Chaos um US-Einreiseverbote
Medienberichten nach sitzen mehrere hundert Menschen auf Flughäfen fest
Gestern unterzeichnete der neue US-Präsident Donald Trump ein Dekret zum "Schutz der Nation vor der Einreise ausländischer Terroristen in die Vereinigten Staaten" (vgl. Trump unterzeichnet Dekret zum "Schutz der Nation vor der Einreise ausländischer Terroristen in die Vereinigten Staaten"). Das Dekret unterbricht drei Monate lang die Einreiseerlaubniserteilung für Angehörige von Staaten, die "bestimmten Anlass zur Sorge" in Bezug auf Terrorismus geben. Die Staaten, für die das Moratorium gelten soll, werden in dem Dekret nicht namentlich aufgeführt. Dem US-Heimatschutzministerium nach handelt es sich um Syrien, den Iran, den Irak, Somalia, Libyen, den Sudan und den Jemen.
Diplomaten und Angehörige internationaler Organisationen und Besucher der UN nimmt das Dekret explizit vom Moratorium aus. Wie Behörden und Fluggesellschaften in anderen Zweifels-, Härte- und Ausnahmefällen vorgehen sollen, ist umstritten. So umstritten, dass es Medienberichten nach inzwischen mehrere hundert Einreisewillige gibt, die vorerst auf Flughäfen festsitzen - darunter offenbar zahlreiche Personen, die über eine US-Aufenthaltserlaubnis - eine so genannte "Green Card" - verfügen und nach einem Auslandsaufenthalt wieder in die USA zurückkehren möchten. Stellungnahmen von Beamten nach sollen diese Fälle als Einzelfälle bearbeitet werden.
Erster Gerichtsentscheid
Die Brooklyner Bundesrichterin Ann M. Donnelly entschied, dass Green-Card- und Visumsinhaber, die sich bereits auf US-Flughäfen befinden, während dieser Einzelfallprüfungen vorerst nicht in die Länder zurückgebracht werden, aus denen sie einreisten. Für Personen, denen Fluggesellschaften schon dort den Einstieg verweigern, gilt diese Entscheidung nicht (vgl. US-Richterin hebelt Trumps Einreise-Bann teilweise aus).
Der indischstämmige Google-CEO Sundar Pichai hat in den USA tätige Google-Angestellte währenddessen dazu aufgefordert, Urlaubs- und Dienstreisen umgehend zu beenden und an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren, wenn sie aus Syrien, dem Irak, Iran, Sudan, Somalia, Jemen oder Libyen stammen (vgl. Google ruft Angestellte in die USA zurück). Facebook-Gründer Marc Zuckerberg kritisierte Trumps Dekret zwar, veranlasste aber keine entsprechenden Maßnahmen für die Angestellten seines Konzerns (vgl. Zuckerberg kritisiert Trump für Einwanderungspolitik).
Hashtags und Fake News
Obwohl die fünf Länder, in denen die meisten Moslems leben - Indonesien, Pakistan, Indien, Bangladesch und Nigeria - ebenso wenig auf der Gefährderliste stehen wie Ägypten oder Saudi-Arabien, benutzen in sozialen Medien sowohl Gegner als auch Anhänger Trumps den Hashtag #MuslimBan für das Dekret, das für sehr viel mehr Aufsehen sorgt als das sechsmonatige Moratorium, das Barack Obama 2011 für Asylbewerber aus dem Irak verhängte. Manche Medien verwirrte das anscheinend so sehr, dass sie Fake-News-Schlagzeilen wie "Trump lässt keine Muslime mehr ins Land" formulierten.
Dass die Nichtnennung der meisten moslemischen Länder an Trumps Geschäftsbeziehungen liegt, wie spekuliert wird, ist insofern unwahrscheinlich, als das Heimatschutzministerium die Gefährderländerliste bereits im letzten Sommer - also unter Präsident Obama - zusammenstellte.
Bundesregierung prüft Auswirkungen
Die deutsche Bundesregierung prüft einer Stellungnahme des Regierungssprechers Steffen Seibert zufolge gerade, "welche Folgen die Maßnahme der US-Regierung für deutsche Staatsbürger mit doppelter Staatsangehörigkeit hat, und [wird] deren Interessen gegebenenfalls gegenüber unseren amerikanischen Partnern vertreten". Außerdem teilte Seibert mit, Bundeskanzlerin Angela Merkel, die gestern mit Trump telefonierte, "bedaure" die Einreisebeschränkungen.
Einen anderen Talking Point setzte der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in der Bild am Sonntag: Er lobte, dass Trump seine Wahlversprechen "mit Konsequenz und Geschwindigkeit Punkt für Punkt umsetzt", auch wenn er selbst [also Seehofer] nicht "jede Maßnahme Trumps für richtig halte". Da der neue US-Präsident, den er nach eigenen Angaben bereits nach Bayern eingeladen hat, "in einer demokratischen, freien Wahl gewählt" wurde, muss man ihm Seehofers Worten nach mehr "Respekt" entgegenbringen.
Trotzdem dieser recht gegensätzlich wirkenden Sichtweisen (mit denen man sehr viele verschiedene Wähler ansprechen kann) will Seehofer noch nächste Woche Merkel als gemeinsame Kanzlerkandidatin von CDU und CSU ausrufen lassen.
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