Christliche Körperpolitik
Benedikt XVI. bemüht den Umweltschutz, um die Bewahrung der natürlichen Ordnung der menschlichen Körper zu begründen und vor der Selbstzerstörung des Menschen zu warnen
Die katholische Kirche kämpft um den Körper und die Sexualität der Menschen. Wie zuletzt in der Veröffentlichung von bioethischen Richtlinien wieder deutlich wurde, soll hier eine Grenze zwischen dem Natürlichen, also von Gewolltem oder Geschaffenem, und dem dank der menschlichen Technik möglichen Künstlichen gezogen werden, die von Gläubigen nicht überschritten werden sollte.
Nach Ansicht des von zölibatären Männern beherrschten Vatikans sollen Sexualität und Reproduktion auf herkömmliche Weise vonstatten gehen. Man darf etwa bei der sexuellen Reproduktion nachhelfen, aber diese nicht wie durch künstliche Befruchtung ersetzen. Ähnlich darf man nach Ansicht des Vatikans zwar natürliche Empfängnisvermeidung betreiben, aber keine Empfängnisverhütung mit Kondomen, der Pille oder anderen "künstlichen" Mitteln bewerkstelligen. Der Verpflichtung zur Reproduktion entziehen, dürfen sich die Priester und Nonnen, die sich auch der Sexualität enthalten sollen. Unfruchtbaren Menschen, die Sexualität nicht mit Reproduktion verbinden können, ist der Griff zur künstlichen Befruchtung verwehrt.
Man will zwar Homosexuelle nicht diskriminieren – nicht zuletzt hat die Kirche selbst damit des öfteren zu tun -, aber die sexuelle, auf Reproduktion ausgerichtete Beziehung zwischen Mann und Frau gilt als Gott gegeben, die Heirat als kirchliches Sakrament soll Schulen und Lesben verwehrt bleiben, deren sexuelles Treiben ist auch unerwünscht. Benedikt XVI. machte gerade erst wieder die Körperpolitik deutlich, die die katholischen Kirche betreiben soll. Argumentiert wird nun von der Pflicht zur Erhaltung der Schöpfung Gottes, also der Natur. Das war bekanntlich nicht immer die Position der Kirche, die sich lange Zeit den Befehl zu eigen gemacht hatte, dass sich die Menschen die Erde untertan machen sollen und dürfen.
Der Papst verband jetzt in einer Rede vor der römischen Kurie geschickt, die Forderung nach Umweltschutz mit dem Erhalt der Menschheit als Teil der Natur, so dass sich aus dem Umweltschutz der Schutz des menschlichen Körpers in seiner biologischen Form ergibt, verstanden als "Ökologie des Menschen", was freilich auch einschließen würde, dass nur der homo sapiens, also der moderne Mensch, aus der Evolutionslinie der Hominiden erhalten und möglicherweise vor weiterer biologischer Evolution, gestützt auf Techniken, geschützt werden soll:
Sie (die Kirche) hat eine Verantwortung für die Schöpfung und sie muss diese Verantwortung auch öffentlich zur Geltung bringen. Und dabei darf sie nicht nur die Umwelt, das Wasser und die Luft, als gemeinsames Gut aller schützen. Die Kirche muss auch den Menschen schützen vor der Selbstzerstörung. Es ist eine im rechten Sinne verstandene Ökologie des Menschen notwenig.
Benedikt XVI.
Ebenso wie die Erde mit ihrer "inneren Ordnung" ist auch der menschliche Körper eine "Gabe" Gottes, die den "Schöpfergeist" widerspiegelt und nicht beliebig verändert werden dürfe. Daher müsse auch die Ordnung der menschlichen Beziehungen geschützt werden, die auf der Natur des Menschen als Mann und Frau basiere. Offenbar hat Gott in seine Gabe einen Mechanismus eingebaut, denn wer diese Körperordnungen nicht einhält, riskiere nach Benedikt XVI. die Selbstzerstörung des Menschen. Zumindest so, müsste man hinzufügen, wie ihn angeblich Gott wollte. Ganz explizit erklärte es der Papst nicht, aber die Aufrechterhaltung der Ordnung von Mann und Frau bedeutet natürlich die Ablehnung oder Verurteilung von Homo- und Transsexualität sowie die entsprechenden Körperumwandlungen – und ganz allgemein wird den Menschen die Verfügung über ihren eigenen Körper abgesprochen. Dabei dreht sich das Argument mit dem Naturschutz wieder um: Wenn wir schon den Regenwald schützen sollen, dann doch erst recht auch unseren Körper.
Was häufig mit dem Wort „gender” gesagt und gemeint wird, läuft letztlich auf eine Selbstemanzipation des Menschen von der Schöpfung und vom Schöpfer hinaus. Der Mensch will sich selber erschaffen und ausschließlich und allein selber sich um das kümmern, was ihn betrifft. So lebt er aber gegen die Wahrheit, gegen den Schöpfergeist. Die Regenwälder verdienen durchaus unsern Einsatz zu ihrem Schutz, aber nichtsdestoweniger bedarf auch der Mensch als Geschöpf unsern Schutz, denn in ihn ist eine Botschaft eingeschrieben, die keineswegs die Freiheit des Menschen mindert, sondern seine Voraussetzung ist.
Benedikt XVI.