Bush-Regierung: Klimaerwärmung durch Menschen verursacht

Ein Bericht der US-Umweltbehörde führt erstmals die globale Erwärmung auf die Treibhausgase zurück, empfiehlt als industriefreundliche Konsequenz aber nur Anpassung an die Veränderungen

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In einem weiter von der US-Umweltbehörde EPA nicht angekündigten Bericht an die Vereinten Nationen, auf erst durch einen Artikel in der New York Times die Öffentlichkeit aufmerksam gemacht wurde, ist erstmals offiziell von der Bush-Regierung eingeräumt worden, dass die von Menschen verursachte Abgabe von Treibhausgasen entscheidend für die globale Erwärmung verantwortlich ist. Obgleich auch die Folgen der Erwärmung für die USA ausgeführt werden, hält die US-Regierung daran fest, dass daraus keine Aktivitäten folgen werden, die eine weitere Erwärmung verhindern.

"Treibhausgase sammeln sich in der Erdatmosphäre als Folge von menschlichen Aktivitäten an und verursachen einen Anstieg der durchschnittlichen Luft- und Meerestemperaturen", so der U.S. Climate Action Report 2002. Die Veränderungen, die in den letzten Jahrzehnten beobachtet wurden, seien weitgehend menschlichen Aktivitäten zu verdanken.

Nach dem Bericht, der am Freitag von der EPA ins Netz gestellt wurden, als die EU-Staaten das Kyoto-Abkommen ratifizierten, müssen in den nächsten Jahrzehnten einige gravierende Folgen der globalen Erwärmung für die USA erwartet werden. Höhere Temperaturen würden vor allem empfindliche Ökosysteme in den Gebirgen und an den Küsten zum Verschwinden bringen, vermehrt zu Hitzewellen, Dürrezeiten und Luftverschmutzung führen und sich beispielsweise auf die Menge der durch Schneeschmelze entstehenden Wassers auswirken. Auch das Wachstum von Pflanzen und die Zusammensetzung der Arten könnte sich verändern, vornehmlich in den bewaldeten Regionen des Südostens. Zu befürchten sei auch eine Zunahme von Krankheiten, die durch Insekten übertragen werden. "Einige der Güter und Dienstleistungen, die durch das Verschwinden oder die Fragmentierung natürlicher Ökosysteme verloren gehen, sind wahrscheinlich nur mit viel Geld oder gar nicht zu ersetzen." Andererseits führe die Erwärmung zu einem kräftigeren Wachstum von Nutzpflanzen und Wäldern in anderen Gebieten. Nach dem Bericht würde sich der Ausstoß von Treibhausgasen in den USA bis 2020 um 43 Prozent erhöhen.

Woraus sich dieser Umschwung der eng mit Öl- und Energiekonzernen verbundenen Bush-Regierung ergeben hat, die versucht hatten, den Bericht in ihrem Sinn zu beeinflussen, wird vorerst Spekulation bleiben. Ändern dürfte sich vorerst nichts, denn die Position gegenüber dem Kyoto-Abkommen, das von der US-Regierung letztes Jahr abgelehnt wurde, wird sich vorerst nicht verändern. Bislang hatte die US-Regierung zur Rechtfertigung der Tatenlosigkeit stets behauptet, dass die Simulationen zur Klimaerwärmung unzuverlässig seien und es weiterer Forschungen bedürfe, um eine Verbindung zwischen der Klimaerwärmung und der Abgabe von Treibhausgasen durch menschliche Aktivitäten wirklich belegen zu können.

Handlungsempfehlungen, wie der globalen Erwärmung entgegen getreten werden kann, gibt der Bericht nicht. Die Industrie in dem Land mit dem weltweit größten Energieverbrauch und den höchsten Abgaben von Treibhausgasen pro Kopf dürfte also eigentlich wenig Grund zur Besorgnis haben. Die USA sind für 36 Prozent der weltweiten Schadstoffbelastung verantwortlich. Beruhigend für die Industrie versichert der Bericht, dass abrupte Veränderungen weder der Umwelt noch der Wirtschaft bekommen würden und die Bush-Regierung jeden Schaden von der US-Wirtschaft abhalten werde: "Wirtschaftswachstum ist der Schlüssel für den Schutz der globalen Umwelt. In der wirklichen Welt wird niemand auf grundlegende familiäre Bedürfnisse verzichten, um die globalen Gemeingüter zu schützen."

Da man sowieso nichts ändern könne, müsse man sich halt an die Klimaveränderungen anpassen, empfiehlt der Bericht lakonisch: "Die Anpassung an ein sich veränderndes Klima ist unvermeidbar. Die Frage ist, ob wir uns gut oder schlecht anpassen werden." Dafür aber werden die weltweit größten Ausgaben für die Klimaforschung gebührend im Bericht herausgestrichen. Und es wird betont, dass die US-Regierung vornehmlich auf die Entwicklung innovativer Technologien zur Reduzierung der Treibhausgase setze. So sagt der Bericht, dass sich Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen etwa durch vermehrten Einsatz von Klimaanlagen ausgleichen ließen.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, betonte trotzdem sicherheitshalber, dass weiterhin "eine beträchtliche Ungewissheit beim gegenwärtigen Verständnis bestehen bleibt, wie das Klima sich natürlich verändert". Allerdings würde der Bericht den Plan der US-Regierung bestätigen, auf freiwillige Maßnahmen der US-Konzerne zu setzen, um die Abgabe von Treibhausgasen zu reduzieren.

Ende August wird es auf dem Johannesburg Summit 2002 - dem Weltgipfel zur nachhaltigen Entwicklung - auch um das Kyoto-Abkommen gehen. Erwartet werden neben den Staats- und Regierungschefs Zehntausende von Teilnehmern zu dem Gipfel, der ein ähnlich erfolgreiches Ergebnis bringen soll wie die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio. Themen in Johannesburg sind neben einer Bestandsaufnahme der Entwicklungen seit Rio der Ressourcenschutz, also vor allem eine nachhaltige Energiepolitik, die Armutsbekämpfung und der Zusammenhang von Globalisierung und nachhaltige Entwicklung. An den grundsätzlichen Problemen wie der Armut und dem Ressourcenverbrauch wurde bislang wenig geändert, die Belastung der Umwelt aber nimmt durch das weitere Bevölkerungswachstum und den zunehmenden Ressourcenverbrauch weiterhin drastisch zu.

Wie schwer es fällt, eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs einzuleiten, beweist nicht zuletzt der Gipfel selbst. Die bis zu 60.000 Teilnehmer des Erdgipfels werden durch Flüge, Fahrten auf dem Boden und ihren Hotelaufenthalten an die 500.000 Tonnen Kohlendioxid produzieren. Das ist so viel, wie 450.000 Afrikaner oder 44.000 Briten in einem Jahr erzeugen, wie Future Forests ausgerechnet haben. Die Firma wurde damit beauftragt, diesen Energieverbrauch durch Einsparmaßnahmen auf anderer Seite auszugleichen. Auf der Website können die Teilnehmer schon einmal ihren Ausstoß an Kohlendioxid berechnen.