Chinesische Investoren sichern sich strategisch wichtige Weltkriegsinsel
Tulagi soll "besondere Wirtschaftszone" werden - US-Staatsführung angeblich besorgt
Die Salomonen sind eine seit 41 Jahren unabhängige Inselgruppe östlich von Papua-Neuguinea. Bis vor kurzem zählten sie zu den nur noch knapp 20 Ländern, die offizielle diplomatische Beziehungen zu Taiwans pflegen. Diese Beziehungen gab das Land im September zugunsten Chinas auf.
Nun wurde bekannt, dass die als staatsnah geltende Pekinger Investorengruppe Sam auf einer der Salomonen-Inseln im Rahmen einer "strategischen Zusammenarbeit" eine "besondere Wirtschaftszone" einrichten will. Die soll das gesamte 2,08 km² große Eiland Tulagi umfassen, das bis 1942 der Hauptort der damaligen britischen Kolonie war.
Ausbau der Fischerei und des Flughafens
Der New York Times zufolge sieht man das in Teilen der amerikanischen Staatsführung mit Besorgnis: Die 30 Kilometer nördlich von Guadalcanal gelegene Insel gilt nämlich als strategisch interessant. So interessant, dass die Japaner dort 1942 einen Luftstützpunkt einrichten wollten. Von den Schlachten, die danach folgten, zeugen heute noch die Wracks der USS Aaron Ward, der USS Kanawha und der HMNZS Moa.
Besonders beunruhigt ist man der Zeitung zufolge deshalb auch darüber, dass der Vertrag neben dem Ausbau der Fischerei auch den des Flughafens vorsieht, weil sich diese Infrastruktur sowohl zivil als auch militärisch nutzten lässt. Deshalb sollen sowohl die USA als auch Australien versucht haben, die Regierung der Salomonen mit anderen Investitionsangeboten von der Partnerschaft mit den Chinesen abzubringen.
Ethnische Auseinandersetzungen
Stanley Manetiva, der Regionalregierungschef der Provinz Central, betonte auf Medienanfragen hin, dass das Abkommen die chinesischen Investoren nicht davon entbinde, sich an die örtlichen Gesetze zu halten. Dazu gehöre auch die Grundeigentumsrecht, weshalb er bezweifle, dass die Gruppe alle Grundstücke der Insel pachten könne. Der Are'are Peter Kenilorea junior, der Vizechef der Opposition im Parlament der Salomonen ist und die Chinapolitik seiner Regierung scharf kritisiert, bemängelte dagegen das Fehlen einer "Verpflichtung, die auch die Interessen der Bewohner der Provinz und ihre Ressourcen schützt".
Auf Tulagi leben aktuell nur etwa 1.750 der insgesamt fast 600.000 Einwohner der Salomonen. Sie sprechen eine melanesische Sprache, wie fast alle Bewohner des Inselstaates. Von diesen melanesischen Sprachen gibt es alleine auf den Salomonen 70. Ihre Zusammenfassung in einem Land führte zu ethnischen Spannungen, aus denen 1989 gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Guale, Kwara'ae und Are'are wurden.
2006 mussten Angehörige der chinesischen Minderheit evakuiert werden
2000 entführte eine Kwara'ae- und Are'are-Miliz den damaligen Premierminister Bartholomew Ulufa'alu, der daraufhin im Austausch für seine Freilassung zurücktrat. Den Konflikt konnte dieser Rücktritt jedoch ebenso wenig beenden wie ein kurz darauf geschlossenes Friedensabkommen oder die Wahl von Allan Kemakeza zum Premierminister.
2002 trat der chinesischstämmige Finanzminister Laurie Chan zurück, weil er nicht mehr akzeptieren wollte, von Milizen mit Waffengewallt zum Ausstellen von Schecks gezwungen zu werden. Danach bat die Regierung Australien, Neuseeland und andere Pazifikstaaten um Hilfe, worauf hin diese eine Regional Assistance Mission to Solomon Islands (RAMSI) ins Leben riefen und 2.200 Polizisten und Soldaten auf die Inseln schickten.
2006 richtete sich die Gewalt dann gegen Angehörige der wirtschaftlich erfolgreichen chinesischen Minderheit, die beschuldigt wurde, Wahlen zugunsten des damaligen Premierministers Snyder Rini manipuliert zu haben. Die Regierung der Volksrepublik charterte darauf hin Flugzeuge und evakuierte hunderte Chinesen.
Die ethnischen Auseinandersetzungen wirkten sich auch negativ auf die Wirtschaft des Inselstaates aus. Mitte der Nullerjahre schloss deshalb das japanische Fischereiunternehmen Solomon Taiyo seine Tore. Als es sie wieder öffnete, konnten alte Exportmärkte nicht mehr zurückerobert werden.
Bürgerkriegsbedingte Ausgaben und fehlende Steuereinnahmen trugen dazu bei, dass sich die Regierungen der Salomonen stark verschuldeten und Entwicklungshilfe einen immer höheren Stellenwert einnahm. Auch solche aus China.
Mit den neuen Investitionen von dort hofft die Staatsführung der Salomonen außer auf eine Wiederbelebung des Fischexports auch auf den Aufbau einer Tourismusindustrie. Dass aktuell nur etwa 25.000 Urlauber jährlich die Inseln besuchen, führt sie nicht nur auf die Sicherheitslage, sondern auch auf eine ausbaubedürftige Infrastruktur zurück.
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