Covid-19 in Griechenland

Seite 2: Privatkliniken als Goldgrube

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Ganz sicher, dass die Strategie des nicht Testens am Ende vielleicht doch falsch ist, ist die Regierung offenbar nicht. So wurden eiligst 30 Millionen Euro für den Ankauf von Tests frei gegeben. Die Test sollen nicht vom staatlichen Gesundheitsdienst durchgeführt werden, sondern in dessen Auftrag in privaten Kliniken erfolgen.

Es ist bislang nicht bekannt, wieviel Tests für die 30 Millionen Euro eingekauft werden. Bekannt ist dagegen, dass der Staat die Entschädigung, welche er für die Benutzung von Intensivbetten in privaten Kliniken zahlt, per Ministerdekret von 800 auf 1.600 Euro erhöht hat.

Bereits jetzt erweisen sich die teuren griechischen Privatkliniken als Goldgrube. Denn bei ihnen sind, gegen ein entsprechend hohes Entgelt Tests für alle, die sie bezahlen können möglich. Die neue Mode der griechischen Prominenten und Wannabe-Stars ist es, über soziale Netzwerke ihre Testergebnisse bekannt zu geben.

Der staatliche Gesundheitsdienst klagt hingegen über einen kompletten Mangel an Schutzausrüstung. Die Belegschaft des Krankenhauses von Chalkida wandte sich an die Öffentlichkeit und betonte, Ärzte und Schwestern würden sich nun selbst Stoffmasken schneidern. Ohne regelkonformen Schutz werden immer mehr Ärzte und Pfleger infiziert.

So meldete am Mittwoch das Krankenhaus von Rio bei Patras, dass sechs Ärzte infiziert sind. Gemäß den Zahlen des Dienstags, waren 77 Ärzte infiziert, 350 Angehörige des medizinischen Personals standen unter Quarantäne.

Wir bleiben zuhause

"Wir bleiben zuhause", das ist die Kampagne, die in Griechenland bereits seit Wochen läuft. Entsprechende Fernsehspots werden rund um die Uhr gesendet. Das "social distancing", sowie stufenweise verstärkte Quarantänemaßnahmen wurden in Griechenland bereits relativ frühzeitig ergriffen.

Regierungsvertreter, allen voran Premierminister Kyriakos Mitsotakis warnen davor, dass aus den Großstädten in die Heimatdörfer Reisende, dort das Virus weiterverbreiten würden. Aus diesem Grund werden Reisende, die zum Beispiel in Athen wohnen, an Überlandbus-Haltestellen, Bahnhöfen, Fährhäfen und Mautstationen abgefangen. Gegen sie wird ein Bußgeld verhängt. Überprüft wird der Wohnsitz in Griechenland, wo es keine Meldepflicht gibt, über Stromrechnungen, Mietverträge oder die Steuererklärung.

In einigen Gegenden Griechenland hat sich wegen der entsprechenden Kampagnen ein regelrechter Hass gegen die "Auswärtigen" entwickelt. So findet sich zum Beispiel im Dorf Assou auf der Insel Kefalonia an den Einfahrtsstraßen der Hinweis vom Ortsvorsteher Kokkolis, dass "der Eintritt für alle, die nicht dauerhaft im Ort wohnen, verboten ist".

Umso unverständlicher erscheint die Entscheidung der Regierung, die Studentenheime im gesamten Land zu schließen, und die dort wohnenden Studenten damit zur Rückreise in die Heimatdörfer zu zwingen. Damit müssen auch Studenten aus dem Großraum Athen, der die höchsten Infektionsraten aufweist, zurück in die Dörfer.

Einige der Studenten sind an ihren Studienorten gleichzeitig in systemrelevanten Betrieben tätig, und fallen somit auch als Arbeitskräfte aus. Es gibt sogar Studenten, die bis auf den Wohnsitz im Studentenheim keine weitere Unterkunftsmöglichkeit haben.

Euboia. Foto: Wassilis Aswestopoulos

Gegen diese Regierungsentscheidung versuchte der wissenschaftliche Beirat des Gesundheitsministeriums zur Bekämpfung der Ausbreitung des Corona-Virus zu protestieren. Die Regierung ließ sich aber nicht umstimmen.

In den großen Medien des Landes wurde diese Entscheidung nicht angezweifelt. Sie bewerben stattdessen, dass die aus ihrer Bleibe geworfenen Studenten mit kostenlosen Bussen ins Heimatdorf gebracht werden. Kritik an der Regierungspolitik wird von der regierungsfreundlichen Presse rüde abgekanzelt.

Die Zeitung Liberal scheute sich nicht, Kritiker als "Untermenschen" zu bezeichnen. Ein Begriff, der auch in Griechenland wegen der Benutzung während der Naziherrschaft in Europa mit einer eindeutigen Konnotation versehen ist.

Folgen für Arbeitnehmer

Von den Quarantänemaßnahmen und dem Ausgehverbot ausgenommen sind Arbeitnehmer. Der Weg zur Arbeit ist weiterhin gestattet. Vor wenigen Tagen hatte die Regierung vollmundig versprochen, dass während der Krise Kündigungen verboten seien.

Tatsächlich gilt dieses Versprechen nicht, wie mehrere hundert Angestellte des Athener Flughafens erfahren mussten. Sie erhielten zum großen Teil per sms ihre Kündigung. Bei den Entlassenen handelt es sich um Mitarbeiter, die mit jährlich erneuerten Zeitverträgen beschäftigt waren.

Einer der Betroffenen berichtete, dass er wegen der Kündigung die Gewerkschaft und einen Anwalt aufsuchen wollte. Dabei griff ihn eine Polizeistreife auf. Weil dieser Weg nicht zu den Ausnahmen der Ausgangssperre gehört, muss er nun auch noch 150 Euro Strafe zahlen.

Doch auch für die Festangestellten gibt es in CoVid-19-Zeiten keinerlei Sicherheit. Ihre Arbeitsverträge können nun, aufgrund eines Entscheids von Arbeitsminister Giannis Vroutsis, für die Dauer von sechs Monaten auf die Hälfte gekürzt werden. Knapp 1,2 Millionen bislang davon betroffene Arbeitnehmer müssen dann zwar nominell nur zwei Wochen pro Monat arbeiten, erhalten aber die Hälfte des Lohns.

Als Beihilfe für von der staatlich verordneten Schließung ihrer Betriebe betroffene Angestellte und Soloselbstständige gibt der Staat für den Monat März und April statt ihres Lohns 800 Euro. Angestellte der Phone-Center-Unternehmen im Land, müssen im Home-Office die notwendige Infrastruktur stellen und werden per Web-Cam von ihren Arbeitgebern überwacht.