Blitzkrieg 2.0?

Iran als Testfall für die neuerworbene Fähigkeit der USA, jedes Land der Welt binnen Tagen oder Stunden durch einen Angriff mit "konventionellen Mitteln" paralysieren zu können?

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Viel wurde in den letzten Jahren darüber spekuliert, ob (und: wann) ein Angriff der Vereinigten Staaten auf die islamische Republik Iran bevorsteht. Mehrfach schon wurden Aktionen wie das Entsenden einer weiteren Flugzeugträgerkampfgruppe oder das Einlaufen von Flottenverbänden der US-Marine in den persischen Golf zum Anlass genommen, um Spekulationen über den Zeitpunkt einer möglichen Militäraktion anzustellen. Die wiederholten „Fehlalarme“, die durch die Medien geisterten, basierten auf Informationen, denen zufolge amerikanische, israelische und möglicherweise auch britische Spezialeinheiten und Geheimdienste seit geraumer Zeit in Iran aktiv wären, um einerseits Standorte des iranischen Nuklearprogramms, andererseits mögliche Verbündete gegen die iranischen Mullahs im Vielvölkerstaat Iran ausfindig zu machen.

Auch das Washingtoner Mantra „All options are on the table“, welches sowohl von Republikanern als auch von Demokraten rezitiert wurde (und wird), sowie die fortwährende, beiderseitige Eskalationsspirale der sich stetig verschlechternden Beziehungen zwischen den USA und Iran, trugen wesentlich zur Alarmstimmung eines Teils der Medienvertreter bei. Publizierte Aufrufe zum Krieg gegen Iran, u.a. im „Wallstreet Journal“, führten schließlich dazu, dass auch besonnene Personen wie Mohammed ElBaradei, der Direktor der IAEO, öffentlich und mit gänzlich undiplomatischen Worten vor einem Waffengang gegen Iran warnten.

Die Tatsache, dass trotz aller Warnungen noch kein neuer Krieg im Mittleren Osten ausbrach, scheint allerdings auch denjenigen, die der Möglichkeit eines militärischen Abenteuers der Amerikaner im Iran von vornherein skeptisch gegenüberstanden, Recht zu geben. Bestärkt wurde diese Skepsis noch durch Einschätzungen von Expertenseite, dass eine US-amerikanische Attacke auf den Iran kaum möglich wäre: Da von einer groß angelegten Invasion - wie im Irak - aus naheliegenden Gründen nicht ausgegangen werden könne, bliebe den USA lediglich die Möglichkeit, das iranische Nuklearprogramm mit umfassenden Luftangriffen lahmzulegen.

Allerdings fehlte zum Zeitpunkt dieser Prognosen und Planspiele selbst den Vereinigten Staaten noch die Möglichkeit, derart massive Luftschläge mit dem nötigen Überraschungsmoment durchzuführen.

Bis dato lautete die gewohnte militärstrategische Weisheit, dass offensive Absichten des US-Militärs daran abzulesen sind, wo sich die Flugzeugträger der US-Navy (ein, seit den Tagen der Schlacht um Midway, bislang unverzichtbares Element amerikanischer Offensivoperationen) befinden. Auch die bevorstehende Invasion des Irak war für Kenner der Materie absehbar, als sich im Februar 2003 sechs „Carrier Strike Groups“ in Angriffsdistanz zum Irak versammelt hatten.

Neue militärische Möglichkeiten: Die „Global Strike“-Strategie

Die Fixierung auf die Präsenz amerikanischer Flugzeugträger als Indikator eines Angriffes, ist aus heutiger Sicht mittlerweile überholt, denn seit 2005 verfügt die stärkste Militärmacht der Geschichte über ein, bisher nie gekanntes, Instrument zur globalen Machtprojektion: den sogenannten CONPLAN 8022.

Wie hier bereits anderweitig ausgeführt, ist CONPLAN 8022 kein Plan gegen einen spezifischen, zukünftigen Gegner; es handelt sich vielmehr um die Eventualplanung im Rahmen einer „Global Strike“-Strategie: wie durch „netzwerkzentrierte“ Kriegsführung, selektive Wahl der "Eskalationsmittel" (vom, lokal eingesetzten, Special Forces-Team, bis hin zur Wasserstoffbombe) und den Einsatz modernster Waffen- wie Kommunikationstechnologien potentielle Gegner bereits im Vorfeld einzuschüchtern oder im Ernstfall: in einem überwältigenden "Blitzkrieg" zu schlagen sind.

Eine unlängst veröffentlichte gemeinsame Studie des britischen Wissenschaftlers Dr. Dan Plesch (Direktor der „School of Oriental and African Studies“ am Centre for International Studies and Diplomacy), sowie des britischen internationalen Sicherheitsexperten und -beraters, Martin Butcher, analysiert nun erstmals die Durchführung und Auswirkungen der neuen US-Strategie anhand des 'Fallbeispiels Iran'.

Die Studie befasst sich, wohl als erste (öffentlich zugängliche) ihrer Art, mit den konkreten Möglichkeiten der „Global Strike“-Doktrin, in deren Rahmen CONPLAN 8022 erstellt wurde. Unter der Führung des strategischen Kommandos (USSTRATCOM) der US-Streitkräfte hat die achte US-Luftflotte nach eigenen Angaben seit 2005 die Fähigkeit erreicht, nötigenfalls mit mehr als 200 taktischen wie strategischen Bombern und zusätzlichen Marschflugkörpern an jedem beliebigen Punkt der Erde konzentriert und massiv zuzuschlagen.

Luft: Tausende von Zielen gleichzeitig

Die erweiterten Kapazitäten der Bomber ermöglichen es, innerhalb weniger Stunden, gleichzeitig tausende von Zielen anzugreifen – ein Angriff mit der Hälfte der verfügbaren Maschinen könnte so theoretisch bis zu 10.000 Ziele umfassen. Bis 2009 sollen im Rahmen der neuen Planungen auch Interkontinentalraketen mit konventionellen Sprengköpfen ausgestattet werden.

Jetzt schon könnten u.a. Waffensysteme, wie zum Beispiel der „Massive Ordnance Penetrator“, zum Einsatz kommen, - eine etwa 13 Tonnen schwere Bombe, die bis zu 60 Meter Stahlbeton durchschlagen kann, und für deren Einsatz zur Zeit die B-2 Bomber der US-Air Force umgerüstet werden oder die GBU-39 „Small-Diameter-Bomb“, welche - glaubt man dem Hersteller Boeing - die Feuerkraft amerikanischer Kampfflugzeuge vervierfacht. Marschflugkörper der neuesten Generation des Typs BGM-109 „Tactical Tomahawk“ können nun ihre Ziele überprüfen und gegebenenfalls andere Ziele anvisieren, was ihre Schlagkraft ebenfalls erheblich verstärkt.

Viele der etwa 40 US-Kriegschiffe, die in der Nähe der iranischen Küste kreuzen, verfügen über dieses Waffensystem. Im Irak stationiert, aber seit März 2003 ungenutzt, sind die ballistischen Raketenwerfer MLRS der US-Army und der US-Marines, in deren Reichweite (bis zu 300 km) iranische Ziele, wie zum Beispiel die Nuklearanlagen bei Arak und Tabriz, liegen.

Begrenzte Landungsoperationen an der iranischen Küste

Der Studie zufolge wären groß angelegte Luftangriffe, möglicherweise begleitet oder gefolgt von der Besetzung einiger iranischer Inseln und Küstenabschnitte in der Straße von Hormuz und im persischen Golf, die wahrscheinlichste Form eines Angriffes. Diese Angriffe würden sich wahrscheinlich nicht auf iranische Nuklearanlagen beschränken, da die Iraner höchstwahrscheinlich sowieso zurückschlagen würden und natürlich mehr Schaden anrichten könnten, wenn ihre militärischen Möglichkeiten nicht dezimiert würden.

Deshalb würden vielmehr das iranische Militär, die Infrastruktur Irans, Regierungsgebäude und andere Ziele mit einem massiven, konzentrierten Angriff im Rahmen des CONPLAN 8022 attackiert werden, um das Risiko möglicher Vergeltungsschläge des Iran gleich zu Beginn nach Kräften zu reduzieren.

Mehrere Kampfgruppen der US-Marines, die sich mitsamt ihren eigenen Flugzeug- und Hubschrauberträgern, Landungsschiffen, Panzern, Artillerie, mehreren tausend Marineinfanteristen und Versorgungsschiffen im Persischen Golf und im Indischen Ozean befinden, bieten den US-Streitkräften die eventuell nötigen „boots on the ground“ für begrenzte Landungsoperationen an der iranischen Küste, wie zum Beispiel entlang der strategisch äußerst wichtigen Straße von Hormuz, im Rahmen der operativen Pläne (Oplan 1002-04, Oplan 1019) des Pentagons für eine militärische Auseinandersetzung mit dem Iran.

Desweiteren müssen die Kapazitäten der US-Luftwaffe, über die schon erwähnten strategischen Bomber hinaus, betrachtet werden. Zahlreiche Kampfflugzeuge der Typen F-15 und F-16 sind im Irak und anderen Golfstaaten, sowie in Zentralasien, Afghanistan und Pakistan stationiert. Ein Handbuch des US-Zentralkommandos (USCentCom), welches für die Region zuständig ist, veranschlagt etwa 500 Kampfflugzeuge, die bei einem eventuellen Angriff eingesetzt werden sollen.

Kombinierte amerikanisch-israelische Aktion?

Allerdings würde der Einsatz dieser Flugzeuge ein Überraschungsmoment bei einem eventuellen Angriff verhindern, da ihr Start mit großer Wahrscheinlichkeit von iranischen Agenten, die in der Golfregion recht aktiv sein sollen, bemerkt werden würde. Demzufolge wäre sie wahrscheinlich eher für die „zweite Welle“ verantwortlich (wie auch die Träger-basierten Flugzeuge der US-Navy).

In diesem Kontext müssen auch der Ausbau der amerikanischen militärischen Infrastruktur, sowie Truppenverlegungen erwähnt werden, die nicht nur westlich des Iran, im Persischen Golf und im Irak stattfinden, sondern auch östlich der iranischen Grenze in Afghanistan und nördlich, in der Region um das Kaspische Meer.

Eine weitere Möglichkeit militärischer Operationen besteht seitens Israels, welches das iranische Atomprogramm als Bedrohung seiner nationalen Sicherheit sieht und wiederholt damit gedroht hat, im Zweifelsfall alleine und „präventiv“ anzugreifen (wie es das im Falle des irakischen Reaktors Osirak schon getan hat).

Obgleich die israelischen militärischen Kapazitäten doch deutlich geringer sind als die amerikanischen, hat das Land durchaus die Möglichkeit, einige iranische Nuklearanlagen mittels Luftangriffen auszuschalten – nicht jedoch die gesamte Nuklear- und Militärstruktur Irans zu attackieren.

Das wiederum würde einen möglicherweise verheerenden Vergeltungsschlag Irans nicht verhindern und scheint somit eine eher unwahrscheinliche Option, im Gegensatz zu einer kombinierten amerikanisch-israelischen Aktion.

Ein Angriff auf Iran de facto jederzeit möglich

Die Studie kommt, bezüglich der Möglichkeit eines Militäreinsatzes gegen Iran, zu einem eindeutigen Ergebnis: ein Angriff auf Iran, gemäß der „Global Strike“-Strategie, ist de facto jederzeit möglich, auch wenn Ausgang und Konsequenzen einer solchen Handlung natürlich auf einem anderen Blatt geschrieben stehen.

Die Tatsache, dass sich momentan anscheinend „nur“ drei Träger der USA, die Kitty Hawk, die Enterprise und die Nimitz, samt ihren Begleitschiffen, in Einsatzreichweite zum Iran aufhalten, kann inzwischen nicht mehr als Indikator für oder gegen Kriegsvorbereitungen herhalten.

Ein Angriff mit nuklearen Waffen, der ebenfalls Teil der Kontingenzplanung im Rahmen von CONPLAN 8022 ist, kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden (z.B. wenn der Iran B- oder C-Waffen einsetzt bzw. zur Verhinderung dieser Möglichkeit, oder wenn Nuklearanlagen konventionell nicht zu zerstören sind), erscheint aber aufgrund der vielfältigen Konsequenzen eher als unwahrscheinlich.

Andererseits gibt es seit Amtsantritt der Bush-Administration ein verstärktes Bemühen seitens des Pentagons und des Weißen Hauses, die nukleare in die konventionelle Kriegführung zu integrieren und nukleare Waffen weniger als Abschreckungsmittel, sondern vielmehr als „normale“ Kriegsmittel, zu betrachten.

Praktische Konsequenzen

Vielfach ist angemerkt worden, die Konsequenzen eines möglichen Angriffes seien nicht kontrollierbar und demzufolge wäre die Wahrscheinlichkeit eines solchen gering. Allerdings erweisen sich Argumente, die diese These stützen sollen, bei genauer Betrachtung zumindest als fragwürdig. Da wäre zum Beispiel die Möglichkeit iranischer Vergeltungsschläge, v.a. in Form von Raketenangriffen gegen Ölanlagen im Persischen Golf, gegen die Golfstaaten, gegen US-Basen im Irak oder gegen Israel.

Aber wie viel der iranischen Raketenkapazitäten würde einen Angriff von der Dimension eines „Global Strike“ des US-Militärs überstehen? Und vor allem: Welche Möglichkeiten zur Vergeltung hätte Iran, wenn es erst einmal über nukleare Waffen verfügen würde? Es darf mit einiger Sicherheit angenommen werden, dass die Verfechter eines harten Kurses nicht warten, bis Iran, wie Nordkorea praktisch unangreifbar wird.

Auch sollte man nicht vergessen, dass den militärischen Vergeltungsmöglichkeiten der Iraner nicht „nur“ die US-Streitkräfte gegenüber stehen, sondern auch die Streitkräfte von Golfanrainerstaaten wie Saudi-Arabien und evtl. der Emirate, sowie die der US-Verbündeten Großbritannien, Israel und beispielsweise Frankreich, möglicherweise gar der gesamten NATO (schließlich wird es im Falle von Kampfhandlungen im Persischen Golf wahrscheinlich heißen, dass die nationale Sicherheit aller von Ölimporten abhängiger Nationen durch Iran gefährdet sei).

Ein weiteres, gerne angeführtes Argument bezieht sich auf die Möglichkeit, dass ein Angriff die derzeitige Führung Iran eher stärken würde, anstatt ihre Autorität zu untergraben. Da aber Iran bekanntlich aus vielen verschiedenen ethnischen Gruppen zusammengesetzt ist und die Teheraner Regierung diesen gegenüber zum Teil recht autoritär handelt, bestehen durchaus gewisse Autonomiebestrebungen1, welche Amerikaner, Briten und Israelis durch Kontakte (via eingesickerter Spezialeinheiten und Geheimdienste) zu regierungskritischen Organisationen und wohl auch zu regierungsfeindlichen Terrorgruppen für sich zu nutzen versuchen.

Frage nach Konsequenzen bei politischen Führern eher Nebensache?

Anscheinend gibt es durchaus Überlegungen, mit massiven militärischen Aktionen gegen Vertreter und Infrastruktur der iranischen Zentralregierung und deren Machtstützen (Basij und Revolutionsgarden) ein Auseinanderbrechen Irans zu forcieren, wie es beispielsweise eine von der „Financial Times“ zitierte Untersuchung im Auftrag der US-Marines beschreibt.

Fakt ist: Zu allen (berechtigten) Argumenten, die gegen einen Angriff auf den Iran angeführt werden, kann man, laut der Studie von Plesch und Butcher, Gegenargumente formulieren, die militärische Aktionen zumindest als durchführbar erscheinen lassen. Unabhängig davon sind Studien, die sich mit den Konsequenzen solcher Handlungen, sei es die Zahl der zu erwartenden Opfer oder die wirtschaftlichen Auswirkungen, nicht in die eine oder andere Richtung auslegbar.

Leider scheint die Frage nach derartigen Konsequenzen bei politischen Führern eher Nebensache – zumindest wenn man das jüngste Beispiel Irak und die diesbezügliche Nachkriegsplanung betrachtet. Sprach John Pike von globalsecurity.org: „Die denken, sie könnten einfach in die Luft jagen, was sie in die Luft jagen wollen und der ‚Ameisenhaufen’ soll sich dann selbst in Ordnung bringen.“

Der politische Faktor

Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, scheint der Weg in den Kalten Krieg zwischen USA, Israel und Iran vorprogrammiert. Vom Manifest des „Clean Break“ 1996 und der Aufzählung des Iran als Mitglied der „Achse des Bösen“ in Bushs „State of the Union“-Rede 2002, über die fragwürdigen Äußerungen des iranischen Präsidenten Achmahdinedschad bis hin zur Weigerung der US-Administration, bilaterale Gespräche mit den Iranern über die Problematik zu führen ist die Situation Schritt für Schritt weiter eskaliert.

Möglicherweise hätte sich die Situation auch ohne den derzeitigen iranischen Präsidenten und seine Äußerungen derartig entwickelt: Quellen innerhalb des britischen Militärs erklärten, das US-Militär hätte nach dem März 2003 den Fokus seiner Planungen sofort auf Iran verlagert.

Aufgrund der Zielsetzung einen nuklear bewaffneten Iran unbedingt zu verhindern, ergibt sich, bei gleichzeitiger Ablehnung von Verhandlungslösungen, letztendlich zwangsläufig die Frage, ob man bereit ist, soweit zu gehen und aus dem Kalten einen „Heißen“ Krieg zu machen. Jedenfalls sind die Befürworter einer aggressiven, Verhandlungen ablehnenden Haltung gegen Iran immer lauter mit ihrem Ruf nach militärischen Maßnahmen zu vernehmen, da ihrer Meinung nach kein anderes Mittel bleibt, um eine „iranische Bombe“ zu verhindern.

Während Außenministerin Condoleeza Rice, laut „San Francisco Chronicle“, angeblich eine diplomatische Lösung der Krise um das iranische Atomprogramm als einzig realistische Option ansieht, sollen die Kriegsbefürworter um Vizepräsident Cheney inzwischen rund um die Uhr damit beschäftigt sein, belastendes Material zu sichten.

Die letzten Reden von Präsident Bush beinhalten die direkte Beschuldigung Irans, eine „Quelle von Problemen“ im Nahen und Mittleren Osten darzustellen, die Taliban in Afghanistan zu bewaffnen, mit einen „nuklearen Holocaust“ zu drohen und generell „die Sicherheit von Nationen überall“ zu gefährden. Mehr noch: der neue französische Präsident Sarkozy äußerte, nach seinem Aufenthalt in den USA, gegenüber Vertrauten, er sei von der Absicht Bushs zur Bombardierung Irans überzeugt.

Weltweite Konsequenzen der "Global Strike"-Strategie

Dass der Iran sich kurz zuvor mit der IAEO auf einen Zeitplan zur Überprüfung des Atomprogramms geeinigt hatte, scheint im Weißen Haus keinen Eindruck hinterlassen zu haben. Stattdessen erweckt die Politik des Weißen Hauses den Eindruck, man steuere, vor dem Hintergrund des nunmehr 6. Jahrestages der Anschläge vom 11.9.2001 auf eine neue Runde im „Long War“ zu.

Und so wie einem das pentagonianische Newspeak ein ungutes Gefühl vermittelt, ist der Fakt, dass die Streitkräfte der USA zur selben Zeit eine neue, momentan einzigartige und nahezu unvorstellbare militärische Fähigkeit entwickeln, nicht wirklich dazu angetan, besagtes ungutes Gefühl zu vermindern.

Die Strategie des „Global Strike“ wird definitiv fundamentale Änderungen der US-amerikanischen Militär- und Nukleardoktrin nach sich ziehen – und sie wird weltweite Konsequenzen haben. Hier versucht ein Staat, sich die Mittel zu verschaffen, um an jedem Punkt der Erde nötigenfalls innerhalb von Minuten militärisch ein- und angreifen zu können und allein durch diese Fähigkeit, auch verstärkt, politischen Druck auszuüben – dies wird zwangsläufig Reaktionen zur Folge haben, die das schon beschädigte, fragile Gefüge von internationalem Recht und Zusammenarbeit, welches mit Gründung der UNO etabliert wurde, vollends zu zerstören drohen.

Andere Nationen werden versuchen, Antworten, möglicherweise auch „präventiver“ Natur, auf dieses Mittel globaler Dominanz zu finden, welches auch das nukleare „Gleichgewicht des Schreckens“ aus den Angeln heben könnte. China hat unlängst, mit dem erfolgreichen Test einer Anti-Satelliten-Rakete, eine solche Antwort gegeben und dem Pentagon eine seiner Schwachstellen vorgeführt. Sollte man im Weißen Haus tatsächlich einem „Global Strike“ gegen den Iran grünes Licht geben, wird diese angespannte Situation vollends kippen, - im günstigsten Fall erwartet die Welt dann ein neuer Kalter Krieg.