Corona-Debatte: Kassenärztliche Vereinigung Berlin in der Kritik

Seite 2: Offener Brief gegen die KV Berlin: Protest aus der Praxis

Ihrem Unmut über den Vorstand der Berliner KV machen die Kollegen und Kolleginnen in einem offenen Brief Luft – und fordern die Rücknahme KV-Aussagen.

Der offene Brief führt Argumente an, die zugleich Knackpunkte der gesellschaftlichen Debatte beleuchten.

Die Unterzeichner:innen kritisieren, dass die KV Berlin mit ihrer Aussage Schuldzuweisungen und Drohungen aus der Politik gegen Ungeimpfte unterstütze. Damit sollte, so die Gegenrede, offensichtlich von dem eigentlichen Skandal des auch in der pandemischen Notlage fortgesetzten Bettenabbaus, der zunehmenden Arbeitsbelastung und des "Ausbrennens" des Pflegepersonals und der stationär arbeitenden ärztlichen Mitarbeiter:innen abgelenkt werden.

Die bisher Ungeimpften würden außerdem beschuldigt, an dem Leiden der Kinder und Jugendlichen sowie der Älteren und Gefährdeten schuld zu sein.

Keine Antwort der KV, dafür ein Leitbild

Die KV Berlin äußerte sich auf eine schriftliche Anfrage von Telepolis mit der Bitte um eine Stellungnahme bislang nicht. Kassenärztliche Vereinigungen (KV) sind in Deutschland gemäß Paragraf 77 Abs. 5 SGB V Körperschaften des öffentlichen Rechts, denen alle Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten angehören müssen.

"Die Kassenärztlichen Vereinigungen stellen sicher, dass die ambulante medizinische Versorgung reibungslos funktioniert", sagen sie auf ihrer Website von sich selbst.

Die offizielle Verlautbarung zum Leitbild der Körperschaft bzw. Berufsvertretung liest sich so:

Unsere Ziele lauten:

• Für die Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen wollen wir bessere Arbeitsbedingungen schaffen. (...)

• Für die Patienten streben wir deren größtmögliche Zufriedenheit durch die konsequente Ausrichtung unserer Arbeit auf die Bedürfnisse der Patienten und durch mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung an. (...)

Leitbild der KV, Kassenärztliche Bundesvereinigung

Das sind auf jeden Fall gut gesetzte Ziele, wohlgemerkt: Es geht um die ambulante Versorgung. Als Dachverband von 17 Untervereinigungen und als Sprachrohr der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten auf Bundesebene ist allerdings in Zeiten wie diesen mehr vonnöten: Nämlich politische, gesellschaftliche, ethische und das heißt an erster Stelle: Kommunikative Mitverantwortung in einer hochinfektiösen Debattenlage.