Bollywood-Moguln gegen "geistiges Eigentum"
Indiens Filmindustrie droht mit Streik, weil eine Copyright-Novelle Komponisten und Musiktextern mehr Monopolrechte einräumen soll
Das Kino ist ein wichtiger Wirtschaftszweig Indiens. Die dort produzierten Filme finden nicht nur auf dem eineinhalb Milliarden Einwohner zählenden Subkontinent Zuschauer, sondern ebenso in südostasiatischen Ländern, der arabischen Welt, Afrika und zunehmend auch in Europa.
Bollywood-Produktionen dauern meist etwa doppelt so lange wie Hollywood-Filme und werden durch zahlreiche Tanz- und Gesangsnummern aufgelockert, die häufig Inhalte vermitteln, welche sonst der Zensur anheimfallen würden. Um diese Musical-Nummern ist nun ein Streit ausgebrochen.
Die indische Regierung plant nämlich eine Copyright-Novelle, die eine ganze Reihe von Änderungen mit sich bringen soll: Eine davon würde bewirken, dass die Filmproduzenten ihre Monopolrechte und Profite künftig mit den Komponisten und Textern der Musicalnummern teilen müssen. Deshalb drohte der Branchenverband FFI mit einem Streik, bei dem einen Tag lang keine Filme gezeigt oder verliehen werden sollen.
Stattdessen sollen Stars die Bevölkerung und die Medien bei Werbeveranstaltungen für die Interessen der Bollywood-Moguln begeistern. Dieser Streik, der eigentlich für den 6. Januar geplant war, wurde kurzfristig auf einen unbestimmten Termin in der Zukunft verschoben, nachdem nun neue Verhandlungen zwischen der Filmindustrie und Musikfunktionären laufen.
Die Auseinandersetzung zeigt, wie unpassend die Metapher vom "geistigen Eigentum" für Immaterialgüterrechte ist. Denn so lange diese standardmäßig an die Industrie abgetreten werden und ihr Ausbau zu Lasten der Verbraucher und des kreativen Mittelstandes geht, argumentiert die Filmindustrie mit angeblichen Naturrechten von Urhebern. Plant eine Regierung dagegen Immaterialgüterrechte, die nicht pauschal an Verwerter abgetreten werden können, dann ist von solchen Naturrechten plötzlich ebenso wenig zu hören wie von einem "gerechten" Anspruch der Kreativen auf Vergütung.
Obwohl die indische Regierung als Anlass für die Copyright-Novelle die Erfüllung "internationaler Verpflichtungen" nennt, finden sich in dem Entwurf einer Analyse des Rechtswissenschaftlers und ACTA-Kritikers Michael Geist nach nicht nur schädliche, sondern auch fortschrittliche Elemente.
Eines davon ist die Ausdehnung des Begriffs der "angemessenen Verwendung" auf den "privaten und persönlichen Gebrauch", wodurch Geists Interpretation nach sichergestellt ist, dass ein Verbot von "Umgehungstechnologie" nicht die Erstellung von Privatkopien verhindert. In den USA oder in Deutschland ist die Umgehung von Kopierschutztechnologie dagegen auch dann verboten, wenn die daraus resultierende Kopie eigentlich erlaubt wäre.
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