China-Ballon über den USA: Bleibt von der Spionage-Story nur heiße Luft?
Seite 2: Flug über Militäranlagen ohne Informationssammlung?
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Der Abschuss eines großen chinesischen Ballons in flachem Wasser über US-amerikanischem Luftraum war im Februar das große Medienereignis: US-Sender und die Presse weltweit berichteten quasi live über den Angriff eines F-22-Kampfflugzeugs der US-Luftwaffe mit einer wärmegelenkten Flugabwehrrakete auf das unbemannte Flugobjekt. Bilder des Angriffs wurden verbreitet, Videos gestreamt, Augenzeugen nach ihren Eindrücken befragt.
Doch eine Frage blieb bisher weitgehend unbeantwortet: Was sollte das alles? Zu Recht gingen die Interpretationen auch in den deutschen Medien weit auseinander. Während das Nachrichtenmagazin Spiegel von einer "Blamage" Chinas schrieb, sah das ein Kommentar der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung anders, zurückhaltender:
Noch wichtiger ist allerdings das politische Signal, das da gen Washington gesendet wird. China zeigt den Amerikanern, dass es jederzeit in der Lage ist, in den amerikanischen Luftraum einzudringen.
Peter Sturm, FAZ
Über die konkreten Hintergründe, die immer wieder Grundlage der Medienberichterstattung sein sollten, wurde damals – und wird im Grunde bis heute – wenig bekannt. Den chinesischen Reaktionen nach zu urteilen stammte der Ballon tatsächlich aus dem Reich der Mitte bzw. wurde von den dortigen Behörden gestartet. Doch was befand sich an Bord? War es sogenannte Dual-Use-Technologie, ging es um wissenschaftliche Erkenntnisse – oder gar um Spionage?
Klar ist: US-Präsident Joe Biden sah sich damals dazu gezwungen, massiv zu reagieren. Die Absurdität der damaligen Ereignisse scheint nur wenigen bewusst geworden zu sein: Da wurde mit einer AIM-9X-Sidewinder-Rakete auf einen Ballon geschossen, Kosten: mindestens 262.000 US-Dollar.
Das geschah auch aus symbolischen Gründen. Denn nach seinem anfänglichen Zögern sah sich Präsident Biden innenpolitisch massiver Kritik des politischen Gegners ausgesetzt. Je länger also das Zögern, je heftiger die Kritik, desto martialischer musste die Reaktion ausfallen. Typisch USA eben. "O’er the land of the free and the home of the brave" konnte so etwas nicht geduldet werden.
Also, da wurde also mit einer gut eine Viertelmillion US-Dollar teuren Rakete auf einen Ballon geschossen. Dabei ging es gar nicht um den Ballon. Die US-Luftwaffe hat weisungsgemäß eine Angst ins Visier genommen, nämlich die Angst vor einem neuen politischen Gegner, der sich nun das anmaßt, was Washington seit der Etablierung der gegenwärtigen geopolitischen Ordnung stets für sich reklamiert hat: weltweit zu spionieren, militärische Schiffe und Schiffe mit militärischem Inhalt ohne Transpondersignal über die Weltmeere zu schicken und gegebenenfalls auch auf andere Weise in fremden Ländern zu intervenieren.
China hat mit der Entsendung des Ballons und anderer ähnlicher Flugobjekte nun aber deutlich gemacht: Wir dürfen das auch. Oder präziser: Wir nehmen uns dieses Recht fortan nun auch heraus. An dieser Botschaft, die nicht nur an die USA gerichtet ist, ändert auch der Abschuss des Objekts nichts.
Und noch ein zweites Signal geht von den Ereignissen des Wochenendes aus: Die USA müssen sich zunehmend mit einer zweiten Front auseinandersetzen, auf deren Gegenseite China steht.
Das war damals auch ein schlechtes Zeichen für die Ukraine, die flehentlich bis aggressiv alle militärischen Mittel des Westens für sich einfordert. Washingtons Blick wendete sich damals ein Stück mehr von Kiew ab und richtete sich gen Beijing.
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