Corona-Tote: Schweiz stärker betroffen als Österreich

Grafik: TP

Das nördliche Nachbarland Italiens hat eine deutlich schlechtere Bilanz als das nordöstliche

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Sowohl die Schweiz als auch Österreich grenzen an Italien, dem ersten europäischen Zentrum der Coronaseuche. In der Eidgenossenschaft sind statistisch gesehen von 100.000 Einwohnern gut 17 an der vom Sars-CoV-2-Virus ausgelösten Lungenkrankheit gestorben. Das sind zwar deutlich weniger als in Belgien (fast 53), Spanien (fast 46) oder Italien (fast 41) - aber deutlich mehr als in Österreich, das mit knapp 6 eine wesentlich bessere Pro-Kopf-Bilanz aufweist.

Über die Gründe für diesen Unterschied spekulierte gestern unter anderem die Neue Zürcher Zeitung. Ihr fiel auf, dass die Letalität - der Wert, der herauskommt, wenn man die Zahl der Toten in Beziehung zur Zahl der Angesteckten stellt - in der Schweiz mit fünf Prozent etwas höher ist als in Österreich, wo nur drei Prozent der positiv auf Sars-CoV-2 getesteten Personen an Covid-19 sterben. Daran, dass die Schweiz weniger testen würde, kann dieser Unterschied nicht liegen: Hier gab es sogar mehr Tests pro Kopf als in Österreich.

Engere kulturelle, wirtschaftliche und familiäre Verbindungen zwischen dem Tessin und der Lombardei

In der Eidgenossenschaft gibt es insgesamt mehr Sars-CoV-2-Träger pro Einwohner als in ihrem östlichen Nachbarland: Dort sind mit 327 von 100.000 Einwohnern fast doppelt so viele angesteckt wie in Österreich mit 167. Diese höhere "Durchseuchungsrate" könnte bedeuten, dass die Verbreitung weiter fortgeschritten ist und deshalb potenziell mehr Kranke ihrem Leiden erlagen.

Aber warum ist die die Durchseuchungsrate in der Schweiz höher als in Österreich? Das könnte damit zu tun haben, dass es zwischen dem italienischen Coronazentrum Lombardei und Österreich mit der autonomen Region Trentino-Südtirol einen "Puffer" gibt, während Graubünden und das Tessin direkt an den italienischen "Hotspot" grenzen. Hinzu kommt, dass es vor allem zwischen dem italienischsprachigen Tessin und der Lombardei engere kulturelle, wirtschaftliche und familiäre Verbindungen gibt als zwischen dem deutschsprachigen Westösterreich und seinen welschen Nachbarn. Genau genommen sprechen die Tessiner auch kein Italienisch, sondern eher den "dialetto ticinese", einen lombardischen Dialekt.

Tatsächlich traf Corona auch die italienischsprachigen und französischsprachigen Schweizer deutlich härter als die deutschsprachigen: In diesen Regionen leben etwa 31 Prozent aller Schweizer - aber 68 Prozent aller schweizerischen Covid-19-Kranken.

Lockdown-Lockerung beginnt am 27. April

Bei den ergriffenen Maßnahmen unterscheidet sich Bern nicht sehr stark von Wien: In beiden Ländern begannen die einschneidenden Maßnahmen bereits am 16. März - und in beiden wurden neben Schulen auch Läden geschlossen. Die Bau- und Gartenmärkte, die in Österreich schon wieder mit Schutzmaske betreten werden dürfen, sollen in der Schweiz am 27. April öffnen. Dann dürfen auch die schweizerischen Friseure wieder Haare schneiden. Voraussetzung ist, dass sie für sich, ihre Angestellten und ihre Kunden ein "Schutzkonzept" haben.

Ab diesem nächsten Montag dürfen dann auch Krankenhäuser wieder verschiebbare Operationen durchführen und müssen die Betten nicht mehr für Covid-19-Notfälle freihalten. Auch Zahnärzte können dann wieder mehr als nur Notfallbehandlungen durchführen.

Alle Länder außer Liechtenstein bleiben für die Schweiz vorerst "Risikoländer"

Das mit bis zu drei Jahren Haft strafbewehrte Verbot von Sportveranstaltungen, Vereinsaktivitäten und anderen Versammlungen mit mehr als fünf Personen bleibt dagegen bis vorerst 10. Mai bestehen. Ebenso wie der Mindestabstand von zwei Metern, den die Schweizer bei Treffen mit weniger als fünf Personen einhalten müssen. Inwieweit sich die Eidgenossen tatsächlich an diese Verbote halten, wollen die Behörden mit den Mobilfunkdaten der Swisscom ermitteln. Diese werden von der Swisscom allerdings nicht mit den persönlichen Daten weitergegeben, sondern anonymisiert.

Die Schulen sollen am 11. Mai 2020 wieder aufsperren, die Universitäten am 8. Juni. Bis auf weiteres aufrecht erhalten bleiben die Einreisebeschränkungen: Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) und das Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) haben immer noch alle Länder der Welt außer das benachbarte und eng mit der Schweiz verbundene Fürstentum Liechtenstein als "Risikoländer" eingestuft, aus denen man nur unter Rückgriff auf Ausnahmeregelungen einreisen darf. Eine Ausnahmeregelung gilt beispielsweise für Personen, die in der Schweiz wohnen, eine andere für solche, die dort arbeiten.

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