Britisches Oberhaus gegen neues EU-Informationszugangsrecht
Weitere Diskussionen um Solana-Vorschlag. "Radikale Erweiterungen" gefordert
Der EU-Sonderausschuss des britischen Oberhauses veröffentlichte jetzt einen Bericht zur Informationszugangspolitik der Europäischen Union. Darin heißt es, dass "die Regelungen in einer Reihe von Gebieten weit entfernt von einer zufriedenstellenden Lösung" seien.
Generell, so stellte der Ausschuss fest, gäbe es bei der jetzt vorgeschlagenen Regelung des Rates mehr Ausnahmen als zuvor. Einige Ausnahmen seien potenziell sehr weit gefasst. "Dies gibt Anlass zu grundlegenden Bedenken", heißt es in dem Bericht des Oberhauses. Der Eindruck, der durch die lange Liste der Ausnahmen entstehe, sei, dass "Geheimhaltung und nicht Offenheit am besten dem öffentlichen Interesse diene".
Außerdem, so der Bericht, gebe es keinen Grund, diese Regelungen auch noch auf Dritte zu erweitern. So fordert der Solana-Vorschlag vor der Veröffentlichung auch die Zustimmung betroffener Drittstaaten und internationaler Organisationen wie der NATO einzuholen.
Der Ausschuss kam zu dem Schluss, dass der aktuelle Ratsvorschlag "radikal erweitert" werden müsse, um eine wie im Amsterdamer Vertrag vorgesehene Erweiterung des bisherigen Zugangsrechts zu realisieren. Für dieses Recht gibt es bislang keine feststehende Regelung, sondern nur einen "Code of Conduct".
Für den Bericht hatte der Ausschuss Vertreter des britischen Außenministeriums, den Leiter der Rechtsabetilung des europäischen Ombudsmanns, die Europäischen Kommission, das Europäische Umweltbüro, Professor Deirdre Curtin, die schwedische Regierung und die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch angehört.
Schock fpür Europaabgeordnete nach Sommerurlaub
Statewatch lieferte jetzt auch weitere Hintergründe zu dem durch Solana ergänzten Ratsentwurf. Danach hat die Öffentlichkeit kein Zugangsrecht zu Dokumenten, die als "Top Secret", "Secret" und "Confidential" klassifiziert sind. Laut Statewatch habe sich Solana bereits zuvor über das Fehlen einer physischen Security im Büro des Europäischen Rates in Brüssel beschwert und sich auch über die fehlende Sicherheit bei Dokumenten geäußert. Solana ist seit dem 13. September 1999 Generalsekretär des Rates der EU und zuständig für die Außen- und Sicherheitspolitik der Union.
Zudem hatte bereits im Dezember 1999 unter der finnischen Präsidentschaft der Rat beschlossen, dass das öffentliche Ratsregister ab dem 1. Januar diesen Jahres auch bibliographische Verweise auf geheime Dokumente enthalten sollte. Allerdings geschah nichts. Am 12. Juli teilte ein Ratsbeamter dem Ausschuss für Freiheit und Bürgerrechte des Europäischen Parlaments mit, dass dies auf "technische Gründe" zurückzuführen sei.
Den weiteren Beweggrund sieht Statewatch darin, dass Telepolis-Autor Jelle van Buren, der auch Mitglied der niederländischen Eurowatch ist, gegen die Weigerung des Rates klagte, Zugang zu Dokumenten mit Bezug auf militärische Angelegenheiten zu gewähren. Der Rat für allgemeine Angelegenheiten wies am 11. Juli die Klagen zurück.
Wie eine Bombe schlug der Solana-Vorschlag unter den aus dem Urlaub zurück kommenden Europaabgeordneten ein. Wie Telepolis bereits berichtete, verlangte die Europaparlamentsabgeordnete der SPD, Erika Mann, vom Europäischen Rat Aufklärung. In dieser Woche wird sie mit einigen Kollegen über das Thema sprechen.