Corona in München: Was die Zahlen prophezeien
Weshalb im Frühjahr in der bayerischen Hauptstadt nach einem repräsentativen Antikörpertest eine geschätzte Infektionssterblichkeit von 0,76 Prozent vorlag
Siehe zu der Münchener Studie der LMU: Münchner Corona-Antikörper-Studie: Infektionssterblichkeitsrate ein "Vielfaches über der für saisonale Grippeinfektionen"
Infizierte, vor allem Symptomlose, gibt es auch ohne Antikörper. Die Karolingska-Studie aus Stockholm hat aus Proben von Blutspendern im Mai 2020 ein Verhältnis von 4:9 ermittelt. Das heißt, man hat bei neun von 31 Proben gesunder Blutspender SARS-CoV-2-spezifische T-Gedächtniszellen gefunden, aber nur bei vier davon auch entsprechende Antikörper. Denn Antikörperentwicklung ist schon die Eskalationsstufe des Immunsystems, wenn es mit der Beseitigung des Eindringlings durch die T-Killer-Zellen, die durch T-Gedächtniszellen herbeigewunken werden, nicht zu Rande kommt.
Und dasselbe Ergebnis hat auch die Jenaer-Studie hervorgebracht:
Wir waren überrascht, dass die Hälfte der Infizierten, bei denen das Virus sechs Wochen vorher nachgewiesen worden war, keine Antikörpertiter aufwiesen, obwohl wir mit sechs verschiedenen Tests danach gesucht haben", erklärte der Leiter der Studie, Professor Matthias Pletz […]
Heißt das nun, daß wir die Dunkelziffer verdoppeln müssen? Ich denke, ja. Wir können davon ausgehen, dass nicht 1,8 Prozent, sondern eher 3,6 Prozent der Münchner infiziert waren, mittlerweile dürften es deutlich mehr sein. Für eine Herdenimmunität macht das noch keinen Unterschied, die ist immer noch weit entfernt. Aber es reduziert die IFR, die "infection fatality rate", die Letalität oder Sterblichkeitsrate von COVID-19 auf die Hälfte, also auf etwa 0,38 Prozent.
Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis kam ja auch die Heinsberg-Studie des Virologen Hendrik Streek, der einen Wert von 0,37 Prozent ermittelte. Aber dies ist offenbar das Ergebnis zweier sich ausgleichender Faktoren: auch hier nur Antikörpermessung. Die Zahl der Infizierten wäre also in Heinsberg bei einem T-Zellentest voraussichtlich doppelt so hoch ausgefallen. Die Letalität aber war offenbar nur halb so hoch, weil die Bevölkerungsgruppe mit der höchsten Mortalität – Altersheimbewohner – nicht oder kaum betroffen war. Es eben keinen Ausbruch in einem Pflegeheim gab wie zum Beispiel in Wolfsburg.
Lassen wir also 0,4 Prozent Letalität gelten, was heißt das dann für eine Welt ohne Impfstoff? Wenn 70 Prozent infiziert sein müssen, damit sich die restlichen 30 Prozent nur noch eher zufällig mal anstecken, dann wären das 80 Millionen x 0,7 x 0,004 = 224.000 C-19 Tote.
Passiert das binnen drei Monaten, zum Beispiel ohne Kontaktbeschränkungen und ohne Masken und mit Feiern wie gewohnt und bei einem hohen R-Wert, wie COVID-19 ihn hat, dann hätten wir ziemlich genau eine Verdoppelung der sonst üblichen Todesfälle in diesen drei Monaten. Und natürlich totales Chaos in den Krankenhäusern.
Geschieht das über vier Jahre verteilt in Wellen vornehmlich in den sechs Wintermonaten, dann wären es etwas weniger als 10.000 zusätzliche Tote in den Grippemonaten, also gut 300 pro Tag, würde damit allerdings die Intensivstationen auch stark aus- oder sogar überlasten.
Vielleicht sollte man doch mal darüber nachdenken, was denn hinter der Saisonalität nicht nur von COVID-19, sondern eben auch der Grippe steckt. Warum die Grippe-Wellen auf der Südhalbkugel genau spiegelbildlich verlaufen, also dort losbrechen, wenn es hier anfängt, Sommer zu werden und dort Herbst ist. Warum sie an den Wendekreisen nur ungefähr halb so stark ausfallen, aber natürlich passend zur jeweiligen Halbkugeljahreszeit. Und warum es am Äquator so gut wie keine Saisonalität gibt, aber auch ganzjährig nur eine niedrige Inzidenz verzeichnet wird. Doch eine Exzess-Beule, einen Spike nach oben durch Grippe gibt es am Äquator auch: in der Regenzeit. Wo es doch der Virus angeblich lieber gerne kalt und trocken hätte?
Aber bei Wolkenbedeckung gibt es halt auch keinen Sonnenschein. Und keine UVB-Strahlung und daher keine Vitamin-D-Bildung.