Break Point Bagdad

Überraschungsbesuch von US-Präsident Bush in der Grünen Zone

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Zwischen den Weltmeisterschaftsspielen die "breaking news"-Bilder weltweit übertragen: Präsident Bush am Tisch neben dem neuen irakischen Ministerpräsidenten al-Maliki. Zum zweiten Mal besucht der amerikanische Präsident heute den Irak.

Nach wochenlanger Abwärtsfahrt in den Umfragen nutzt die amerikanische Regierung jetzt den günstigen Moment, da die Ikone des Widerstands Terroristenführer Sarkawi getötet wurde (vgl. Terroristenführer Sarkawi getötet), um eine psychologische Wende im irakischen Chaos zu untermauern: mit einem überraschenden Besuch des US-Präsidenten auf irakischem Boden. Offiziell war nur eine Videokonferenz zwischen dem amerikanischen Präsidenten und dem irakischen Ministerpräsidenten angekündigt und nur wenige Eingeweihte wussten, dass Bush den Strategiegipfel in Camp David verlassen würde, um in den Irak zu fliegen.

Schon das Strategietreffen in Camp David hatte die Medien im Auge: eine neue, ermutigende Botschaft sollte gesendet werden. Nach den Worten des Beraters des Weißen Hauses, Dan Bartlett, lautet sie, dass dies "ein wichtiger 'Break point' für das irakische Volk (ist) und für unsere Aufgabe im Irak vom Standpunkt des amerikanischen Volkes".

Wie ein Bericht der New York Times verdeutlicht, ist das Treffen in Camp David, das eine neue Strategie für die "Ära nach Sarkawi" konturieren sollte, vom Wahlkampf zu den im Herbst anstehenden Wahlen in Amerika geprägt. Dass man sich beim Wiederaufbau des Irak wieder mehr auf landeseigene Öleinnahmen im Irak stützen will und die dazugehörigen Anlagen und Infrastruktur mit neuem Einsatz verbessern will, war bislang das einzig größere inhaltliche Highlight der neuen Strategie.

Dafür neue Nuancen in der Sprachgebung. Was Kommentatoren in den letzten Tagen schon in der Reaktion auf den Tod von Sarkawi auffiel, die Vorsicht, mit der sich das Weiße Haus vor allzugroßem Optimismus zurückhielt und immer wieder betonte, dass der Kampf gegen den irakische "Widerstand" auch mit dem Tod Sarkawis lange nicht zuende sei, fand sich auch in der Wahl der neuen Key-Words des Strategie-Treffens wieder.

Man vermeidet tunlichst Wörter, die früher oft fielen, kein "Turning point" mehr, kein "breaking point" - beides Worte, die eine entscheidende Wende oder einen baldigen Zusammenbruch des Gegners nahelegen. Sie wurden ersetzt durch das ähnliche "break point" (aus dem Tennissport?) und "critical juncture", die nahelegen, dass man an einem entscheidenden, kritischen Moment angelangt ist, der positive Ausgang aber noch ungewiss bleibt.

Zurückhaltender als bei früheren Auftritten diesmal auch die Wortwahl des US-Präsidenten im Irak: Keine Rede mehr von einer "Mission accomplished", kein "bring 'em on" - stattdessen zeigt sich Bush beeindruckt von der neuen irakischen Regierung und der Diskussionen über Sicherheits- Wirtschafts- und Wiederaufbau- Strategien: "And all of it makes sense to me" - selten zu hören im surrealistischen Tableau, das der Irak seit einiger Zeit bietet.