Bundeswehr: Wachsender Groll der Männer gegenüber den Frauen
Nach einer Umfrage hat sich das "Integrationsklima" verschlechtert, für Soldaten hat sich die Bundeswehr zum Schlechteren verändert, Frauen seien für den Job nicht geeignet
Mittlerweile arbeiten bei der Bundeswehr 18.828 Soldatinnen. Insgesamt sind es 185.921 Soldaten und Soldatinnen, so dass letztere immer noch eine Minderheit von nur 10 Prozent darstellen, meist sind sie Zeitsoldatinnen. Für die Mehrheit der männlichen Kollegen sind sie weiterhin Fremdkörper. Das könnte auch für die Verteidigungsministerin von der Leyen ein Hinweis auf schwere Zeiten in der mit Testosteron geschwängerten Männerwelt der Bundeswehr sein.
Nach einer vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften 2011 durchgeführten Umfrage, deren Ergebnisse jetzt präsentiert wurden, unter 14.500 Soldaten und Soldatinnen im Jahr 2011 gibt es einige "Items, deren Entwicklung auf eine Verbesserung des Integrationsklimas schließen lässt", wie es reichlich gewunden heißt. So erwarten weniger Männer als früher Probleme im Dienst, bei den Frauen sei das Selbstbewusstsein gestiegen, sie nähmen eine gewisse Normalisierung war - und mit 65 Prozent sind mehr Frauen der Meinung, "dass militärische Gewalt zur Durchsetzung nationaler Interessen bisweilen notwendig ist". Das sollte eigentlich wenig verwunderlich sein, es sind ja die Frauen, die zur Bundeswehr gehen. Und der Umgangston hat sich positiv verändert, so mehr als zwei Drittel der Männer und Frauen, seit es auch Soldatinnen gibt.
So weit, so gut. Gleich werden nämlich Hinweise angesprochen, die auf eine "gewisse Eintrübung" schließen lassen. Mit 34 Prozent sagten 2011 mehr Männer als noch 2005 (28 %), dass die Frauen für das "harte Leben im Feld" nicht geeignet seien. Und 52 sagen, Frauen seien den "körperlich anspruchsvollen Funktionen" nicht gewachsen, 2005 waren es noch 44 Prozent. 36 Prozent meinen, die Soldatinnnen würden der der Kampfkraft schaden, für 57 Prozent hat sich mit den Frauen alles zum Schlechteren entwickelt. Allerdings meinen auch 3,1 Prozent der Frauen, dass die eigene Einheit ohne Frauen militärisch effektiver sei. Und gut 15,8 Prozent sagen ebenfalls, dass die Bundeswehr ohne Frauen effektiver sei. Ganz interessant ist, dass 76 Prozent der Frauen und 43 Prozent der Männer glauben, dass Frauen gut für Deeskalationseinsätze seien, allerdings sagten dies 2005 noch 92 Prozent der Frauen und 68 Prozent der Männer.
Mann würde also lieber unter sich bleiben, gleichwohl können noch 77 Prozent (2005: 83 %) gut mit Frauen zusammen arbeiten. Als Vorgesetzte lehnen sie 22 Prozent ab (2005: 15%). Der Groll scheint auch darin zu bestehen, dass sich viele Männer benachteiligt sehen. 51 Prozent sagen, sie würden zu positiv bewertet, 62 Prozent kritisieren, dass sie bessere Karrierechancen haben, also bevorzugt werden, ebenso viele, dass sie ihre Weiblichkeit gezielt einsetzen würden, und 49 Prozent sind der Überzeugung, dass gleichzeitig von Frauen weniger erwartet wird. Überhaupt keine Frauen wollen 14,5 Prozent der Männer in der Bundeswehr sehen. Was macht man aber mit 2,3 Prozent der Soldatinnen, die dem auch zustimmen?
Soldatinnen sehen sich politisch eher in der Mitte als Männer (73,6 vs. 69,6 %), während Männer sich eher rechts einordnen: 25,9 vs. 12,3 %. Bei Männern und Frauen sinkt der Anteil derjenigen, die sich politisch links einordnen, bei den Männern neigen mehr der Rechten zu als noch 2005. Überhaupt sind Männer nationalistischer und patriotischer eingestellt. Dass militärische Gewalt manchmal zum Schutz nationaler Interessen notwendig sei, scheint zunehmend Zustimmung zu finden: Bei den Frauen sagen dies 68,8 Prozent (2005: 49,9), bei den Männern 86,4 Prozent (2005: 64,7). Der Kriegseinsatz "normalisiert" sich, was auch der neuen Ausrichtung der Bundeswehr entspricht. Allerdings steigt neben der Verschärfung des Geschlechterkampfs auch der Unmut über die Bundeswehr an - bei Männern und Frauen, zum Teil wegen der Probleme mit Partnerschaften und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Es braut sich in der männlichen Mehrheit als Missmut auf, obgleich den Frauen von den Autoren attestiert wird, dass ihre Integrationsbereitschaft und ihr Leistungswillen hoch seien und sie sich meist der "dominanten (männlichen) Organisationskultur" anpassen würden. Weil aber Frauen noch eine kleine Minderheit sind, sind sie nach den Autoren der Studie in einer schwierigen Lage: "Frauen in einem Männerberuf" würden dann "weniger als einzelne und eigenständige Individuen, sondern als Vertreterinnen der gesamten minoritären Gruppe betrachtet", das wiederum heiße, sie müssen "unter ganz anderen Bedingungen als Männer ihrer Tätigkeit nachgehen". Mängel, Fehlleistungen oder sonstige Auffälligkeiten bei Einzelnen würden also als Stereotypen der ganzen Geschlechtsgruppe zugeschrieben. Viele Frauen beklagen sich denn auch über sexistische Witze, Schikanen und den Umgangston. 5,4 Prozent der Frauen nennen sexuelle Übergriffe im Inlandsdienst (Männer: 1,2), 3,4 Prozent im Auslandsdienst (1,8). Mindestens eine Form von sexueller Belästigung, so der Bericht, haben 55 Prozent der Frauen und 12 Prozent der Männer erlebt.