China macht Sachen

Symbolbild China-Handel

Die Warnung, dass China "unfaire Überkapazitäten" bei moderner Fertigung aufbaut ‒ vor allem bei Produkten für die Energiewende, ist in letzter Zeit oft zu hören. Was ist dran an den Vorwürfen?

Folgt man der westlich orientierten Presse, ist der Umstand, dass China "zuviel" produziert, praktisch das einzige Thema während des jüngsten Besuchs von US-Finanzministerin Janet Yellen in China gewesen. Auf einmal scheint der Glaube an "freie" Märkte in den USA ernsthaft erschüttert.

Und tatsächlich ist die China Inc. gerade dabei, genügend Solar- und Batteriekapazitäten aufzubauen, um das Vierfache der gesamten weltweiten Nachfrage des Jahres 2022 zu bedienen. Anders gesagt: Das Land verfügt über genügend EV-Produktionsanlagen, um die weltweite Nachfrage dreimal zu decken.

Dieses riesige Angebot trifft die ausländischen Märkte mit einer Flutwelle von Produkten für die Energiewende zu Schleuderpreisen. naked capitalism macht darauf aufmerksam, dass derartige Blasen allerdings keineswegs selten oder auf China beschränkt sind.

Aktueller Bedarf an Solarpaneelen dreifach gedeckt

Ein Beispiel dafür war der US-Eisenbahnboom Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts. Die Strecken wurden oft entlang ähnlicher Routen gebaut. Trotz eines bald einsetzenden ruinösen Wettbewerbs, der zu vielen Insolvenzen führte, wurden weiterhin Eisenbahnen gebaut. Denn Linien waren an den Börsen beliebt, und die Projektträger konnten früh abkassieren, während Aktionäre und Gläubiger auf den Kosten sitzen blieben.

Ein jüngeres Exempel ist die Dot-Com-Ära, als junge Unternehmen mit einem zehnseitigen Geschäftsplan fünf Millionen Dollar einsammeln konnten. Die US-Nationalbank operierte danach über zwei Jahre lang mit negativen Realzinsen, damit sich der Aktienmarkt erholen konnte.

Auch Japan hat Anfang der 1990er-Jahre Straßen und Brücken ins Nirgendwo gebaut, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Arbeitsplätze in der mit der Politik verflochtenen Bauindustrie zu erhalten.

Harter Wettbewerb zwischen den Herstellern

Die der Kommunistischen Partei Chinas nahestehende Global Times widerspricht dem Vorwurf, dass die Produktschwemme das Ergebnis von staatlichen Subventionen ist. Die Ausweitung der entsprechenden Produktionskapazitäten in China und der Rückgang der Preise sei vielmehr das Ergebnis eines harten Wettbewerbs zwischen den Herstellern.

Chinas erschwingliche und qualitativ hochwertige neue Energieprodukte werden auf dem internationalen Markt sehr begrüßt. Dies trägt zu den Klimaschutzmaßnahmen der Vereinten Nationen bei und kommt den Verbrauchern zugute.

Global Times

Natürlich wolle China ähnliche Industrien in anderen Ländern nicht ersticken, aber um ausgeglichene Handelsbilanzen zu erreichen, seien administrative Methoden wie Zölle oder nicht-tarifäre Handelshemmnisse nicht geeignet.

Chinesische Industrie steigert Gewinne

Schützenhilfe bekommt die KPC von westlichen Ökonomen und Unternehmern. So weist etwa Arnaud Bertrand darauf hin, dass Peking keineswegs um Dumping betreibt. Denn die chinesische Industrie erziele nicht nur weiter Gewinne, sondern habe diese allein im Januar und Februar 2024 auch noch um über zehn Prozent gesteigert. Auch bei anderen industriepolitischen Messgrößen wie der Kapazitätsauslastung und den Lagerbeständen macht Bertrand keine Auffälligkeiten aus.

Es geht demnach nicht um industrielle Kapazitäten, sondern um Wettbewerbsfähigkeit. In zahlreichen Branchen ‒ wie der Solarbranche oder der Elektromobilität ‒ gibt es heute für amerikanische oder europäische Unternehmen einfach keine Möglichkeit mehr, mit chinesischen Unternehmen zu konkurrieren.

Yellen und die westlichen Staats- und Regierungschefs hätten schlichtweg Angst, dass ‒ wenn die Dinge so weiterlaufen ‒ China einfach den ganzen Tisch abräumen wird.

Michael Roberts macht darauf aufmerksam, dass man im Westen gerne und gut mit den wachsenden chinesischen Produktionskapazitäten gelebt habe. Und seit 2008 wächst die Produktion für den chinesischen Binnenmarkt zudem weitaus schneller als für Exporte.

47 Prozent aller Patentanträge weltweit

Fazit: China hat sich zu einer Innovationsschmiede entwickelt. 2022 wurden im Reich der Mitte fast 47 Prozent aller Patentanträge weltweit gestellt – rund 1,6 Millionen. Da ist Washington machtlos. Es wird geschätzt, dass China bei 37 der 44 entscheidenden Zukunftstechnologien führend oder mit an der Weltspitze ist.

All dies hat selbstverständlich Auswirkungen auf die Verkaufspreise der Produkte. Und dass die China Inc. vor allem in Schwellenländern und im Globalen Süden Abnehmer dafür finden wird, können die USA weder mit ihren Eindämmungsversuchen noch mittels des weiter eskalierenden Handelskrieges um Computertechnologie verhindern.

Und dies gilt umso mehr, als die sinkenden Preise vor allem für dringend benötigte Solarpanels und Energiespeicher in vielen ärmeren Volkswirtschaften im Süden von besonderer Bedeutung sind. Hier schafft das preiswerte Angebot sicherlich neue Märkte.

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