Corona-Impfstoff: Briten, Chinesen und Russen melden Erfolge

Grafik: TP

Obwohl sich Antikörper und T-Zellen gebildet haben, ist noch offen, inwieweit die Mittel vor einer Ansteckung schützen

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Derzeit suchen Wissenschaftler auf der ganzen Welt in insgesamt 171 Projekten nach Impfstoffen gegen das erst in diesem Jahr bekannt gewordene Sars-CoV-2-Virus. Drei Teams haben gerade positive Ergebnisse aus klinischen Studien mit Freiwilligen vermeldet.

Eines dieser Teams - das von Sarah Gilbert - stammt aus dem englischen Oxford und hat die Reaktionen von 1.077 Studienteilnehmern auf einen zusammen mit dem Pharmaunternehmen AstraZeneca entwickelten Vektor-Impfstoff in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet publiziert. Ihr zufolge antworteten die Immunsysteme der Probanden auf die Impfungen mit der Bildung von Antikörpern und T-Zellen. Außerdem klagten fast zwei Drittel der gesunden Teilnehmer nach der Impfung über Beschwerden wie leichtes Fieber, Muskelschmerzen und milde Kopfschmerzen.

Menge der Antikörper entspricht der nach einer Sars-CoV-2-Ansteckung ohne Symptome

Die Menge der Antikörper, die sich bei den Probanden bildeten, entsprach in etwa der, die Angesteckte aufweisen, welche eine Sars-CoV-2-Ansteckung ohne Symptome überstanden haben. Inwieweit das für einen Ansteckungsschutz reicht, ist noch unklar. Die Ergebnisse gelten aber als so vielversprechend, dass nun Phase 3 der Studie beginnt, an der nicht mehr nur Briten, sondern auch Südafrikaner und Brasilianer teilnehmen sollen.

Ebenfalls im Lancet hat ein Team aus dem Seuchenausbruchszentrum Wuhan die Ergebnisse seiner Phase-2-Studie veröffentlicht. Die Chinesen probierten einen Impfstoff des chinesischen Unternehmens CanSino an 508 Probanden aus. Auch auf dieses Mittel reagierte der Großteil der Teilnehmer mit der Bildung von Antikörpern und T-Zellen. Die Nebenwirkungen, die die Impfung hervorrief, hielten sich ebenfalls in einem angesichts des Krankheitsrisikos vertretbarem Rahmen.

Bei der Entlassung "gut" gefühlt

Die Ergebnisse einer russischen Impfstoffstudie machten nicht die Wissenschaftler selbst bekannt, sondern der stellvertretende Verteidigungsminister Ruslan Zapikow. Er sagte der Zeitung Argumenty i Fakty am Montag, das Nationale Forschungszentrum habe alle freiwilligen Teilnehmer eines klinischen Tests wieder nach Hause geschickt, nachdem bei ihnen eine "Immunantwort" festgestellt wurde. Alle Probanden hätten sich bei der Entlassung "gut" gefühlt. Ob und wann sich diese Angaben in etwas detaillierterer Form in einer Fachpublikation nachlesen lassen, ist noch offen.

Amerikanische Forscher vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) und der Biotechnologiefirma Moderna hatten bereits letzte Woche im New England Journal of Medicine über eine Impfung mit positiven Immunreaktionen berichtet. Hier lag die Zahl der Teilnehmer lediglich bei 45. Auch ihr Impfstoff geht nun in Phase 3 der klinischen Tests.

Die Wissenschaftler von NIAID und von Moderna sind aber nicht die einzigen Amerikaner, die sich am Rennen um ein Serum beteiligen. Ein anderes bekanntes US-Unternehmen in diesem Wettbewerb ist Sorrento Therapeutics. In Deutschland sucht man unter anderem beim Tübinger Start-Up Prime Vector Technologies (PVT) und bei der Firma Baseclick im bayerischen Neuried nach einem Corona-Impfstoff. In Österreich arbeiten dazu die Universität Wien und die Firma Viravaxx zusammen. Ein anderes Wiener Unternehmen, Cebina, hat sich die ungarische Universität Pécs zum Partner erkoren, während es das schweizerische Unternehmen Alpha-O Peptides alleine versucht.

Weitere Teilnehmer mit guten Erfolgschancen sind die südkoreanische Firma SK Life Science und die indischen Unternehmen Biocon und Seagull.

"Dauerwelle"

Wird von einer oder mehrerer dieser Firmen ein praxistauglicher Sars-CoV-2-Impfstoff gefunden, ist bislang weitgehend unklar, ob dieses Serum über Jahre hinweg schützt - oder ob man es - wie bei der Grippe - jedes Jahr neu entwickeln muss. Der deutsche Virologe Hendrik Streeck mahnt angesichts dieser Möglichkeit in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) davor, sich nicht zu sehr auf Impfstoffe zu verlassen, sondern "Maßnahmen für jene [zu] finden, die einen schweren Verlauf haben, und genau diese Menschen [zu] schützen".

Den in Politik und Medien im Zusammenhang mit Anti-Ansteckungs-Vorschriften kursierende Begriff einer "zweiten Welle" hält Streeck für "irreführend", weil man sich eingestehen müsse, "dass das Virus hier ist und nicht mehr weggehen wird, dass wir es gewissermaßen mit einer Dauerwelle zu tun haben". Deshalb solle die Politik nicht versuchen "das Virus auszutreiben", denn das wird seiner Ansicht nach "nicht möglich sein".

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