Blut für Öl!?
Europäische Marinemission am Persischen Golf beschlossen
Im Windschatten der Libyen-Konferenz und der Debatte um einen möglichen dortigen Militäreinsatz ging die am Montag erfolgte Ankündigung einer europäischen Marinemission diverser europäischer Staaten am Persischen Golf ein wenig unter. Nach monatelangen Zuspitzungen gipfelten die westlichen Konflikte mit dem Iran im Sommer 2019 vorläufig mit der unter reichlich zweifelhaften Umständen erfolgten Festsetzung des iranischen Tankers "Grace 1" durch Gibraltar (im britischen, also US-amerikanischen Auftrag).
Nachdem Teheran daraufhin das unter britischer Flagge fahrende Schiff "Stena Impero" beschlagnahmte, setzten umgehend die Rufe nach der Entsendung von Kriegsschiffen an den Persischen Golf ein, um die "Freiheit der Schifffahrt" zu gewährleisten - sprich: die wichtigen Tankerrouten zu kontrollieren. Ursprünglich war ein gemeinsamer Einsatz ins Auge gefasst worden, aber viele EU-Verbündete zögerten aufgrund der allzu waghalsigen US-Iran-Politik dann doch mit ins US-Boot zu springen. Deshalb verkündete US-Verteidigungsminister Mark Esper Ende August 2019, man habe mit dem US-geführten Einsatz "Operation Sentinel" unter Beteiligung von Kriegsschiffen aus Großbritannien, Australien und Bahrain begonnen.
Derweil wurde in Europa weiter eine Debatte über Sinn oder Unsinn einer Entsendung von Kriegsschiffen geführt, die mit der Ankündigung einer "Europäischen Marine-Überwachungsmission in der Meerenge von Hormus" ("European Maritime Awareness in the Strait of Hormuz", EMASOH) augenscheinlich ein vorläufiges Ende gefunden hat. Angesichts der Zuspitzung der Lage sei dies erforderlich geworden, so die Erklärung acht europäischer Staaten.
Im Fall Deutschlands und dreier weiterer Staaten bleibt es - vorerst zumindest - bei einer rein verbalen Unterstützung. Doch angesichts der Tatsache, dass von interessierten Kreisen seit Monaten Druck auf eine deutsche Marinepräsenz in der Region ausgeübt wird, besteht die Gefahr, dass das nicht so bleiben könnte. Denn auch wenn die europäischen Staaten erklären, mit dieser Präsenz "deeskalierend" wirken zu wollen, liegt die Vermutung doch weitaus näher, dass das eigentliche Interesse primär darin besteht, in der geostrategisch bedeutsamen Region machtpolitisch-militärisch Flagge zu zeigen.
Marineeinsatz: Politische und operative Unterstützung
Nachdem die USA und der Iran in den letzten Wochen kurz vor einem Krieg standen und die diesbezügliche Gefahr keineswegs gebannt ist, sehen eine Reihe europäischer Staaten Handlungsbedarf. In der am Montag auf der Seite des französischen Außenministeriums veröffentlichten Erklärung der acht europäischen Befürworter eines Marineeinsatzes am Persischen Golf heißt es: "Die jüngsten Ereignisse im Nahen Osten geben Anlass zu großer Besorgnis, da sie die Spannungen und das Risiko eines möglichen groß angelegten Konflikts mit Folgen für die gesamte Region erhöhen." (alle Übersetzungen mit www.DeepL.com)
Wenig Mühe gibt sich die Erklärung dabei, die interessenspolitischen Hintergründe der Mission zu verschleiern:
Im Jahr 2019 wurden im Golf und in der Straße von Hormus infolge der verschärften regionalen Spannungen eine zunehmende Unsicherheit und Instabilität beobachtet, die zu zahlreichen Zwischenfällen auf See und auf anderen Verkehrswegen führte. Diese Situation beeinträchtigt seit Monaten die Freiheit der Schifffahrt und die Sicherheit der europäischen und ausländischen Schiffe und Besatzungen. Sie gefährdet auch den Handel und die Energieversorgung, was wahrscheinlich wirtschaftliche Folgen in der ganzen Welt haben wird.
Erklärung zur EMASOH-Mission
Bei der EMASOH-Mission handelt es sich um keinen offiziellen Einsatz der Europäischen Union, sondern um eine Koalition der Willigen, die allerdings vom EU-Außenbeauftragten Joseph Borell umgehend mit warmen Worten begrüßt wurde. Das Hauptquartier soll in den Vereinigten Arabischen Emiraten liegen, die sich hierfür laut der EMASOH-Ankündigung bereits angeboten haben sollen. Veröffentlicht wurde die Ankündigung im Namen folgender Länder: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlande und Portugal. Ziel des Einsatzes sei es, ein "sicheres Umfeld für den Seeverkehr zu gewährleisten und die derzeitigen regionalen Spannungen abzubauen."
Wie bereits angedeutet, beschränkt sich die Unterstützung von vier der acht Staaten zunächst einmal auf die Unterzeichnung der besagten Erklärung. Neben Deutschland sind das Belgien, Italien und Portugal. Auf dem gewöhnlich gut informierten Internetportal Bruxelles2 finden sich eine Reihe darüber hinausreichender Informationen, insbesondere zum konkreten Beitrag der anderen Staaten:
Die Mission hat kein Exekutivmandat (ein Truppenmandat der Vereinten Nationen), daher der bevorzugte Begriff "Mission" statt "Operation". Sie könnte nach unseren Informationen bis Mitte Februar beginnen. […] Konkret werden neben Frankreich drei Länder (Dänemark, die Niederlande und Griechenland) einen Beitrag leisten: zwei Fregatten werden zur Verfügung stehen, Französisch und Niederländisch in der ersten Rotation, Französisch und Dänisch in der zweiten Rotation (nach unseren Informationen).
Bruxelles2