Covid-19: "Für ein paar Monate [das] Leben verändern"
In Österreich reagiert man mit einem Italien-Einreisestopp, der Schließung der Hochschulen und dem Verbot von Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmern sehr viel energischer auf die Gefahr als in Deutschland
Während der chinesische Staatspräsident Xi Jinping heute bei einem Besuch in der Seuchenursprungsstadt Wuhan verlautbarte, die Covid-19-Epidemie sei dort "im Wesentlichen eingedämmt", verkündete der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz zusammen mit seinem Innenminister Karl Nehammer und seinem Gesundheitsminister Rudolf Anschober neue Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus. Eine davon ist eine Einstellung des Zug- und Flugverkehrs mit Italien. Einreisewillige, die mit dem Auto kommen, müssen an der Grenze ein ärztliches Attest vorlegen. Sind sie österreichische Staatsbürger oder in Österreich wohnhaft, müssen sie sich einer zweiwöchigen Quarantäne unterziehen.
Darüber hinaus müssen die über 70 österreichischen Hochschulen mit insgesamt etwa 380.000 Studenten und Lehrkräften bis Freitag ihren Lehrbetrieb einstellen. Auch größere Bibliotheken sind ab dann geschlossen. Kurz begründete das damit, dass 14- bis 30-Jährige zwar nicht die Hauptopfer, aber die Hauptüberträger der Krankheit sind, weil sie in diesem Alter durchschnittlich deutlich mehr soziale Kontakte pflegen als ältere Menschen. Deshalb sei es naheliegend, beim Eindämmen von Covid-19 in dieser Altersgruppe anzusetzen.
Nehammer weicht Fragen nach Entschädigung mit Strafandrohung aus
Dass das Verbot erst ab Montag gilt, liegt der Auskunft von Bildungsminister Heinz Faßmann nach an den Vorbereitungen, die damit verbunden sind. Er rät den Hochschulen, "soweit möglich" auf "Distance-Learning" umzusteigen - also auf einen Online-Lehrbetrieb. Schulen sind anders als Hochschulen bislang nicht von einer Schließung betroffen, weil sie Faßmanns Worten nach "viel kleinere lokalere Einheiten" ohne intensive Reisekontakte mit Italien oder anderen Ländern sind.
Kurz zufolge wird es jedoch früher oder später "auch dort zu Maßnahmen kommen". Das könne er "jetzt schon ankündigen", aber er wolle keine "Showmaßnahmen" und "weder "zu früh noch zu spät" handeln, sondern auch hinsichtlich der Betreuungspflichten gut vorbereitete Schritte, die dann auch "durchgehalten" werden können.
Gesundheitsminister Anschober, ein Grüner, kündigte an, dass die Österreicher wegen der Seuche "für ein paar Monate [ihr] Leben verändern" müssten. Dazu gehöre, dass ab morgen Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern in geschlossenen Räumen untersagt sind. Unter freiem Himmel dürfen dann höchstens 500 Personen aufeinandertreffen. Veranstalter müssen nun selbst entscheiden, ob sie beispielsweise Fußballspiele ohne Vor-Ort-Zuschauer oder gar nicht stattfinden lassen.
Der Linzer Athletik-Sport-Klub (LASK) hat sich bereits für ersteres entschieden und bestreitet sein Europa-League-Spiel LASK gegen Manchester United nur vor Kameras. Fragen nach einer Entschädigung für Veranstalter beantwortete Innenminister Nehammer nicht, sondern verwies stattdessen darauf, dass eine mangelnde Mitwirkung an der Eindämmung der Epidemie ein Straftatbestand sei.
Theoretisch könnte auch der österreichische Nationalrat, in dem 183 Abgeordnete sitzen, vom Veranstaltungsverbot erfasst sein. Ob das auch praktisch so ist, konnte die österreichische Bundesregierung heute nicht sagen. Ebenfalls unklar ist, ob Gottesdienste stattfinden können. Das, so Bischofskonferenzsprecher Paul Wuthe, bespreche man gerade mit den weltlichen Behörden.
Kommunalwahlen
Vorerst nicht abgesagt sind die Kommunalwahlen in der Steiermark, die am 22. März stattfinden sollen. Diejenigen unter den gut 804.000 steirischen Wahlberechtigten, die sich mit dem SARS-CoV-2-Virus angesteckt haben oder unter Quarantäne stehen, dürfen daran jedoch nur als Briefwähler teilnehmen. Dazu müssen sie bis spätestens 18. März eine Wahlkarte beantragen. Da die Verwaltung annimmt, dass dieses Jahr auch Gesunde verstärkt von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, hat sie bereits mehr von diesen Karten drucken lassen. Davon, dass die Wahlbeteiligung niedriger sein wird als sonst, geht der steirische Wahlabteilungsleiter Wolfgang Wlattnig aber ebenfalls aus, weil er befürchtet, "dass insbesondere ältere Menschen, die sich unsicher fühlen", lieber zuhause bleiben.
Die Landessanitätsdirektion rät zwar nicht dazu, empfiehlt aber Wählern, "die auf Nummer sicher gehen wollen, […] ihren eigenen Kugelschreiber mit[zu]nehmen". Wahlhelfer sollen ihrer Empfehlung nach "bei der Auszählung von Wahlkarten, bei der Entgegennahme der amtlichen Wahlinformation oder von Ausweisen Einweghandschuhe benutzen". Und siegreichen Bürgermeistern wird von Umarmungen ebenso strikt abgeraten wie Verlierern.
In Bayern, wo die Kommunalwahlen bereits am nächsten Sonntag den 15. März stattfinden, gibt sich die Politik weniger auf Vorsicht bedacht. Der SPD-Abgeordnete Horst Arnold glaubt sogar, dass sich für eine Gefahr "auf einen Schlag tausende Wählerinnen und Wähler vor einem Wahllokal aufhalten" müssten. Mit dieser Zahl operiert auch die bayerische Staatsregierung, die sich gestern und heute darauf einigte, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern bis zum Ende der Osterferien am 19. April zu verbieten. Das sind zehn Mal so viele Besucher wie sie in Österreich maximal erlaubt sind. In anderen deutschen Bundesländern konnte man sich aber auch zu diesem Schritt noch nicht entscheiden.
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