Dänemarks Einfluss in der Arktis schmilzt
Kopenhagen gerät angesichts der Interessen der USA, Russlands und Chinas in die Defensive. Das zeigt sich vor allem auf den Färöer Inseln
Die jüngste Tagung des Arktischen Rates und die Übergabe der Präsidentschaft des Gremiums an Russland hat auch ein Schlaglicht auf die Rolle Dänemarks geworfen. Der wohlhabende Staat mit seinen 5,8 Millionen Einwohnern hatte bislang Einfluss im hohen Norden. Als einziges Land ist Dänemark Mitglied in der EU, der Nato und des Arktischen Rates. Zudem koordiniert die Regierung in Kopenhagen die Sicherheits- und Außenpolitik der Färöer Inseln und von Grönland.
Nun zeichnen sich zunehmend Konflikte mit Russland und China ab. Mit Russland gibt es Territorialdispute um den Nordpol, Moskau hat Ende April eine Vergrößerung seines Anspruchs angemeldet. China interessiert sich für die Bodenschätze Grönlands und versucht dort Aufträge im Bereich Infrastruktur zu erhalten, was bislang von Dänemark abgewehrt wurde.
Der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo betonte im vergangenen August die Partnerschaft Washingtons mit Dänemark. Sein Nachfolger der Biden-Regierung, Antony Blinken, bekräftigte diese Position am 17. Mai. Während Pompeo die "chinesische Gefahr" beschworen hatte, blieb Blinken eher vage. Er gab eine Intensivierung der Nato-Aktivitäten in der Arktis bekannt und signalisierte Verhandlungsbereitschaft gegenüber Russland, das nun dem Arktischen Rat vorsteht
Auch versicherte der Demokrat, nicht etwa Grönland kaufen zu wollen, wie es Donald 2019 offeriert hatte. "Aber das Ziel ist das gleiche", analysierte der öffentlich-rechtliche Sender DR die Absichten der USA. Die Strategie der US-Armee ziele darauf ab, die militärische Dominanz der USA in der Arktis wiederzuerlangen. In diesen Kreisen sei man sich bewusst, dass die USA und China in der Arktis hinterherhinken. "Und das ist der Grund, warum Trump Grönland kaufen wollte -um in den kommenden Jahren schnell mehr Einfluss in einer der wichtigsten Regionen der Welt zu gewinnen", heißt es in dem Bericht.
Dänemark muss um seinen Einfluss fürchten
Dies zeigte sich schon einen Tag vor der Blinken-Visite - dann trafen die Außenminister der Färöer Inseln, Grönlands und Dänemarks zu einer Unterredung in Kopenhagen zusammen. Doch bei der Pressekonferenz fehlte dann Pele Broberg, der Vertreter Grönlands. Ein Fauxpas. Der Politiker der Ende April gebildeten Regierung machte nie einen Hehl daraus, die Unabhängigkeit der Inselgruppe mit Hilfe der Vereinigten Staaten erreichen zu wollen.
"Nichts über uns und ohne uns", sagte der grönländische Außenpolitiker mehrfach beim Besuch Blinkens am Donnerstag in Grönland. Er verbat sich eine Einmischung in die Verhandlung mit den USA von dänischer Seite.
Gegenüber den dänischen Medien erklärte Broberg, dass Grönland beabsichtige, sich direkt unter amerikanischen Militärschutz stellen zu wollen. Die dänischen Kräfte wären zu schwach, sie vor einer Invasion zu schützen und sollten daher bald aus Grönland abziehen.
Nach dänischen Experten ginge das jedoch nicht mehr innerhalb der "Reichsgemeinschaft" mit Dänemark, die Teilabhängigkeit der Insel wird aus Kopenhagen jährlich mit umgerechnet 500 Millionen Euro vergütet.
Eine Unabhängigkeit von Dänemark schwebt fast allen Parteien Grönlands vor, viele Grönländer fühlen sich von den Dänen nicht ernst genommen. Die regierende linke Partei "Gemeinschaft der Inuit" unter Premierminister Mute Egede scheint zusammen mit der Partei "Naleraq", die Fischfang-Interessen vertritt, diesmal Ernst machen zu wollen. Entscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitik wollen sie selbst anpacken, obwohl sie das derzeit formal nicht dürfen.
Dänemark soll zahlen, aber auf Einfluss verzichten
Solche Töne sind für die sozialdemokratische Minderheitsregierung unter Mette Frederiksen bitter. Zumal sie von den USA dazu gedrängt wird, das Ziel von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Militärausgaben auf sogar zwei Prozent zu erhöhen.
Bereits Anfang dieses Jahres hatte Kopenhagen beschlossen, 240 Millionen US-Dollar für die Verteidigung Grönlands in Form von Schiffen und Drohnen aufzuwenden.
Nach Karsten Hoenge, Mitglied der dänischen Sozialistischen Volkspartei und des Grönlandausschusses versuchen US-Interessenvertreter in grönländischen Orten bereits massiv Einfluss zu nehmen.
Die USA haben auch im vergangenen Sommer ein Konsulat in der grönländischen Hauptstadt Nuuk errichtet. In Zukunft sollen direkte Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern aufgebaut werden, ohne dass Dänemark einbezogen wird.
Einen weiteren Fuß in der Tür haben die USA wohl auch über den Abbau seltener Erden. Dabei wurde die aktuelle Regierung in Grönland gerade dafür gewählt, den Abbau seltenen Erden durch das australisch-chinesische Bergbauunternehmen "Greenland Minerals" zu verhindern, da dabei auch Uran hätte gefördert werden sollen.
Das australische Unternehmen Tanbreeze hat sich im vergangenen Herbst die Rechte der Mine Killavaat gesichert. Die Mine soll eine der größten Fundstellen weltweit der schweren seltenen Erden sein.
Tanbreeze betont, unabhängiger als eine Aktiengesellschaft agieren zu können, braucht jedoch weitere Investoren, die es in den USA sucht. Angeblich soll sogar deren Firmenbesitzer Greg Barnes, Donald Trump motiviert haben, für Grönland eine Kaufofferte zu machen.
Kopenhagen in der Defensive
Auch auf den Färöer Inseln wurden die USA mit einem direkten Abkommen vorstellig, das Handel und Forschung betrifft. Zudem kolportierten die Medien der Inseln, dass die Vereinigten Staaten Interesse bekundeten, die Färöer Inseln als Anlaufstelle der US-Marine zu nutzen, die nun verstärkter in der Arktis präsent sein will.
Die aus 18 Inseln bestehende Region war und ist von militärischer Bedeutung. Sie bildet einen Teil der GIUK-Lücke, einer Linie von Grönland über Island bis hin nach Schottland. Hier müsste im Verteidigungsfall das Durchdringen russischer U-Boote vereitelt werden.
Doch vor allem durch Grönland mit der US-Militärbasis Thule im Norden wurde Dänemark gegenüber den USA aufgewertet. Mit schwindendem Einfluss auf die arktische Insel schwindet auch die Bedeutung des kleinen skandinavischen Landes.
Bislang sind die dänischen Regierungen den USA, auch durch Auslandseinsätze und eine strengere Linie gegenüber China stets entgegengekommen. Auch dem Wunsch Bidens, in der Arktis nicht nach fossilen Rohstoffen zu suchen, pflichtete man in Kopenhagen bei, nicht jedoch in Oslo.
Bislang ist nicht erkennbar, ob die dänische Regierung versucht, gegenüber den USA selbstbewusster aufzutreten.
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