Blutuntersuchungen geben Einblicke in extreme Langlebigkeit
Wie lange Menschen leben können und wie manche Menschen besonders alt werden, interessiert Wissenschaftler und Laien. Neue Blutuntersuchungen weisen nun auf Besonderheiten bei sehr alten Menschen hin.
Wer wird schon hundert Jahre alt? Was früher fast unmöglich war, wird jedoch zunehmend sozialer und medizinischer Alltag. Tatsächlich sind die Hundertjährigen die am schnellsten wachsende Gruppe der Weltbevölkerung. Seit den 1970er-Jahren verdoppelt sich ihre Zahl etwa alle zehn Jahre – wesentlich schneller als die Weltbevölkerung insgesamt wächst.
Wie lange Menschen leben können und was ein langes und gesundes Leben ausmacht, ist schon seit Menschengedenken von Interesse. Schon Platon und Aristoteles diskutierten und schrieben vor über 2 300 Jahren über den Alterungsprozess. Heute versuchen Mediziner und Biologen hinter die Geheimnisse besonders alter Lebewesen zu gelangen.
Es ist jedoch keineswegs trivial, die Geheimnisse hinter außergewöhnlicher Langlebigkeit zu verstehen. Denn dafür gilt es, das komplexe Zusammenspiel von genetischer Veranlagung und Lebensstilfaktoren zu entschlüsseln und zu verstehen, wie sie im Laufe des Lebens zusammenwirken. Das aber könnte helfen, zu verstehen, wie wir länger leben und vielleicht auch, wie wir bei besserer Gesundheit altern können.
Die Geheimnisse des Alterns
Nun stellt sich heraus, dass das Blut außergewöhnlich langlebiger Menschen entscheidende Unterschiede zu dem von Alltagsmenschen offenbart, die mittels statistischer Methoden sichtbar gemacht werden können.
Denn Wissenschaftler haben jetzt einige gemeinsame Biomarker, einschließlich Cholesterin- und Glukosespiegel, bei Menschen, die über 90 Jahre alt werden, aufgedeckt und ihre Ergebnisse in der Zeitschrift GeroScience veröffentlicht.
Aus naheliegenden Gründen waren die Studien über Hundertjährige bisher meist klein und konzentrierten sich auf eine ausgewählte Gruppe, z. B. auf Hundertjährige, die in Pflegeheimen leben.
Riesige Datengrundlage
Unsere Studie ist die bisher größte, die Biomarkerprofile vergleicht, die während des gesamten Lebens bei außergewöhnlich langlebigen Menschen und ihren kürzer lebenden Altersgenossen gemessen wurden.
Wir verglichen die Biomarkerprofile von Menschen, die über 100 Jahre alt wurden, mit denen ihrer kürzer lebenden Altersgenossen und untersuchten den Zusammenhang zwischen den Profilen und der Wahrscheinlichkeit, ein Hundertjähriger zu werden.
In unsere Untersuchung flossen Daten von 44 000 Schweden ein, die sich im Alter von 64 bis 99 Jahren einer Gesundheitsuntersuchung unterzogen - sie waren eine Stichprobe der sogenannten Amoris-Kohorte. Diese Menschen wurden dann anhand schwedischer Registerdaten bis zu 35 Jahre lang verfolgt. Von diesen Personen wurden 1.224, also 2,7 Prozent, hundert Jahre alt. 85 Prozent der Hundertjährigen waren Frauen.
Zwölf Biomarker im Visier
Untersucht wurden zwölf Biomarker, die mit Entzündungen, Stoffwechsel, Leber- und Nierenfunktion sowie möglicher Unterernährung und Anämie in Zusammenhang stehen. Alle diese Biomarker waren in früheren Studien mit Alterung oder Sterblichkeit in Verbindung gebracht worden.
Es stellte sich heraus, dass diejenigen, die ihren hundertsten Geburtstag erreichten, ab ihrem sechzigsten Lebensjahr tendenziell niedrigere Blutwerte für folgende Stoffwechselprodukte aufwiesen:
- Glukose ist ein zentraler Marker für Ernährung und Ernährungsgewohnheiten.
- Kreatinin kann auf etwaige Nierenerkrankungen oder Entzündungen hinweisen.
- Harnsäure steht ebenfalls in engem Zusammenhang mit der Ernährung und Stoffwechselerkrankungen.
Fast alle gescreenten Blutwerte relevant
Obwohl sich die Medianwerte zwischen Hundertjährigen und Nicht-Hundertjährigen bei den meisten Biomarkern nicht signifikant unterschieden, wiesen die Hundertjährigen nur selten extrem hohe oder niedrige Werte auf.
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Zudem stellte sich heraus, dass zehn der zwölf von uns ausgesuchten Biomarker einen Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit, 100 Jahre alt zu werden, aufwiesen (außer Alat und Albumin). Dies galt auch nach Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Krankheitslast.
Die Personen mit den niedrigsten Werten für Gesamtcholesterin und Eisen hatten eine geringere Chance, 100 Jahre alt zu werden, als diejenigen mit höheren Werten. Bei Personen mit höheren Werten von Glukose, Kreatinin, Harnsäure und Markern für die Leberfunktion war die Chance, Hundertjährige zu werden, ebenfalls geringer.
Ernährung und außergewöhnliche Langlebigkeit verknüpft?
In absoluten Zahlen waren die Unterschiede bei einigen Biomarkern eher gering, während sie bei anderen etwas deutlicher ausfielen. Trotzdem deuten sie alle auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Stoffwechselgesundheit, Ernährung und außergewöhnlicher Langlebigkeit hin.
So zum Beispiel bei der Harnsäure. Hier betrug der absolute Unterschied 2,5 Prozentpunkte. Das bedeutet, dass die Menschen in der Gruppe mit den niedrigsten Harnsäurewerten eine vierprozentige Chance hatten, 100 Jahre alt zu werden, während diese Chance in der Gruppe mit den höchsten Harnsäurewerten nur bei 1,5 von 100 lag.
Die Studie lässt zwar keine direkten Rückschlüsse darauf zu, welche Lebensstilfaktoren oder Gene für die Biomarkerwerte verantwortlich sind. Es ist jedoch anzunehmen, dass Faktoren wie Ernährung und Alkoholkonsum eine Rolle spielen. Es also ist wahrscheinlich keine schlechte Idee, die Nieren- und Leberwerte sowie die Glukose- und Harnsäurewerte mit zunehmendem Alter im Auge zu behalten.
Aber allein die Tatsache, dass Unterschiede bei den Biomarkern schon lange vor dem Tod festgestellt werden konnten, deutet darauf hin, dass auch die Gene und der Lebensstil im Alterungsprozess eine Rolle spielen könnten.
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