China und der Westen: Beteiligt sich Deutschland an möglichen Sanktionen?

Vor allem namhafte deutsche Automobilhersteller haben in der Volksrepublik investiert. Bild: Pixabay License

Angesichts enormer Verflechtungen mit der chinesischen Wirtschaft zeichnet sich ein Konflikt mit den USA ab, falls diese den Ton gegen China weiter verschärfen.

Wie bereits erwähnt arbeiten die USA derzeit an einem Paket von Sanktionen gegen China, die im Falle eines Angriffs auf Taiwan aktiviert werden sollen.

Nun erscheint ein chinesischer Angriff auf die Republik China – so die offizielle Selbstbezeichnung Taiwans – eigentlich wenig wahrscheinlich. Das große Interesse der Volksrepublik an einem ungestörten Weltmarkt spricht ebenso dagegen, wie die Gefahr der (weiteren) Entfremdung von seinen Nachbarn oder die immer noch haushohe militärische Überlegenheit der USA.

Nach den Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI geben die USA im Vergleich zur Volksrepublik nach wie vor ein Vielfaches für ihr Militär aus. 2021 umfasste Washingtons Militärhaushalt gut 800 Milliarden US-Dollar, während Beijing (Peking) knapp 300 Milliarden US-Dollar für Rüstung und Unterhalt der Truppen ausgab.

Aber in der Frage ist viel Nationalismus im Spiel und in solchen Fällen wird es mitunter irrational, eventuell sogar bei ultra-rationalen chinesischen Politikern. Daher ist eine Prognose für einen außenstehenden Beobachter eher gewagt, aber verantwortungsbewusste Politiker würden zumindest an dieser offensichtlichen Interessenlage anknüpfen, um für Deeskalation zu sorgen.

Davon kann allerdings seitens des Westens - mal wieder - keine Rede sein, wenn selbst Deutschland und Frankreich meinen, Kriegsschiffe vor die chinesischen Küsten schicken zu müssen.

USA: Druck auf EU

Interessant an der Angelegenheit ist aus hiesiger Sicht aber nicht nur, dass die US-Regierung offensichtlich wenig Interesse an Entspannung und Interessenausgleich gegenüber China zeigt und vielmehr nach Kräften provoziert, sondern, dass sie zugleich Druck auf die EU ausübt, sich ihr auch in der Auseinandersetzung mit der Volksrepublik anzuschließen.

Die große Frage wird daher sein, wie sich die deutsche Wirtschaft verhalten würde. Als seinerzeit nach der russischen Annexion der Krim 2014 die ersten Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt wurden, gab es zunächst vernehmliches Grummeln beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Dies verstummte erst, nach dem Kanzlerin Angela Merkel die Herren zu einem Gespräch einlud und ihnen die Lage erklärte.

Natürlich wurde dem gemeinen Volk nicht mitgeteilt, was man hinter verschlossenen Türen im Kanzleramt besprach. Aber vermutlich wird die Kanzlerin erklärt haben, dass die EU auseinanderfliegen könnte, wenn Berlin nicht mit den Wölfen heult.

Und dass man ansonsten natürlich gedenke, die Krise für eine Stärkung der deutschen Position in der EU und deren weitere Integration auszunutzen. Da müssten kurzzeitige Interessen eben mal zurückgestellt werden.

China ist nicht Russland

Doch würde dies auch im Falle Chinas funktionieren? Eher unwahrscheinlich, denn China spielt für die deutsche Wirtschaft eine ungleich wichtigere Rolle als Russland. Für VW ist es zum Beispiel der mit Abstand wichtigste Markt.

Und auch sonst ist China seit Mitte des letzten Jahrzehnts Deutschlands wichtigster Handelspartner. Waren im Wert von 103,7 Milliarden Euro wurden dorthin ausgeführt, während die Einfuhren aus dem Land der Mitte einen Wert von 142,4 Milliarden Euro hatten.

Zugleich haben deutsche Firmen im großen Maßstab in chinesische Fabriken und andere Unternehmen investiert. Zwischen 2003 und 2018 flossen gut 27 Milliarden US-Dollar in deutsche Beteiligungen und Niederlassungen in der Volksrepublik.

Nach einer aktuellen Untersuchung, über die die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, haben in den vergangenen Jahren dabei vor allem einige wenige große deutsche Konzerne dominiert, nämlich die Automobilhersteller Daimler, VW und BMW sowie BASF.

Interessenkonflikt mit Industriegiganten

Damit deutet sich auch ein interessanter potenzieller Interessenkonflikt an, sollten die USA versuchen, die EU in einen Wirtschaftskrieg mit China hineinzuziehen. In den letzten fünf Jahren, so besagte Studie über ausländische Direktinvestitionen in China, seien 80 Prozent der europäischen Investition auf das Konto von zehn großen Konzernen gegangen.

Die genannten vier deutschen Industriegiganten hätten allein ein Drittel des aus der EU in die Volksrepublik geflossenen Kapitals geliefert, insgesamt kamen etwa 40 Prozent der Investitionen aus Deutschland.

Fazit: Ein Zertrennen der Wirtschaftsbeziehungen mit China würde in der hiesigen Wirtschaft aller Voraussicht nach Verwerfungen auslösen, gegen die die gegenwärtige Gaskrise nur ein laues Lüftchen wäre.

Außerdem sind die Interessen deutscher Konzerne in China und im China-Geschäft ungleich größer, sodass etwaige Sanktionen gegen China vermutlich auch zu erheblichen Konflikten innerhalb des westlichen Lagers führen werden.