Das Dach der Welt tropft
Nicht nur im Himalaya schmelzen die Gletscher
Auch wenn umstritten bleibt, ob die Menschheit für die Erderwärmung mitverantwortlich ist, an der Erderwärmung selbst wird nicht mehr ernsthaft gezweifelt. Nun meldet das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), dass die Gletscherseen im Himalaya in Gefahr sind.
Die Erderwärmung ist nicht überall gleich spürbar. Man kann sagen, dass vor allem die Tieftemperaturen steigen. So sind zum Beispiel Temperatursteigerungen nachts stärker als tagsüber. Kältere Regionen verzeichnen die größten Veränderungen: In Alaska versinken manche Gebäude, die vor einigen Jahrzehnten auf Permafrost gebaut wurden, im Schlamm. Und auch in Höhenregionen schmelzen Gletscher. Das Schmelzwasser fließt zwar langsam ab, sammelt sich aber in Gletscherseen. Und wenn diese zu voll sind und der Erdwall an der Talseite wegbricht, rollt die Erdmasse samt Wasser urplötzlich ins Tal. Das Resultat sind Lawinen aus Schlamm und Wasser, wie wir sie in den letzten Jahren in Italien und der Schweiz erlebt haben.
Das United Nations Environmental Programme schlägt nun für die Gletscher im Himalaya Alarm. Dort sind die Temperaturen um 1 Grad wärmer als 1970, Tendenz steigend. Insgesamt sind in Nepal und Bhutan rund 44 Seen in Gefahr. Der Tsho-Rolpa-See hat sich seit 1950 um das Sechsfache vergrößert. Aus Satellitenphotos hat man errechnet, dass die Gletscher in Bhutan um 30-40 m im Jahr zurückgehen. Klaus Töpfer, Executive Director des UNEP, betont im Jahr der Berge 2002, dass das Verschwinden der Gletscher nicht nur durch Erdrutsche und Überflutungen eine Gefahr darstellen:
"Wenn die Gletscher weiterhin wegschmelzen, wird vielen Flüssen und Frischwasserbiotopen das Wasser irgendwann fehlen. Dann gibt es auch für Menschen, Fische und wilde Tiere kein Wasser mehr."
Auch die Alpen werden von dieser Entwicklung nicht verschont. Bereits im Jahre 2000 veröffentlichte Worldwatch eine Landkarte des schmelzenden Eises auf der Erde und warnte, die Alpengletscher seien seit 1850 um 50% geschrumpft. Manche Wissenschaftler meinen, die Alpengletscher könnten bis 2050 völlig verschwunden sein. In den Pyrenäen sind seit 1980 schon 14 von 27 Gletschern verschwunden.
Gletscher und Eiskappen auf der ganzen Erde sind von dieser Entwicklung betroffen. Im Januar 2002 hat Helgi Bjornsson von der Universität Island gemeldet, dass die Region Breidamerkurjokull, die vor einem Jahrhundert noch unter 200 Meter Eis lag, nun eisfrei sei. Und die einzige Eiskappe in den Tropen, Quelccaya in Peru, schrumpfte in den zwei Jahren 1998-2000 um die gleiche Fläche wie in den zwanzig Jahren 1963-1983. Eindrucksvolle Bilder vom Ausmaß des South Cascade Glacier in Washington State (USA) in den Jahren 1958 und 1995 veröffentlichte der Environment News Service im Februar. Der Unterschied zwischen den Photos könnte für die Gefahr für alle Gletscher der Erde stellvertretend sein.
We've had similar glacial advances and retreats at least four times in the last 2 million years.
Aus einem Bericht von der US Geological Survey
Auch wenn diese Tatsachen nicht beweisen, dass die Menschen für diese Erwärmung mitverantwortlich sind, kann nicht geleugnet werden, dass der Vorgang dramatisch ist - würde man zumindest meinen. Aber manche Wissenschaftler wenden ein, das könne doch Teil eines natürlichen Vorgangs sein. National Geographic zitierte beispielsweise in einem Bericht am 18.12.2001 einen Geologen vom US Geological Survey, der Entwarnung meldet, denn es habe "ähnliche Zu- und Abnahmephasen viermal in den letzten zwei Million Jahren gegeben". Der Artikel weist darauf hin, dass Gletscher und Eismassen in den Polarregionen sehr viel langsamer auf die vermeintliche Erderwärmung reagierten.
Das stimmt: Aber schmelzen tun sie allemal. Doch behauptet die Verfasserin des Berichts, "not all the glaciers in the world are melting" - und nennt keine konkreten Beispiele außer den weniger als 20 wachsenden Gletschern von insgesamt 2000 Gletschern in Alaska, wovon 700 sogar "Namen haben".