Brunei führt archaische Scharia-Strafen für Homosexuelle oder Ehebrecher ein
Im islamischen Sultanat können die Strafen auch Nicht-Muslime und Ausländer treffen; US-Regierung vermeidet Kritik
Brunei, eine kleine erdöl- und erdgasreiche islamische Monarchie, liegt auf Borneo, das ansonsten Malaysia und Indonesien als Nachbarn hat. Das Sultanat mit gerade einmal 400.000 Bewohnern ist eines der reichsten Länder der Welt. Viel hört man normalerweise nicht von Brunei, in dem neben vorwiegend sunnitischen Muslimen auch Christen leben.
Sultan Bruneis Hassanal Bolkiah ist seit Jahrzehnten an der Macht und einer der reichsten Menschen der Erde, Demokratie gibt es nicht, die Menschen werden mit Geld stillgestellt, u.a. werden keine Steuern fällig und gibt es kostenlosen Zugang zur Bildung und Gesundheitsversorgung. Prostitution, außerehelicher Sex, Pornografie, Drogen, Alkohol, Waffen sind in Brunei verboten. Wer in das Land illegal einreist, muss zur Begrüßung mit einer Prügelstrafe rechnen.
Seit der Sultan Brunei mit einem neuen Gesetz zum Vorbild eines archaischen Scharia-Staats machen will, der der saudischen Monarchie ähnelt und nicht weit von den Vorstellungen des Islamischen Staats entfernt ist, rückte das Land in die Weltöffentlichkeit. Ab 3. April können Homosexuelle, Ehebrüchige und Vergewaltiger mit der Todesstrafe belegt werden. Und weil man sich im 21. Jahrhundert an die Vergangenheit klammert, können Menschen auch gesteinigt werden. Dieben können, wie das in Saudi-Arabien und bei den Islamisten geschieht, die Hände oder Beine abgehackt werden. Auch Minderjährige sind nicht geschützt. Das Gesetz gibt es schon seit 2014 und wurde schrittweise eingeführt, man wollte sich offenbar den Islamisten im Nahen Osten anschließen, aber weil es nun ernst wird, erregt es nun auch Aufmerksamkeit über die Grenzen hinaus.
Das Sultanat sagt, man erwarte nicht, dass andere Menschen das Scharia-Gesetz respektieren, aber dass das Land so respektiert werde, wie man das auch umgekehrt mache. Das Gesetz soll nicht nur "Vergehen gegen die Lehren des Islam kriminalisieren und abschrecken, sondern die legitimen Rechte aller Menschen, Gesellschaften und Nationalitäten jeder Glaubensrichtung und Rasse aufzeigen, achten und schützen". Betont wird, dass Brunei ein "souveräner islamischer und völlig unabhängiger Staat" sei, in dem es schon immer eine "duales Rechtssystem" mit Scharia und staatlichem Recht gegeben habe. Das werde nun auch weiter parallel so gehandhabt.
Radikale Islamisten ergänzen sich mit den radikalen, meist rechten Antiislamisten in dem Bestreben, die Emanzipation, Gleichberechtigung und Diversifizierung der Geschlechter wieder auf das von Männern dominierte Gesellschaftsbild zurückzuführen. Brunei, das nun darin Vorbild werden will, hat Kritik von europäischen oder amerikanischen Politikern erfahren. Ex-Vizepräsident Joe Biden schrieb beispielsweise: "Die Steinigung von Menschen bis zum Tod wegen Homosexualität oder Ehebruch ist abstoßend und unmoralisch. Es gibt für diesen Hass und diese Immunität weder durch Kultur noch durch Tradition eine Entschuldigung." George Clooney und John Elton haben zum Boykott von Luxushotels aufgerufen, die Brunei bzw. dem Sultan gehören.
Das Auswärtige Amt warnt Reisende: "Einzelne Straftatbestände im Scharia-Recht betreffen auch Nicht-Muslime, insbesondere wenn ein beteiligter Teil Muslim ist. Bisher ist nicht bekannt, mit welchem Verfahren zukünftige Fälle dem einen oder dem anderen Rechtssystem zugeordnet werden sollen. Wie in anderen islamisch geprägten Ländern auch, wird von Kritik an der islamischen Religion oder am Sultan (und seinen Familienangehörigen) als Privatperson wie auch als obersten Religionsführer des Landes nachdrücklich abgeraten."
Das US-Außenministerium gab sich durch eine Sprecherin besorgt über das neue Gesetz. Daily Beast hakte nach und fragte, ob Außenminister Mike Pompeo oder das Außenministerium offiziell Stellung beziehen und das Gesetz ablehnen, worauf man die Antwort bekam: "Regierungen haben die Verpflichtung, dass alle Menschen, auch die LGBTI-Menschen, in den Genuss der universellen Menschen und fundamentalen Freiheiten kommen, auf die sie ein Recht haben. Wir verurteilen Menschenrechtsverletzungen und missbräuchliches Verhalten gegenüber LGBTI-Personen scharf." Brunei wird nicht erwähnt, zu Pompeo wollte sich das Außenministerium nicht näher äußern.
Offenbar wurde dann die weltweite Kritik zu laut, so dass sich das Außenministerium am Freitag doch genötigt sah, etwas konkreter Stellung zu nehmen, ohne dem Sultan allzu nahe zu treten: "Die USA sind über Bruneis Entscheidung besorgt, die Phasen 2 und 3 der Scharia einzuführen. Einige der Bestrafungen im Gesetzt scheinen mit den Verpflichtungen der internationalen Menschenrechte, auch in Bezug auf Folter oder grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Behandlung oder Bestrafung nicht übereinzustimmen." Daily Beast bat auch um eine Stellungnahme des Vizepräsidenten Mike Pence, der sich aber auch nicht äußern wollte.
Der Hintergrund liegt auf der Hand. Würde Brunei kritisiert oder gar wie Venezuela oder Iran sanktioniert werden, müsste ähnliches auch für Saudi-Arabien und die Golfstaaten gelten. Die Trump-Regierung stellt bei diesen Diktatoren aber im Unterschied zu Venezuela oder Iran aufgrund von geopolitischen, militärischen und ökonomischen Interessen aber keine Forderungen, sondern pflegt trotz Krieg, Morden, Menschenrechtsverletzungen und Repression die Beziehungen.
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