren die Pflanzen alle anderen Lebewesen. 82 Prozent aller Lebewesen sind Pflanzen, ihre Biomasse beträgt 450 Gigatonnen Kohlenstoff, überwiegend leben Pflanzen auf dem Land. 70 Prozent der pflanzlichen Biomasse machen Stämme und Stiele aus.
Weit hinter den Pflanzen rangieren die Bakterien. Mit 70 Gigatonnen beträgt ihr Anteil am gesamten Leben 13 Prozent. Ebenso wie die Archae mit 7 Gigatonnen finden sie sich überwiegend unter der Erdoberfläche. Pilze haben mit 12 Gt C den drittgrößten Anteil an der Biomasse, den kleinsten mit 2 GT C Tiere.
Alle anderen Tiere, die überwiegend im Meer leben, machen gerade einmal 5 Prozent der Biomasse aus. Weil in den Meeren aber relativ wenig Pflanzen leben, stellen die marinen Lebewesen mit 6 Gigatonnen trotzdem lediglich einen Anteil von einem Prozent der gesamten irdischen Biomasse. 70 Prozent der marinen Biomasse sind Mikroben, v.a. Bakterien und Protisten. In der Tiefsee leben davon 15 Prozent, wieder weitgehend Bakterien und Archae.
Interessant ist, dass es nach den Wissenschaftlern in den Meeren mit 5 Gt C mehr "Konsumenten" als "Produzenten" mit 1 Gt C, wonach die marinen Nahrungspyramiden invers gegenüber denen auf dem Land sind, wo es deutlich mehr "Produzenten" als "Konsumenten" gibt. Die Wissenschaftler führen die inverse Nahrungspyramide im Meer auf die höhere Produktivität zurück, die damit zu tun hat, dass der Lebenszyklus der "Produzenten" sehr viel schneller ist als der der "Konsumenten".
Ein Hauptaugenmerk der Studie liegt auf den Auswirkungen der Menschen auf das restliche Leben. Nachdem der Mensch bereits das Klima maßgeblich beeinflusst und man deswegen vom Anthropozän spricht, hat er in kurzer Zeit auch das irdische Leben umgekrempelt und das sechste Massenaussterben eingeleitet, das mit rasanter Geschwindigkeit voranschreitet und vielleicht schon innerhalb weniger Jahrzehnte die Hälfte der Tiere ausgelöscht hat. Nach den Schätzungen der Wissenschaftler hat die Biomasse der Pflanzen seit Beginn der menschlichen Zivilisation um die Hälfte abgenommen.
So ist die Biomasse der Menschen (0,06 Gt C) mittlerweile um das Zehnfache so groß wie das aller wildlebenden Tiere (0,007 Gt C). Allein das gezüchtete Geflügel - vor allem Hühner - hat mit 0,005 Gt C einen mehr als doppelt so großen Anteil als die wildlebenden Vögel (0,002 Gt C). Und die Biomasse aller Nutztiere ist übertrifft mit 0,1 Gt C nicht nur die der Menschen, sondern bei weitem auch die Biomasse aller wildlebenden Tiere. Bei den landwirtschaftlich genutzten Pflanzen ist das noch anders. Sie haben eine Biomasse von 10 Gt C, aber nur einen Anteil von 2 Prozent an der Biomasse aller Pflanzen.
Trotz der gewaltigen Veränderungen des Lebens durch den Menschen ist dessen Biomasse auch im Hinblick auf andere Lebewesen klein. Die Biomasse der Viren oder die von Würmern ist dreimal so groß wie die der Menschen - und die der Pilze gleich 200 Mal.