China: KI-Revolution in der Erdbebenvorhersage?

Das Bild zeigt die Ausgabe eines Seismographen vor einer Landkarte

Chinesische Forscher haben ein neues KI-Modell für die Seismologie präsentiert

(Bild: TonelloPhotography/Shutterstock.com)

Neues Modell nutzt deutlich mehr Daten als bisherige Systeme. Vorhersagen sollen schneller und genauer sein. Auch andere Anwendungsbereiche denkbar.

Chinesische Forscher haben ein neues KI-Modell entwickelt, mit dem sich die Zuverlässigkeit bei der Vorhersage von Erdbeben erheblich steigern lassen soll. Das Modell "DiTing" verspricht einem Bericht der South China Morning Post zu Folge, Erdbeben schneller und genauer zu erkennen, indem es auf eine der weltweit größten seismologischen Datensätze zugreift

Grenzen herkömmlicher Modelle überwunden

Chen Shi, stellvertretender Direktor des Instituts für Geophysik der chinesischen Erdbebenbehörde, hat das Modell am Sonntag im chinesischen Chengdu der Öffentlichkeit präsentiert. "DiTing", welches nach einem göttlichen Tier des Buddhismus benannt wurde, kombiniert die umfangreichen Daten des chinesischen Netzwerks zur Erdbebenbeobachtung mit einem fortschrittlichen KI-Modell.

Dadurch habe sich die Genauigkeit und Geschwindigkeit bei der Erkennung seismischer Signale deutlich verbessert, sagte Chen Shi.

Die Entwicklung von "DiTing" ist eine Kooperation des Nationalen Supercomputing-Zentrums in Chengdu, der Tsinghua-Universität sowie des gleichnamigen Forschungsinstituts. Nach Angaben des Supercomputing-Zentrums ist es das erste Mal, dass in China seismische Daten in diesem Umfang gesammelt werden, um ein KI-Modell zu trainieren. Damit werden die Grenzen herkömmlicher oder kleinerer Modelle überwunden.

Derzeit kann "DiTing" 100 Millionen Parameter zur Vorhersage oder Entscheidungsfindung auswerten. Bis August soll diese Zahl auf eine Milliarde steigen, zitiert Science and Technology Daily den Vorsitzenden des Zentrums, Guo Li. Je mehr Parameter ein Modell hat, desto besser erfasst es die Details eines Datensatzes und verbessert seine Leistung.

Mehr Daten als Stanford-Modell

Das Modell wurde anhand der Daten aus sieben Jahren Erdbebenaufzeichnungen trainiert, wie aus einer Veröffentlichung des Forschungsteams in der Fachzeitschrift Earthquake Science hervorgeht.

Die Informationen könnten die Grundlage für ein breites Spektrum erdbebenbezogener Forschung bilden und als "Benchmark für die Entwicklung maschinell lernender Modelle und datengetriebener seismologischer Forschung" dienen, so die Forscher.

Liu Xin, Assistenzprofessor am Fachbereich Geowissenschaften der Universität Hongkong, betonte gegenüber der Zeitung die Bedeutung von "DiTing" und Deep-Learning-Tools, um die Erkennung von Erdbebenvorboten und Nachbeben zu verbessern.

"DiTing" basiert auf mehr Daten als das STEAD-Modell, ein häufig verwendeter seismischer Datensatz, der 2019 von Forschern der Stanford Universität entwickelt wurde.

Nutzung auch in anderen Bereichen möglich

Das Forschungsteam weist darauf hin, dass das KI-Modell auch in Bereichen wie der Überwachung von durch Bergbau induzierten Erdbeben, der Schiefergasförderung, der Erkennung unterirdischer Stadtstrukturen sowie der Überwachung von Seebeben eingesetzt werden könnte.

Wie der stellvertretende Direktor des Chenguer Zentrums, Wang Jianbo, erklärt, könne "DiTing" durch das Erlernen der Wellenformmerkmale von Ölvorkommen sogar Rückschlüsse auf das Vorhandensein von unterirdischen Öl- und Gasbeständen ziehen.

Die Entwicklung von "DiTing" stellt insofern nicht nur einen vielversprechenden Fortschritt im Bereich der Erdbebenvorsorge dar, sondern könnte auch anderen geowissenschaftlichen Disziplinen zu Gute kommen.