Blick der Reichen aus dem Weltall auf die Menschen da unten
Der Weltraumtourismus wird erst einmal nur für die Reichen möglich sein, aber auch gehörig zur Klimaerwärmung beitragen
Der Run auf den Weltraumtourismus hat schon lange eingesetzt. Vermutlich dürfte Virgin Galactic der Gewinner sein, der zuerst Menschen das Vergnügen bieten kann, zumindest ein paar Minuten Astronaut zu sein, die Erde weit unten zu sehen und der irdischen Schwerkraft entkommen zu sein.
Ein paar Minuten Schwerelosigkeit werden den Abenteuerlustigen aber immerhin 200.000 US-Dollar kosten, zumindest denjenigen, die unbedingt die ersten, also die Pioniere sein wollen. Mehr 500 Willige sollen bereits Flüge reserviert haben, was Virgin Galactic 70 Millionen US-Dollar in die Kassen gespült hat. Wann die Reise losgeht, ist noch nicht so sicher, der Start wurde immer mal wieder verschoben, es war auch schon mal die Rede, dass der erste Flug 2009 erfolgen könnte. Jetzt wird 2014 anvisiert.
Virgin Galactic preist an, es sei eines der primären Ziele des Unternehmens, "die Exklusivität zu beenden, die mit der bemannten Raumfahrt verbunden war". Man habe ein Fahrzeug entwickelt, das "fast jeden in den Weltraum und zurück bringen kann". Könnte man sagen, aber wer hat schon mal 200.000 US-Dollar für einen Kurztrip übrig? Zudem wird mit dem Weltraumflughafen Spaceport America, entworfen von Stararchitekt Norman Foster, geworben, weil der angeblich ökologisch in der Mojave-Wüste gebaut wurde und besonders wenig Energie verbrauchen und CO2 in die Luft pusten soll (Virgin Galactic und der umweltfreundliche Weltraumflughafen).
Mehrmals täglich sollen aber dann Touristen für den kurzen Trip in den Weltraum gebracht werden, was kaum ohne erhebliche CO2-Belastung abgehen dürfte. Jährlich sollen es tausend Flüge werden. Um das ein wenig zu kompensieren, hat Virgin Galactic schon einmal mit der US-Wetterbehörde NOAA vereinbart, die Flugzeuge mit Messgeräte auszustatten. So kann man dann die Klimaerwärmung besser messen und macht etwas für die Wissenschaft. Aber zudem wird betont, dass es sich um ein "clean-tech project" handeln soll, dass der Treibstoff ungiftig sei, dass die wieder verwendbaren Flugzeuge leichter als herkömmliche seien, zur Landung werde kein Treibstoff benötigt. 0,8 Tonnen CO2-Emissionen würde jeder Passagier nur verursachen, was weniger als ein einfacher Flug von London nach New York sei. Eingerechnet wird freilich schon mal nicht, was die Reichen an CO2-Verbrauch erzeugen, um zum Spaceport mit ihren Flugzeugen zu reisen.
US-Wissenschaftler haben vor zwei Jahren schon einmal davor gewarnt, dass die größte Belastung der Flüge von Rußpartikeln ausginge, die in der Stratosphäre von den Hybrid-Triebwerken freigesetzt und dort für Jahre bleiben würden. Bei tausend Flügen würden 600 Tonnen Rußpartikel gebildet und Schleier verursacht werden, die sich über große Gebiete der nördlichen Halbkugel ausbreiten und merkliche Folgen für das globale Klima haben würden.
Nach einem Bericht der Tauri Group für die US-Luftfahrtbehörde FAA und den Bundesstaat Florida werden kommerzielle suborbitale Weltraumflüge für Touristen oder Last im ersten Jahrzehnt für die Unternehmen - gegenwärtig sind sechs im Rennen - zwischen 300 Millionen und 1,6 Milliarden US-Dollar an Einkommen bringen. Neben Virgin Galactic wollen noch Armadillo Aerospace (Preis pro Mann 102.000 US-Dollar), XCOR Aerospace (Preis 95.000) und Blue Origin (keine Angaben) Touristen für Kurzausflüge in den Weltraum locken.
Der Bericht geht davon aus, dass der kommerzielle Weltraumflug vor allem, d.h. zu 80 Prozent, von reichen Touristen vorangetrieben wird. Es gäbe weltweit etwa 8.000 Reiche, die an Weltraumflügen interessiert wären und das Geld dafür hätten. Innerhalb von 10 Jahren könnten 3,600 das Angebot nutzen. Der Aufwärtstrend könnte aber geringer ausfallen, wenn die wirtschaftliche Entwicklung stagniert. Er könnte natürlich auch einbrechen, was nicht erwähnt wird, wenn es zu Unfällen kommt, was bei etwa tausend Flügen im Jahr bei Virgin Galactic durchaus wahrscheinlich sein dürfte.
Weltweit gebe es 11 Millionen Reiche, die über mehr als eine Million US-Dollar flüssig haben, um als "Pioniere" aufzutreten, merkt ein Kritiker an. Dagegen gebe es 2,8 Milliarden Menschen, die von weniger als 2 Dollar am Tag leben müssen:
Mit der Hilfe von Virgin Galactic und anderen Anbieter von Weltraumtourismus können die 11 Millionen an der Spitze buchstäblich auf die 2,8 Milliarden herunterschauen. Einer der "künftigen Astronauten" in der Online-Broschüre von Virgin Galactic wird zitiert: "Es gibt mehr als 6 Milliarden Menschen auf der Erde. Einer der 6 Astronauten im Weltraum zu sein, der auf sie herunterschaut, wird etwas ganz Besonderes sein."