Calais: Der Krieg der Schleuser
Seite 2: Gewaltausschreitungen zwischen Afghanen und Afrikanern
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Nach dessen Informationen stammen die Schleuser mehrheitlich aus Afghanistan und die Opfer meist aus Eritrea oder Äthiopien. Die Auseinandersetzungen hätten die Form von Gewaltausschreitungen zwischen den Gemeinschaften angenommen ("violences intercommunautaires").
So ist es zwar für die Polizei und die Gerichte von Bedeutung, wer gestern jeweils den Anstoß für verschiedenen Auseinandersetzungen zwischen den Afghanen und den Afrikanern gegeben hat - laut Informationen von Le Monde waren es zunächst Schüsse eines Afghanen -, aber, um die Gründe zu erfassen, warum es zu einer solchen Eskalation der Gewalt kommt, ist es zweitrangig.
Anscheinend gibt es trotz aller scharfen Kontrollen der Grenzhüter und der Polizei in Calais und Umgebung noch immer Möglichkeiten genug, einen Lastwagenfahrer zu finden, der gegen Bezahlung Migranten an Bord nimmt oder andere Lücken - trotz des vielen Geldes zur Grenzsicherung, trotz der 50 Millionen, die Großbritannien nach der kürzlich erfolgten Vereinbarung zwischen Macron und May für die Sicherung der britischen Außengrenze in Calais zusätzlich bezahlen will.
Lücken im System
Lastwagenfahrer aus osteuropäischen Ländern verdienen gerade mal 600 Euro im Monat, so François G. - und es muss noch andere geben im Grenzsystem Calais, die sich für zusätzliche Einnahmen erwärmen können. Auch zeigt die Bewaffnung der Afghanen, dass es ganz offensichtlich - trotz der Präsenz von Sicherheits-, Grenzschutz und Polizeikräften in der Region Lücken der Durchsetzung von "Recht und Ordnung" gibt.
Dass diese Lücken mit Kräften und beinahe mit Notwendigkeit aufgetan werden, liegt an der eigentümlichen "Nachfrage"-Situation in Calais: Für viele Migranten ist Großbritannien das einzige Ziel ihrer langen Reise.
Entweder, weil sie nicht in Frankreich bleiben wollen oder weil sie dort kein Aufenthaltsrecht bekommen haben und auch nicht in Deutschland oder einem anderen europäischen Land. Großbritannien werde so zur letzten Hoffnung.
Großbritannien als "letzte Hoffung"
Viele Migranten würden dorthin wollen, weil sie englischsprachig sind und nicht französischsprachig, weil sie in Großbritannien Verbindungen haben zu Verwandten, Freunden, Bekannten oder einem Netzwerk, weil dort angeblich leichter Jobs zu finden sind und die Kontrollen auf dem Job-Schwarzmarkt weniger streng als auf dem europäischen Festland.
Macrons Migrationspolitik, von der man sagt, dass sie die strengste seit langem sei, beabsichtigt, dass jeder Migrant zu den Aufnahme- und Verteilungszentren gebracht wird, damit sie oder er nicht auf der Straße leben muss. Nach Informationen des genannten Mediapart-Bloggers wollen die meisten Migranten in Calais aber gar nicht in solche Zentren, weil sie dort woanders hin geschickt werden, als sie es vorhaben.
Sie weigern sich, weil sie wissen, dass sie ihre Fingerabdrücke schon an anderen Grenzstationen abgegeben haben und nach der Dublin-Regelung sofort nach Italien, Griechenland oder Spanien zurückgeschickt würden. Viele, so der Mediapart-Blogger, würden zudem wieder zurückkommen, auch wenn es dem Präfekten gelungen sei, sie abzuschieben.
Bislang hat es noch keine französische Regierung geschafft, den Zug der Migranten nach Calais tatsächlich zu stoppen.