Bundesheer-Hubschrauber: Government-to-Government-Variante
Österreich lässt bei seiner größten Rüstungsinvestition seit den Eurofightern Airbus links liegen und kauft lieber in Italien
Der italienische Renaissancemaler Leonardo da Vinci zeichnete in den späten 1480er Jahren eine "Helix Pteron" - eine Luftschraube, die nach demselben Prinzip fliegen sollte wie die Hubschrauber von heute. Die stellt unter anderem der staatliche italienische Rüstungskonzern Leonardo her. Seinen Mehrzweckhubschrauber AW169M wird künftig nicht nur die italienische Armee, sondern auch das österreichische Bundesheer nutzen.
Aérospatiale SA-319 werden ausgemustert
Die 18 neuen Helikopter sollen französische Aérospatiale SA-319 ersetzen, die ab 2023 ausgemustert werden. Das gab die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner von der Volkspartei gestern auf einer Pressekonferenz bekannt.
Der AW169M wurde auf der Grundlage der Rettungshubschrauber AW169 entwickelt, die vor allem im Vereinigten Königreich eingesetzt werden. Die Verbreitung dort hat auch damit zu tun, dass ein Leonardo-Vorgängerkonzern die britische Firma Westland Helicopter erwarb. Außer Technologie von dort floss auch welche von der ebenfalls erworbenen polnischen PZL Świdnik in die zweimotorigen AW169M ein. Von den Rettungshubschraubern unterscheiden sich die 4.600 Kilogramm schweren und mit Motoren der kanadischen Firma Pratt & Whitney ausgestatteten Militärmaschinen unter anderem durch ein Kufenlandegestell, das ein Einziehfahrwerk ersetzt hat.
Feuer löschen und Kranke und Verletzte transportieren
Dass der neue Militärhubschrauber auf einen Rettungshubschrauber beruht, scheint die österreichische Entscheidung nicht negativ beeinflusst zu haben. Im Gegenteil: Tanner hob bei ihrer Ankündigung besonders hervor, dass die Geräte nicht nur mindestens 30 Jahre lang Feinde abschrecken, sondern auch Feuer löschen und Kranke und Verletzte transportieren sollen. Da sei es von Vorteil, dass die neuen Hubschrauber drei Mal so viel Wasser tragen wie die französischen "Lerchen". An weiteren Vorzügen nannte sie unter anderem die gute Gebirgstauglichkeit und die Flugtauglichkeit bei schlechtem Wetter.
Ihren eigenen Worten nach folgt Tanner mit der Entscheidung für Leonardo der "klaren und einzigen" Empfehlung ihres Generalstabs. Dessen Sprecher Robert Brieger erklärte, der AW169M sei zwar mit rund 300 Millionen Euro all-inclusive das teuerste der zur Debatte stehenden Modelle gewesen, aber man habe alle Angebote "wertfrei geprüft". Den amerikanisch-kanadischen Bell 429 habe man nicht empfohlen, weil er bei anderen Streitkräften "nicht eingeführt", sei, weshalb man Probleme bei der Ausbildung der Piloten befürchtete.
"In Sachen Wartung unterschiedliche Interessen"
Airbus wiederum habe die zeitlichen Anforderungen der Österreicher nicht erfüllen können. Zudem gebe es "in Sachen Wartung unterschiedliche Interessen" (vgl. Verträge der Bundeswehr verbieten ihr das Reparieren von Waffen ...).
Tanner zeigte sich "froh" über die Empfehlung des Generalstabs und meinte, ihre "Einstellung zu Airbus" sei "bekannt" (vgl. Österreich prüft Eurofighter-Abgabe an Indonesien). Der Kauf der Eurofighter vor 17 Jahren habe "gezeigt, wie es nicht gehen soll". Daraus habe man gelernt und sich für einen "Government-to-Government-"Deal entschieden. Der soll "dubiose Praktiken" ausschließen, weil die Regierung in Wien hier nicht mit Vertretern von Privatfirmen, sondern mit einer anderen Regierung verhandelt: mit der in Rom. Die bestellt dann die österreichischen Hubschrauber einfach in der Bestellung für ihre eigenen Streitkräfte mit.
Neos kritisieren Streit mit Airbus, SPÖ und FPÖ zufrieden
Verteidigungssprecher Douglas Hoyos von den oppositionellen Neos kritisierte dieses Vorgehen: Ihm zufolge hat sich die österreichische Regierung "mit dem Airbus-Streit im Vorfeld selbst um eine Alternative gebracht", weshalb "die Entscheidung auf den teuersten Typ gefallen" sei.
Für Robert Laimer, den Verteidigungssprecher der Sozialdemokraten, ist die Entscheidung für den 100 AW169 dagegen richtig, weil ein Government-to-Government-Geschäft "ohne die aus der Eurofighter-Beschaffung bekannten Lobbyisten, Provisionen und mutmaßlichen Schmiergeldzahlungen abläuft". Der Transparenz wegen solle Tanner aber noch mehr Daten zu den einzelnen Angeboten herausgeben. Noch zufriedener zeigte sich Norbert Hofer von der FPÖ: "Türkis-Grün", so der Parteichef, "setzt mit der Hubschrauberbeschaffung freiheitliche Verteidigungspolitik um".
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