CO2-Preiserhöhung 2024: Kritik von allen Seiten
"Milliardenschwere Steuererhöhung" ohne Sozialausgleich: Was alles teurer wird, wer dagegen ist und aus welchen Gründen.
Die geplante Erhöhung des CO2-Preises ohne sozialen Ausgleich wird von Oppositionsparteien, Sozialverbänden, Wirtschaftsweisen und großen Teilen der Klimabewegung kritisiert. Auch aus zwei Nachwuchsorganisationen der Ampel-Parteien kommt Widerspruch.
Von 30 auf 45 Euro pro Tonne CO2 soll die Abgabe ab Januar steigen – unter anderem dadurch werden die Gaskosten 2024 steigen. Für einen vierköpfigen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden Gas bedeute dies Mehrkosten von 60 Euro netto im Jahr, hat das Vergleichsportal Check24 ausgerechnet.
Für sich genommen wirkt der Betrag überschaubar, allerdings fällt die Preiserhöhung mit dem Ende der Gas- und Strompreisbremse sowie der Wiederanhebung der Mehrwertsteuer zusammen.
Mehrkosten für Musterhaushalt
Durch den Wegfall der Preisbremse auf Gas zum 1. Januar hätte der Musterhaushalt noch einmal zusätzliche Kosten von 90 Euro netto pro Jahr, durch die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer 217 Euro. Geringfügig günstiger würden die Netznutzungsentgelte, was aber nur sechs Euro ausmache. Insgesamt würden sich die Mehrkosten für eine vierköpfige Familie allein für Gas auf 317 Euro belaufen.
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Der höhere CO2-Preis wirkt sich aber auch auf Spritkosten und indirekt auf Konsumgüterpreise aus, vor allem bei längeren Transportwegen. "Menschen mit geringen und mittleren Einkommen werden draufzahlen", kritisiert nicht nur Linkspartei-Chefin Janine Wissler.
Ohne ein ausgleichendes Klimageld entstehe eine "soziale Unwucht", sagte Juso-Chef Philipp Türmer am Freitagmorgen im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Geringverdienende würden dadurch im Verhältnis stärker belastet.
Kleinster Koalitionspartner setzt "rote Linie" durch
Die Jusos als Nachwuchsorganisation der Kanzlerpartei SPD hatten auf eine Aussetzung der Schuldenbremse auch für 2024 gehofft, bevor sich diese Woche die FDP als kleinster Koalitionspartner im Haushaltsstreit durchsetzte.
Die Einhaltung der Schuldenbremse war die "rote Linie" der Wirtschaftsliberalen. Nun soll das Milliarden-Haushaltsloch durch andere Maßnahmen gestopft werden, unter anderem dadurch, dass der CO2-Preis im kommenden Jahr nicht nur auf 40, sondern auf 45 Euro steigt.
Die im Koalitionsvertrag versprochene Zahlung eines Klimageldes zum Ausgleich für die CO2-Bepreisung ist bisher nicht eingeplant, wäre aber "eine sehr wichtige Maßnahme, um Akzeptanz für den Klimaschutz zu schaffen", sagte Veronika Grimm vom Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dem Fernsehsender Welt.
"Liebe Regierung, für wen macht ihr Politik?"
Ähnlich äußerte sich der Sozialverband VdK: Nur durch ein Klimageld könne verhindert werden, "dass durch eine immer weitere Erhöhung des CO2-Preises die Bekämpfung des Klimawandels auf dem Rücken der Menschen mit wenig Einkommen ausgetragen wird", erklärte dessen Präsidentin Verena Bentele.
Auch die deutsche Sektion des Klimaschutz-Netzwerks Fridays for Future stellte nach der Haushaltseinigung klar, dass die CO2-Bepreisung ohne Sozialausgleich nicht seinen Forderungen entspricht. Die ehemalige Bundessprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, stimmte mit ein.
Noch schärfer fiel die Kritik in einer Stellungnahme der Klima-Initiative "Letzte Generation" aus: "Lieber den CO2-Preis heben und das Leben für die Armen und die Mitte der Gesellschaft noch teurer machen, ohne dass die Reichen irgendwelche Konsequenzen zu spüren bekommen? Liebe Regierung, für wen macht ihr Politik?"
AfD versucht, von Frust über Ampel-Pläne zu profitieren
Die rechte Opposition in Gestalt der AfD, die Klimaschutz generell für überflüssig hält, versucht derweil aus dem Frust über die Teuerungspläne der "Ampel-Versager" Kapital zu schlagen und fordert Neuwahlen.
Laut Umfragen könnte sie momentan mit mehr als 20 Prozent der Stimmen rechnen, während die Linkspartei aktuell den Wiedereinzug in den Bundestag verpassen würde und durch die Abspaltung des Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) geschwächt ist.
Letzterer will Anfang 2024 eine Partei gründen und mit der AfD um Stimmen von "Protestwählern" konkurrieren. Auch Wagenknecht kritisiert die CO2-Bepreisung scharf: "Das ist in Wahrheit eine milliardenschwere Steuererhöhung, die die Menschen ärmer macht und die Inflation anheizt", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.