China: Reise- und Studienwarnung für die USA

Die Präsidentenköpfe von Mount Rushmore, eines der beliebtesten Touristenziele in den USA. Lizenz Foto: Pexels

Tourismusministerium fordert Bürger auf, die Risiken von Straftaten und Schikanen zu bedenken

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Der chinesische Präsident Xi Jinping weilt gerade in Russland, wo er mit Wladimir Putin spricht und am Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg teilnimmt. Kurz vorher hat seine Regierung die Chinesen vor Reisen gewarnt. Aber nicht vor Reisen nach Russland, sondern in die USA.

Wenn sie mit dem Gedanken spielen, dorthin zu fahren, sollen sie dem chinesischen Kultur- und Tourismusministerium nach nicht nur die Gefahr horrend hoher Arztrechnungen bedenken, sondern auch die von Raubüberfällen, Diebstählen und Straftaten mit Schusswaffen. Außerdem macht das Ministerium die Bürger der Volksrepublik darauf aufmerksam, dass es bei der Ein- und Ausreise (aber auch während des Aufenthalts dort) zu Behördenmaßnahmen kommen kann, die als Schikane empfunden werden. Zum Beispiel zu einer Durchsuchung des Gepäcks.

"Im Licht der gegenwärtigen Umstände nötig"

Ministeriumssprecher Geng Shuang zufolge sind diese Warnungen "im Licht der gegenwärtigen Umstände nötig". Bezieht man das auf Verbrechen, stellt sich freilich die Frage, warum solche Warnungen nicht schon vorher ausgesprochen wurden: Den letzten verfügbaren Zahlen des FBI nach gingen nämlich Morde um 6,7 Prozent, Gewaltverbrechen allgemein um 4,3 Prozent, Raubüberfälle um 12,5 Prozent und Diebstähle um 6,3 Prozent zurück.

Es gibt jedoch noch andere "gegenwärtige Umstände" - den Handelsstreit zwischen den USA und China, in dessen Rahmen die amerikanische Staatsführung im letzten Monat die Zölle auf viele chinesische Waren massiv erhöhte und das IT-Unternehmen Huawei von Märkten aussperrte (vgl. Trumps Huawei-Verbotsdekret). In diesem Handelskonflikt kann der Tourismus eine Waffe sein: Im letzten Jahr bereisten nämlich etwa drei Millionen chinesische Staatsbürger die USA und geben dabei die Rekordsumme von 36,4 Milliarden Dollar aus - mehr als die Touristen aus jedem anderen Land.

Warnungen vor Studienproblemen und -schikanen in den USA nicht ganz aus der Luft gegriffen

Kurz vor der Reisewarnung hatten die chinesischen Behörden chinesische Studierwillige über die Risiken eines Studiums in den USA in einer Art und Weise informiert, die nicht nur Hu Xijin, den Chefredakteur der englischsprachigen chinesischen KP-Zeitung Global Times, an eine "Antwort" auf das amerikanische Vorgehen im Handelskonflikt denken ließ. Auch hier geht es um viel Geld: Über 300.000 chinesische Studenten in den USA geben jedes Jahr etwa 15 Milliarden Dollar aus. Ein großer Teil davon fließt als Gebühren an die Hochschulen.

Die chinesischen Warnungen vor Studienproblemen und -schikanen in den USA sind aber auch nicht ganz aus der Luft gegriffen: Seit dem letzten Jahr erhalten Chinesen, die technische oder naturwissenschaftliche Fächer studieren, kein fünf Jahre lang gültiges Visum mehr, sondern nur noch eines, das sie jedes Jahr verlängern müssen. Das soll der US-Staatsführung nach dem Schutz vor Spionage dienen (vgl. Trump gefährdet den Wissenschaftsstandort USA). Im US-Kongress hat man bereits weitere Maßnahmen in Vorbereitung - darunter eine Vorschrift, die eine Visavergabe an Angehörige und Stipendiaten der Volksbefreiungsarmee ausschließt.

Tourismus als Handelsbilanzdefizitmedizin

Einigen sich die USA und China, könnte chinesischer Tourismus ein Instrument sein, um das amerikanische Handelsbilanzdefizit auf relativ elegante Weise zu verringern. Denn dieses Handelsbilanzdefizit ist - wie das chinesische Handelsministerium immer wieder betont - das Ergebnis von Marktprozessen: Chinesische Unternehmen können viele Waren zu einem deutlich marktfähigeren Preis (und oft auch in einer deutlich marktfähigeren Qualität) herstellen als amerikanische. Versucht man, dieser Tatsache mit Zöllen entgegenzuwirken, hat das potenziell Nachteile für amerikanische Verbraucher: Sie müssen potenziell mehr Geld für potenziell schlechtere Produkte zahlen.

Früher kauften Amerikaner häufig amerikanische Produkte, weil potenzielle Konkurrenten in anderen Ländern nicht entwickelt genug waren, um sie herzustellen. Als sich das änderte, kamen Freihandelsabkommen in Mode - und viele amerikanische Unternehmen verlagerten ihre Produktion in Gegenden mit niedrigeren Löhnen.

Sehenswürdigkeiten wie der Grand Canyon oder Mount Rushmore lassen sich (anders als Fabriken) nicht ohne weiteres verlagern oder kopieren. Selbst dann, wenn man Letzteres versucht, fehlt (wie bei einem Kunstwerk) die Echtheit, weswegen der Prestigewert (und damit meist auch die Nachfrage) potenziell geringer ist. Deshalb sind auch auch die Arbeitsplätze im Tourismusgewerbe sehr standortgebunden und lassen sich schlecht outsourcen.

Von dieser Globalisierungsresilienz können potenziell auch europäische Länder profitieren, die Schwierigkeiten haben, mit ihren produzierenden Gewerben auf dem Weltmarkt zu bestehen. Voraussetzung dafür, dass es mit dem Tourismus aus produktionserfolgreicheren Ländern wie China und Südkorea klappt, ist freilich, dass chinesische Touristen nicht durch eine tatsächlich zu schlechte Sicherheitslage abgeschreckt werden

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