Danteske Szenen in Spanien: Alte Menschen zum Sterben zurückgelassen
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Zahl der Coronavirus-Toten in Spanien und Italien: Vor dem Kollaps des Gesundheitssystems
Die Lage in Spanien, vor allem im großen Coronavirus-Ansteckungsherd Madrid, wird immer abstruser und dantesker. Schon vergangene Woche war gemeldet worden, dass 19 alte Menschen in einem Altenheim in Madrid, wo weitere 70 alte Menschen infiziert waren, einfach zum Sterben zurückgelassen worden waren. Dass das kein Einzelfall war, hat sich am Montag auf schreckliche Weise gezeigt. Die Radiokette "Ser" berichtet, dass bei der Desinfektion in verschiedenen Altersheimen Tote gefunden wurden, die im Zimmer mit Lebenden lagen.
"Das Militär hat völlig verlassene alte Menschen, darunter bereits verstorbene, in Betten vorgefunden", bestätigte Verteidigungsministerin Margarita Robles entsprechende Berichte. Sie seien vom Pflegepersonal verlassen worden und hätten unter "extremen Bedingungen und schlechten gesundheitlichen Bedingungen mit Toten" im Zimmer überleben müssen. Die Namen der Institutionen nannte die Ministerin nicht.
Robles kündigte aber an, dass die "ganze Härte des Gesetzes diejenigen treffen wird, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen". Vergangene Woche handelte es sich um das private Pflegeheim Monte Hermoso. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen auf Anzeige des Ombudsmanns Ermittlungen aufgenommen.
Das ist aber nur eine Seite des Horrors, den vor allem die Hauptstadtregion Madrid gerade erlebt, der sich aber auf das gesamte Land auszubreiten droht, da die Regierung noch immer nicht die nötigen Maßnahmen ergreift. Das Gesundheitssystem in der Hauptstadtregion, wo nun etwa alle fünf Minuten ein Mensch am Covid-19 stirbt, kollabiert oder ist schon kollabiert. Dazu gibt es längst viele Berichte.
"Wir halten noch durch, aber es wird jeden Tag schlechter", werden Beschäftigte im Gesundheitssystem vor Ort zitiert. Bilder zeigen Menschen, die auf Bettlaken im Flur gebettet sind, wie im Krankenhaus Severo Ochoa im Madrider Stadtteil Leganés. Sie sprechen eine genauso klare Sprache wie Videos, die zeigen, wie viele Menschen in Madrid in überfüllten Fluren behandelt werden müssen.
Madrid baut derzeit im Messegelände Ifema ein Nothospital auf. 300 Betten stehen dort nun schon bereit, bis zu 5.000 sollen es werden. Warum aber bleiben ganze Krankenhausbereiche in teilprivatisierten Hospitälern in der Region ungenutzt, die zur Behandlung sicher geeigneter sind?
Angeblich sind nun auch die privaten Ressourcen unter öffentliche Verwaltung gestellt. In dem Fall ist dafür allerdings die rechte Regionalregierung zuständig, die von der ultrarechten VOX-Partei gestützt wird. Doch die Rechte, die in der letzten Krise die Axt ans Gesundheitssystem gesetzt hat, unternimmt nichts. Dieses Video hierzeigt ein Krankenhaus, benannt nach der Infantin Sofia, in San Sebastián de los Reyes, in dem keinerlei Aktivität stattfindet.
Beispiele gibt es weitere in Aranjuez, in einem Krankenhaus in Henares, wie die Krankenpflegergewerkschaft AME dokumentiert: "Das Gesundheitsministerium muss in einem Alarmzustand die Regionalregierung Madrids dazu zwingen, alle geschlossenen Ressourcen zu nutzen und adäquat auszustatten." Geschieht nicht schnell etwas, sind diese vorhanden Ressourcen nicht nutzbar, wenn die Pandemie vermutlich in einigen Tagen ihren Höhepunkt erreicht.
Man fragt sich aber auch, warum denn nicht endlich ein riesiges voll ausgerüstetes Krankenhaus in Betrieb genommen wird, das angeblich das größte in Europa sein soll. Es verfügt über 1.200 Betten und 100 zur Intensivbetreuung. Es soll ohnehin im Juni eingeweiht werden.
Das Krankenhaus liegt nur etwa 80 Straßenkilometer entfernt vom Zentrum in Madrid in der Nachbarregion Kastilien-La Mancha, die ebenfalls schon stark betroffen ist. In diesem Fall kann die sozialdemokratische Regierung unter Pedro Sánchez nicht mal die Rechte verantwortlich machen, denn dort regieren seine Sozialdemokraten (PSOE).
Als immer größeres Problem stellt sich der Mangel an Personal heraus. Viele Beschäftigte im Gesundheitssystem haben sich wegen noch immer fehlender oder unzureichender Schutzkleidung selbst angesteckt. Auch hier wurde nicht von Anfangsfehlern in China gelernt.
Kaputte Schutzanzüge und ein Leitfaden zur Triage
Zwar habe man nun Schutzanzüge erhalten, doch die seien zum Teil schon kaputt und "dünner als Mülltüten". Am Montag waren schon fast 14% aller festgestellten Infizierten Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen.
Seit der Finanzkrise wurden zudem nicht nur gut 10% der Krankenhausbetten in ganz Spanien eingespart und auch massiv privatisiert (besonders in Madrid), sondern es wurde auch viel Personal eingespart. Allein in der Hauptstadtregion sind heute etwa 1.000 Menschen weniger im Gesundheitssystem beschäftigt als noch vor 10 Jahren.
Somit erfüllt Madrid und die Region um die Hauptstadt herum alle Bedingungen, um zur neuen Lombardei oder Wuhan zu werden. Hier schreitet das Virus am schnellsten voran. Die Region könnte, so vermutet die Zeitung "El Mundo", sogar bald die Lombardei und Wuhan übertreffen. Deshalb bereitet man sich wie in Italien auch in Spanien schon auf die "Triage" vor, also auf die Entscheidung, wer noch behandelt wird und wer nicht.
Die Gesellschaft für Intensivmedizin, Semicyuc, hat nun einen ethischen Leitfaden für die Entscheidungsfindung herausgegeben. Bevorzugt werden sollen die, die mehr gute Lebensjahre vor sich haben. Ein höchst zweifelhaftes Kriterium, wie an dieser Stelle am Beispiel Italien schon diskutiert wurde (Corona-Triage).
Die Zahl der Infizierten und der Toten
Offiziell sind am Dienstag nun allein in der Hauptstadtregion 12.352 Menschen mit dem Virus infiziert, angeblich knapp 40.000 im ganzen Land. Dass Madrid schon 1.535 von insgesamt 2.696 Coronavirus-Toten im ganzen Land registriert, spricht eine klare Sprache. Angesichts dessen, dass man in Italien etwa davon ausgeht, dass auf einen registrierten Infizierten zehn weitere kommen, die aber nicht identifiziert werden, kommen ganz andere Zahlen zustande.
Somit wären es allein in Madrid schon mehr als 130.000 und im ganzen Land etwa 390.000 Infizierte. Manche Forscher gehen allerdings davon aus, dass diese Zahlen noch viel zu niedrig sind. In Spanien müsste die Zahl der Toten mit 200 multipliziert werden, wird von ihnen angemerkt: Dann erhalte man einen Wert, der 15% nach oben und unten von der realen Infektionszahl abweichen könne. Man hätte damit allein in Madrid etwa 300.000 Infizierte und im ganzen Land fast 540.000.
Dass die Dunkelziffer in Spanien, wo wegen fehlender Prävention auch kaum getestet wird, enorm hoch sein muss, dafür spricht die Sterblichkeitsquote. Die liegt in Madrid nach den vorliegenden Daten sogar über 12%. Die Mortalität läge dort also um ein Vielfaches über der, die das Virus real haben soll.
Wieso liegt sie beim gleichen Virus derzeit in Kastilien bei 8,8%, in Valencia bei 5,3%, im Baskenland bei 4,9%, in Katalonien nur bei 3,6%, in Andalusien bei 3,5% und in Murcia sogar nur bei 0,8%? Diese Zahlen zeigen, dass alle Statistiken, die auf der registrierten Zahl der Infizierten basieren, nichts taugen.
Die Zahl der Toten sagt etwas über die Lage aus und bietet einen Vergleich mit anderen Ländern. So sticht heraus, dass in Deutschland nun mit einer ähnlich hohen Zahl von bestätigten Infektionen (30.174) wie in Spanien eben nur 132 das Leben verloren haben.
Das ist eine Sterblichkeitsrate von nur etwa 0,4%. Daher kann man vermuten, dass die Zahlen über Infektionen hier deutlich näher an der Realität liegen als in Spanien. Allein in der spanischen Hauptstadtregion starben in den letzten 24 Stunden doppelt so viele Menschen an dem Virus wie insgesamt in ganz Deutschland. Dabei weist die Region offiziell nur ein Drittel an Infizierten aus.
Allerdings ist die Lage im gesamten spanischen Staat alles andere als rosig, und sie entwickelt sich zunehmend schlechter. Da, wie herausgearbeitet, die Zahl der Infizierten wenig aussagekräftig ist, ist für Vergleiche die Zahl der Toten sinnvoll.
Seit Tagen zeigt sich in den Grafiken, dass die Kurven sowohl bei Infizierten als auch bei registrierten Toten im Vergleich zum bisherigen europäischen Infektionsherd Italien immer steiler ansteigen.
Die Zahlen in Italien
Spanien setzt sich immer deutlicher von Italien ab und das lässt Schlimmes für die nächsten Tage hier erwarten. Während in Spanien die Zahl der Toten täglich steigt, ist sie seit Sonntag in Italien zunächst gefallen. In Spanien wurden am Samstag noch 324 Coronavirus-Opfer ermittelt, am Montag waren es 462 und am Dienstag offiziell schon 514 offiziell, davon 272 allein in Madrid.
In Italien wurde am Samstag der bisherige Höhepunkt von 793 Toten an einem Tag erreicht. Am Sonntag ging die Zahl schon leicht zurück, am Montag waren es noch 602, sie stieg aber am Dienstag wieder deutlich auf 743.
Geht die Entwicklung so weiter, überholt Spanien bald Italien. Es ist auch zu erwarten, dass dann auch in Spanien auch bei der Gesamtzahl der Toten schließlich Italien den Spitzenplatz mit nun 6.820 Toten abnehmen wird. In Italien gibt es damit derzeit schon mehr als doppelt so viele Covid-19-Tote als in China.
Diese Entwicklung war absehbar, denn das Virus war, wie Telepolis schon Ende Februar festgestellt hatte längst außer Kontrolle. Doch statt die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, wurde auch hier beschwichtigt. Es wurden Fehler wiederholt, die zuvor schon in China und Italien gemacht wurden. Dabei hatten auch ausgewiesene Experten wie Oriol Mitjà schon frühzeitig drastische Maßnahmen gefordert.