C. G. Haenel verliert Auftrag für Bundeswehr-Sturmgewehre
Hinweise auf Patentrechtsverletzungen: Ministerium erteilt Thüringer Waffenfabrikanten Absage. Heckler & Koch einziger verbleibender Bieter
Wegen konkreter Hinweise auf Patentrechtsverletzungen will das Verteidigungsministerium will den Auftrag für die Lieferung des neuen Sturmgewehrs der Bundeswehr nun doch nicht an den Thüringer Waffenfabrikanten C. G. Haenel vergeben. Verteidigungspolitiker im Bundestag seien am Montag über eine entsprechende Entscheidung informiert worden, berichtete die Deutsche Presseagentur am Abend. Das Ministerium führte demnach Hinweise auf Patentrechtsverletzungen als Grund an, die bereits Ende vergangenen Jahres in einem Expertengutachten dargestellt worden seien. C. G. Haenel aus Suhl hatte sich Mitte September 2020 in einem Bieterverfahren für 120.000 Waffen gegen den bis dato führenden deutschen Kleinwaffenhersteller Heckler & Koch durchgesetzt, der bei einem Ausschluss von Haenel der einzige verbleibende Bieter ist.
Bereits im Oktober hatte die Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) den Auftrag an Haenel aufgrund einer Beschwerde von Heckler & Koch wegen möglicher Patentrechtsverletzung vorerst gestoppt. Nach Angaben des Bundeswehr-Blogs "Augen geradeaus" war der Entwickler der Waffe MK 556, die bei Haenel bestellt werden sollte, "früher auch für Heckler & Koch tätig".
Traditionsfirma legte sich mit Wehrministerium an
Seit den 1950er Jahren hatte Heckler & Koch mit dem G-3-Sturmgewehr sowohl eine Bundeswehr-Standardwaffe als auch einen tödlichen Exportschlager produziert, deren Ablösung 1997 beschlossen worden war. Von sieben bis zehn Millionen produzierten Exemplaren des G 3 sollen noch etliche in rund 80 Ländern im Umlauf sein. 2010 schätzte das Rüstungsinformationsbüro Freiburg, dass weltweit etwa alle 14 Minuten ein Mensch durch Waffen von Heckler & Koch stirbt.
Das G-3-Nachfolgemodell G 36 wies jedoch solche Präzisionsmängel auf, dass 2013 Springers Welt befand, es tauge "nicht einmal für Hirsch und Sau". Laut einer Expertenstudie sank die Trefferquote des Sturmgewehrs bei starker Erhitzung auf sieben Prozent - erforderlich wären nach Bundeswehr-Standards 90 Prozent gewesen.
2015 verkündete die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), "dass das G 36, so wie es heute konstruiert ist, keine Zukunft in der Bundeswehr hat" und schnellstmöglich ersetzt werden solle.
Im laufenden Vergabeprozess hatte Heckler & Koch die Ausschreibungskriterien des Verteidigungsministeriums kritisiert und die Festlegung auf ein größeres Kaliber gefordert. Aus einem mehrseitigen Schreiben des Unternehmens an von der Leyen zitierte im Mai 2019 die Welt am Sonntag und sprach von einem "Frontalangriff". Die Ausschreibungskriterien umrissen demnach ein "munitionsbedingt leistungsschwaches Gewehrmodell", das "nicht den Einsatzbedingungen und den Mindestanforderungen an den Eigenschutz der Soldaten" entspreche. Die Geschäftsführung warf der Ministerin damals außerdem vor, keine faire und sachkundige Auswahl zu treffen.
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