Cyborg-Ratten
Neuronen von Ratten steuern einen Robotikarm
Daß es im Gehirn Areale für bestimmte Aufgaben gibt, ist seit langem bekannt. Und auch Versuche, mit der Einführung von Mikroelektroden Neuronen zu aktivieren, gibt es des längeren. Nicht sehr viel anders funktionieren die bislang existierenden Neurotechnologien. beispielsweise das Cochlea-Implantat. Mit der Abnahme der Gehirnströme durch ein EEG lassen sich Befehle an einen Computer mitteilen, wodurch etwa gelähmte Menschen schreiben können. Durch Mikroelektroden vernetzte und im Prinzip fernlenkbare Insekten haben schon japanische Forscher vorgeführt. Und auf dem Weg zum Cyborg haben amerikanische Wissenschaftler jetzt die Gehirne von Ratten erfolgreich mit einem Robotikarm verbunden.
Das Team von John Chapin an der MCP Hahnemann Universitiy School of Medicine in Pittsburgh brachte, wie sie in Nature Neuroscience schreiben, zuerst einmal Ratten bei, Wasser von einem Robotikarm durch das Pressen eines kleinen Hebels zu erhalten. Jede der Ratten hatte implantierte Mikroelektroden im Gehirn, um die Aktivität bestimmter Neuronen zu messen. Dabei konnten die Forscher eine bestimmtes Aktivitätsmuster entdecken, das mit der Bewegung der Pfote einherging, mit der die Ratten an den begehrten Drink herankamen. Die neuronalen Signale mußten dann mit dem Computer analysiert und in Impulse zur Steuerung des Robotikarms übersetzt werden.
Nachdem dies geleistet war, wurde der Robotikarm direkt mit den Mikroelektroden verbunden. Zunächst wollten sich die Ratten noch mit dem alten Verfahren Wasser holen. Sie drückten weiterhin auch mit der Pfote den Hebel, bis sie entdeckten, daß sie den Robotikarm auch nur durch die "Gedanken", also durch die neuronalen motorischen Impulse, betätigen und so den "Umweg" über die Nervenbahnen und die Pfote vermeiden konnten. Die gelehrigen Ratten bzw. ihre Gehirne hatten mithin gelernt, direkt durch neuronale Signale einen Robotikarm zu steuern.
Die Aufgabe war allerdings nicht sehr schwer, denn der Robotikarm konnte sich nur in einer Richtung bewegen. Sehr viel schwieriger würde es natürlich sein, wenn auf dieselbe Methode ein Arm in drei Dimensionen gesteuert werden sollte, weil dann weitaus mehr Neuronenverbände damit beschäftigt sein würden. Aber die Ratten, die mit ihrem Gehirn direkt ein Gerät steuern, sind womöglich ein weiterer Schritt hin zu einer Neurotechnologie, durch vielleicht einmal auch behinderte Menschen künstliche Glieder oder andere Maschinen steuern könnten. Auch für Querschnittsgelähmte, bei denen die neuronalen Signale nicht bis zu den an sich noch funktionsfähigen Muskeln durchkommen, könnten mit einer solchen Technik vielleicht einmal wieder das Laufen lernen. Bislang kann man nur die elektrischen Impulse der Muskeln etwa am Stumpf eines amputierten Arms abnehmen, um damit künstliche Gliedmaßen zu kontrollieren.