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Energiebedarf der Rechenzentren steigt, angeblich werden über 90 Prozent der erzeugten Daten nicht genutzt
Das Internet sei "eines der größten Probleme" bei den CO2-Emissionen, sagten Aktivisten von Friday for Future. "Ohne aktive politische Gestaltung wird der digitale Wandel den Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Schädigung von Umwelt und Klima weiter beschleunigen", warnte der "Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen" (WGBU).
Zunächst schien es ja so, dass die Ressourcen besser geschont werden, wenn Bits statt Atomen verschoben werden. E-Commerce und Telearbeit galten als Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu senken. Und da gab es noch den großen Irrtum, dass die digitalen Daten sowieso immateriell seien, also irgendwie nicht von dieser schmutzigen Welt, was in den letzten Jahren mit dem Begriff der Cloud noch weiter suggeriert wurde, hinter dem sich die energiehungrigen und sehr materiellen Serverfarmen verbergen. Sie haben am weltweiten Stromverbrauch bereits einen Anteil von 2 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs, das könnten nach Schätzungen in Zukunft auch 8 bis 10 Prozent und mehr werden.
Paradox dabei ist, dass in den Rechenzentren die Verarbeitung und Speicherung der Daten weniger als die Hälfte des Stroms verbraucht, der Rest geht in Kühlung und der Sicherung der kontinuierlichen Stromversorgung durch Anbindung an verschiedene Leitungen und Generatoren. Wie viele Rechenzentren es weltweit gibt und wie viel Energie sie verbrauchen, ist eine Frage der Schätzung. Vielleicht 200 Milliarden Kilowattstunden (kWh) oder bis zu 500 Milliarden kWh. Es heißt, die Rechenzentren würden bereits so viele CO2-Emissionen ausstoßen, wie die globale Flugbranche.
Digitaler Müll
Klar ist jedenfalls, dass mit steigender Digitalisierung die Rechenzentren mehr werden und sich vergrößern, und dass ihr Energieverbrauch trotz Sparmaßnahmen und effizienterer Technik zunehmen wird. Es werden immer größere Datenmengen übertragen, etwa durch Streaming von hoch aufgelösten Videos, durch Push-Dienste, Cloud-Diensten, Video-Telefonie, Blockchain oder Nutzung der Sozialen Netzwerke (Online-Pornos oder die Verschmutzung der Atmosphäre).
Dazu kommt Künstliche Intelligenz, das Internet of Things, Industrie 4.0 und bald die autonomen Fahrzeuge. Und fast die Hälfte der Menschen sind noch gar nicht online. Die International Data Corp schätzte 2018, dass es weltweit 2018 33 Zettabytes (1 Zettabyte sind 1 Billion Gigabytes) an Daten gab, was sich bis 2025 auf 175 Zettabytes verfünffachen könnte. 2,5 Quintillionen (1 Quintillion sind 1030) würden täglich weltweit an Daten produziert.
Für Deutschland geht das Borderstep-Institut nach einer Analyse von einem "deutlich" steigenden Energiebedarf aus: "Wir konnten berechnen", so Projektleiterin Dr. Alexandra Pehlken, "dass die mehr als 50.000 Rechenzentren in Deutschland im Jahr 2018 14 Mrd. kWh Strom verbrauchten. Das sind 2,7% des Stromverbrauchs in Deutschland und fast 40% mehr als im Jahr 2010." Bis 2030 könnte sich der Energieverbrauch um mehr als 50 Prozent erhöhen. Nicht zu vergessen ist der Energie- und Ressourcenverbrauch durch die Herstellung und den Transport der Geräte und den Bau der Gebäude.
Antonio Neri, CEO von Hewlett Packard Enterprise, sagte auf dem Weltwirtschaftsforum, dass eigentlich nur 6 Prozent der Daten, die produziert werden, auch genutzt werden. Es gibt also eine groteske Überflusswirtschaft, wenn 94 Prozent der produzierten Daten auf dem "Datenmüllplatz" landen. Neri, der erklärte, dass heute bereits 10 Prozent des Energieverbrauchs von den Rechenzentren verbraucht würden, regt an, dass man den digitalen Müll der ungenutzten Daten gewissermaßen recyceln soll, um daraus etwas "Gutes" zu machen.
Google will wie andere Konzerne in Zukunft nur noch erneuerbare Energien einsetzen. So plant Google das weltweit größte Datenzentrum in Henderson, Las Vegas, mit 350 MW von einer Solaranlage und 280 MW an Batteriespeichern zu betreiben. Die Gemini-Solarfarm, die fast 30 Quadratkilometer bedecken soll, will 690 MW produzieren und über einen Speicher von 380 MW mit Lithium-Ionen-Batterien verfügen.
Das zeigt auch, dass erneuerbare Energien nicht nur Land überwuchern, sondern auch zu einem erheblichen Ressourcenverbrauch beitragen, wobei die Materialien dann auch wieder auf dem Müll landen und entsorgt werden müssen. Microsoft hat im Januar für seine Cloud-Kunden einen Nachhaltigkeitsrechner zur Verfügung gestellt, mit dem sich die mit der Nutzung der Cloud-Dienste verursachten CO2-Emissionen berechnen lassen.
Überflüssige Emails
Dabei zeigt sich auch, dass nach der Verarbeitung die Speicherung von Daten am meisten CO2-Emissionen verbraucht. Wenn es stimmt, dass 94 Prozent der produzierten Daten gar nicht genutzt werden, dann wird viel Energie verbraucht, diese Datenfriedhöfe am Leben zu erhalten. Auch wenn Daten nur gespeichert werden, verbraucht dies Energie. Und selbst wenn man Emails oder andere Daten löscht, verschwinden diese nicht wirklich, sondern verbleiben Kopien auf den Servern oft viele Jahre und fressen Strom.
Wie viele CO2-Emissionen eine Email produziert, ist schwierig zu ermitteln. Wir wissen es nicht. Nach Mike Berners-Lee soll eine normale Email etwa 0,3 g an CO2-Emissionen verursachen, was 0,0000003 Tonnen entsprecht. Mit Anhängen könnte dies auch auf 50 g durchschnittlich anwachsen. Die britische Firma OVO Energy sagt, dass alleine die Briten, wenn Sie eine unnötige Mail am Tag weniger versenden würden, könnte dies 16.433 Tonnen CO2-Emissionen jährlich einsparen.
Die Briten würden täglich 64 Millionen solcher unnötigen Mails verschicken. Das entspreche über 81.000 Flügen nach Madrid. Als überflüssig wird hier allerdings höfliches Verhalten bezeichnet, das soziale Bande wahrt.
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