Corona und Schule: Bußgeld für Eltern, die ihre Kinder nicht testen lassen

Dazu erhöhter Impfdruck - Ein neues Thesenpapier geht mit der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen an den Schulen ins Gericht

Diese Tage beginnt mit Ausnahme von Baden-Württemberg und Bayern das zweite Schuljahr in der Corona-Pandemie. Unsicherheiten und beträchtliche Wissenslücken bleiben nach wie vor charakteristisch für den Umgang mit der Pandemie an den Schulen. Was hat die Schul-Politik in den letzten Monaten gelernt, welche Hausaufgaben, um ein Lieblingswort aus der Politik in diesem Fall an der passenden Stelle anzuwenden, hat sie erledigt?

Pädagogik, die mit Druck arbeitet, mit Strenge und Autorität, getragen von einem gewissen Starrsinn bleiben maßgeblich, so der Eindruck. Was im Arbeitsleben seit Jahren in immer größeren Maß gefordert wird, Flexibilität und situatives Denken, hat für die Schulpolitik keine Priorität? Ein Beispiel:

In der Corona-Pandemie droht Thüringer Eltern, deren Kinder ungetestet in die Schule kommen, künftig ein Bußgeld zwischen 60 und 250 Euro. Das gilt nicht für Eltern geimpfter oder genesener Kinder und Jugendlicher, wie Bildungsminister Helmut Holter (Linke) in Erfurt mitteilte. Geplant ist demnach, dass das Vergehen als Ordnungswidrigkeit eingestuft wird.

Welt

Die Verhältnismäßigkeit dieses Vorgehens rückt in ein zweifelhaftes Licht, wenn man sich die Studienergebnisse ansieht, die ein neues Thesenpapier der Autorengruppe Matthias Schrappe, Hedwig François-Kettner und anderen, präsentiert. Auf der Grundlage von Studienergebnissen in Österreich, Hessen, des Kölner Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit in Zusammenarbeit mit der Universität Manchester, des RKI wird festgehalten, dass die Antigentest-Pflicht gegenüber einer "Risiko-, Aufwand- und Nutzenbewertung" sich weder als geeignet noch verhältnismäßig herausstellen.

Tests und Quarantäne

Gleiches gelte für die gepoolten PCR-Tests in Kindergärten und Grundschulen. "Sie bringen keinen Nutzen für die Infektionsbekämpfung, insbesondere angesichts der Tatsache, dass Kinder und Jugendliche nur asymptomatisch oder mild erkranken. Das Fazit der Politik des Testens an Kindergärten und Schulen liest sich so:1

Die Testpflicht hat den Unterricht in den Schulen nicht sicherer gemacht, sondern - zumindest in Folge der Bundesnotbremse nach Ostern - ausfallen lassen. Es verbleibt der Eindruck, dass es sich hierbei um eine politisch motivierte Maßnahme von Symbolcharakter handelt, deren hoher finanzieller Aufwand bei begrenzt zur Verfügung stehenden Mitteln an anderer Stelle sinnvoller einzusetzen wären, an Stellen, wo wirklich Bedarf besteht: nämlich dort, wo die Pandemiepolitik bei Kindern und Jugendlichen massive gesundheitliche Schäden verursacht hat.

Thesenpapier 8, Autorengruppe Schrappe

Man könnte die Tests besser ausrichten, indem man sich, statt eine allgemeine Testpflicht zu erheben (und wie oben gesehen mit Strafen zu agieren), sich auf Kontaktpersonen konzentriert. Der Vorschlag taucht, indirekt, dort auf, wo es um die Probleme geht, die durch die Quarantäne-Maßnahmen entstehen - es werden dadurch zu viele vom Unterricht ausgeschlossen. In der Begründung für eine Revision der Quarantänemaßnahmen heißt es:2:

Angesichts der inzwischen allen erwachsenen Mitarbeitern in Schulen und Kindertagesstätten offenstehenden Impfoption (die von diesen auch in hohem Maße wahrgenommen wird) und der Tatsache, dass Sars-CoV-2 infizierte Kinder in der Regel nur asymptomatisch oder mild erkranken sowie der Tatsache, dass sie, wie es die Haushaltsstudien zeigen, kaum Infektionen aus der Schule nach Hause tragen und dort andere Familienmitglieder infizieren, stellt sich die Frage, wie sich Quarantäne und weitere Maßnahmen überhaupt noch begründen lassen.

Thesenpapier 8, Autorengruppe Schrappe

In diesem Zitat finden sich zwei wesentliche Einsichten wieder, die das Papier, unterlegt mit einer Fülle an Studienergebnissen, aufführt, um die Unverhältnismäßigkeit von Corona-Maßnahmen an der Schule zu verdeutlichen. Corona-Infektionen sind für Kinder und Jugendlichen bei weitem weniger gefährlich als für Erwachsene und - was als Wissenstand weniger verbreitet ist: Schülerinnen und Schüler sind keine Infektionsherde, als die sie oft dargestellt werden. Studien widersprechen dem.

Masken

Die Infektionen werden hauptsächlich von Erwachsenen in die Schule getragen. Dort sollte die Prävention ansetzen. Daraus zieht das Papier auch Folgerungen zur Maskenpflicht an den Schulen3, die anders, als es öfter in Medienberichten zu lesen war, von Schülern nicht leicht hingenommen wird:

These 20: Die allgemeine Infektionsrate in Schulen lag in der Regel unter der Infektionsrate in der Allgemeinbevölkerung. Um also die Infektionsrate in Schulen zu senken, bedarf es demnach vor allem der Senkung derselben in der übrigen Bevölkerung - und der Impfung bzw. besonderer Hygienemaßnahmen des Lehrpersonals (Maskenpflicht). Eine allgemeine Maskenpflicht für Kinder und Jugendliche, um diese vor einer Infektion zu schützen, an der sie nicht oder nur leicht erkranken, erscheint nicht erforderlich.

Thesenpapier 8, Autorengruppe Schrappe

Impfung

Auch zum wachsenden Druck der aus der Politik und an den Schulen ausgeübt wird, um möglichst viele dazu zu bringen, dass sie sich impfen lassen, geht die Empfehlung in die Richtung, dass das Lehrpersonal da in eigener Sache angesprochen fühlen sollte, dass hier der Druck falsch delegiert werde.

Als Beispiel dafür wird angeführt, welcher Druck auf die Stiko ausgeübt wurde, um ihre Impfempfehlung auf Kinder und Jugendliche auszuweiten. So wird erwähnt, dass Vertreter der Kinderärzte damit argumentierten, dass die Stiko "psychosoziale Aspekte" zu berücksichtigen habe, um den Jugendlichen "mehr soziale Teilhabe zu ermöglichen".

Allerdings, so die Autoren, habe nicht die Stiko diese Teilnahme mit ihrer abwartenden Haltung zu einer generellen Impfempfehlung für 12- bis 15-Jährige, verhindert, "sondern die Politik mit ihren unverhältnismäßigen Maßnahmen gegenüber dieser Altersgruppe".

Um so wichtiger ist es, dass für Schüler künftig mindestens das Gleiche gilt wie für Arbeitnehmer: die Abfrage des Corona-Impfstatus durch das Lehrpersonal hat grundsätzlich zu unterbleiben, da die aktuelle Rechtslage keine Impfpflicht vorsieht.

Derzeit mehren sich aber Hinweise, dass vom Angstframing getriebene Lehrer Druck auf die Jugendlichen ausüben, sich impfen zu lassen.

Thesenpapier 8, Autorengruppe Schrappe

Dass die Kinder und Jugendlichen durch fehlende soziale Kontaktmöglichkeiten, großen Unterrichtslücken, Alleingelassenwerden, fehlende Bewegung und Stubenhockerei vor den Screens einen harten Preis für die Corona-Maßnahmen bezahlt haben, allzu oft mit Ängsten und Depressionen ist augenblicklich Konsens in vielen Kommentaren auch unter solchen, die die Maßnahmen zuvor prinzipiell verteidigt haben. Die Kinder und Jugendlichen haben einen hohen Preis bezahlt, heißt es jetzt überall. Aber was folgt daraus konkret?

Inwieweit das Papier, das sich sehr kritisch mit den Maßnahmen und deren Wirkungen im Einzelnen beschäftigt, in der Diskussion aufgenommen wird?

Zu lesen ist darin auch eine grundlegende Kritik an der Art, wie Medien und Wissenschaftler sich vorwiegend affirmativ zu politischen Maßnahmen geäußert haben, die auf Linearität und einen "biologischen Reduktionismus" ausgerichtet waren. Das Papier schlägt grundlegend einen anderen, komplexeren Umgang mit der Epidemie vor.