China: Kein Interesse an trilateralen Rüstungsbegrenzungsverhandlungen
Das Außenministerium in Peking äußert sich anders als vorher US-Präsident Donald Trump
Geng Shuang, ein Sprecher des chinesische Außenministeriums, hat gestern auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben, dass die Volksrepublik nicht vorhat, an eventuellen Verhandlungen über die Begrenzung der Nuklearrüstung zwischen den USA und Russland teilzunehmen. "China", so Geng, folge "unentwegt einem Pfad der friedlichen Entwicklung" und halte "an einer Landesverteidigungspolitik fest", die "ihrer Natur nach defensiv" sei. Die Kernwaffenkapazitäten Chinas seien "auf dem niedrigsten für die nationale Sicherheit notwendigen Stand" und hätten nicht das Ausmaß des Nuklearpotenzials der USA und Russlands.
Zusätzlich betonte er, Peking sei schon immer für eine Vernichtung aller Kernwaffen weltweit eingetreten und weise Anschuldigungen aus dem Ausland zu Abrüstungsfragen von sich:
China glaubt, dass es für die Länder mit den größten Nukleararsenalen geboten sei, ihre besondere und ältere Verantwortung bei der nuklearen Abrüstung im Konsens mit der internationalen Gemeinschaft ernshaft zu erfüllen und fortzufahren, ihren Kernwaffenbestand in einer überprüfbaren und irreversiblen Art und Weise substanziell zu reduzieren. So schaffen sie Bedingungen dafür, dass sich andere Länder daran beteiligen.
Angeblich "begeistert"
Mit dieser Stellungnahme reagierte die chinesische Staatsführung auf Aussagen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Der hatte in einem Interview mit dem Sender Fox News am 26. April verlautbart, nicht nur Nordkorea, sondern auch Russland, China und die USA müssten Kernwaffen "loswerden". Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow hatte diese Äußerung begrüßt und angemerkt, Russland sei zu Gesprächen darüber bereit, sobald die USA dazu bereit seien.
Am Freitag den 3. Mai berichtete Trump dann, er habe in einem gut einstündigen Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unter anderem über ein neues Kernwaffenabkommen gesprochen, an dem auch die Chinesen teilnehmen könnten. Mit letzteren habe er schon bei Handelsgesprächen über dieses Thema geredet und dabei festgestellt, dass sie "davon begeistert" gewesen seien - "möglicherweise sogar noch mehr als von den Handelsgesprächen selbst".
Zolldrohung ein "Trick", den die Chinesen Trump "nicht abkaufen"?
Wie sehr die Chinesen von den Handelsgesprächen begeistert waren, ist allerdings offen. Donald Trump zufolge versuchten sie bereits gefundene (aber noch nicht öffentlich bekannte) Übereinkünfte nachzuverhandeln, weshalb ihnen der US-Präsident am Sonntag via Twitter öffentlich drohte, ab Freitag den 10. Mai die im letztem Jahr eingeführten Sonderzölle auf chinesische Importe im Wert von 200 Milliarden Dollar von zehn auf 25 Prozent anzuheben.
Einem darauf hin vom Wall Street Journal, von der Agentur Bloomberg und vom Fernsehsender CNBC unter Berufung auf einen anonymen "Insider" verbreiteten Gerücht, dass die Chinesen deshalb die für Mittwoch geplante neue Verhandlungsrunde absagen würden, widersprach das chinesische Außenministerium gestern indirekt mit dem Hinweis, man bereite sich auf die Reise nach Washington vor.
Hu Xijin, der Chef der zum KP-Medienkomplex Rénmín Rìbào gehörigen englischsprachigen Global Times, wertete Trumps Tweet in dessen bevorzugtem Medium als "Trick", den ihm die Chinesen "nicht abkaufen" würden. Die Kurse fielen trotzdem: Der Shanghai Composite Index schloss gestern mit einem Tagesminus von 5,58 Prozent, der Hongkonger Hang-Seng-Index bewegte sich um 2,9 Prozent nach unten (vgl. US-chinesischer Handelsstreit - Börsen werden durchgeschüttelt).
INF-Abkommen von 1987 nicht auf dem mittlerweile fortgeschrittenen Stand der Technik
Konkreter Anlass für die neue Rüstungsbegrenzungsvertragsdebatte war die Kündigung des INF-Mittelstreckenvertrages durch die USA im Februar (vgl. Das Theater um den INF-Vertrag). Vorher hatten die US-Staatsführung und die NATO Russland vorgeworfen, mit Tricks gegen den Sinn dieses Vertrages zu verstoßen. Die russische Seite bestritt das und warf ihrerseits den Amerikanern eine Vertragsverletzung vor (vgl. INF-Streit zwischen Russland und NATO). Kreml-Sprecher Dmitri Peskow beschuldigte die USA darüber hinaus, mit den Vorwürfen die "wahren Ziele zum Austritt aus dem INF-Vertrag durch die USA zu tarnen". Beobachter vermuteten solche möglichen "wahren Ziele" bereits damals in China, das in den 1980er Jahren nicht zu den Supermächten gehörte.
Deshalb kann das Reich der Mitte atomare Mittelstreckenwaffen entwickeln, ohne dabei durch das INF-Abkommen eingeschränkt zu werden, dem es auch nicht nachträglich beitreten will. Die Amerikaner könnten aus diesem Grund ein Interesse daran haben, dem INF-Vertrag einen neues Abkommen folgen zu lassen, das auch China bindet und dem mittlerweile fortgeschrittenen Stand der Technik besser gerecht wird.
2021 läuft außerdem der 2011 geschlossene New-START-Vertrag zwischen den USA und Russland aus, der die Zahl der strategischen Nuklearsprengköpfe auf jeweils höchstens 1.550 begrenzt. Auch hier dürfte Donald Trump (der den von seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelten Vertrag als "bad deal" kritisierte), ein Interesse daran haben, China in ein Nachfolgeabkommen einzubeziehen.
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